Zu empfindlich für Rassismus am Arbeitsplatz?

Am 24. Oktober wurde vor dem Berliner Arbeitsgericht die Klage einer Schwarzen Frau verhandelt. Julia S. (Name geändert) wurde durch ihren Arbeitgeber, einem Betreiber von Dating-Webseiten, gemaßregelt, weil sie sich geweigert hatte, einen Artikel zum Thema „How to date a Black Woman“ zu veröffentlichen. Der Konflikt führte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nun klagte Julia S. auf Entschädigung, da sie aufgrund des rassistischen Klimas und Druck seitens ihrer Arbeitgeber nicht mehr dort arbeiten könne.

In einer beeindruckenden Stellungnahme erklärte sie, warum sie sich geweigert hatte solch einen rassistischen Artikel zu veröffentlichen und wie groß der Verlust einer von ihr bis zu dem Vorfall gerne verübten Arbeit war: „Ich bin nicht hier wegen eines rassistischen Angriff auf der Straße. Aber was ich in dieser Firma erlebt habe, ist nicht weniger schmerzhaft. Und ich kann das sagen, weil ich beides erfahren habe. Es ist sogar besonders schmerzhaft, weil es an meinem Arbeitsplatz stattfand. Dieser sollte sicher für alle sein, egal welcher Hautfarbe.“ Des Weiteren sagt sie: „Die Firma [hat] es unterlassen, mich gegen Diskriminierung zu schützen. Stattdessen war ich aufgrund meiner Einwände auch noch Belästigungen von ihrer Seite ausgesetzt. Zum Beispiel, als mein Manager mir sagte, meine Meinung zähle nicht, weil ich Schwarz sei.“ Weiterlesen

Legitimer Protest für elementare demokratische Rechte erneut unter Strafe gestellt

Urteil des Amtsgerichts Augsburg legitimiert massive Polizeigewalt gegen Geflüchtete mit „Generalprävention“ – Solidarität und Protest wurden erneut kriminalisiert

Der Prozess gegen zwei Gambische Geflüchtete aus der EA Donauwörth vor dem Amtsgericht Augsburg war gestern an nebulöser Beweisführung und Generalkriminalisierung kaum zu überbieten. Das Gericht entschied, die Strafbefehle der zwei Gambischen Geflüchteten wegen angeblichem Landfriedensbruch in der EA Donauwörth in der Nacht zum 14.3.2018 zu bestätigen und hat sie zu achtzig und neunzig Tagessätzen à 10 Euro verurteilt. In ihrer Urteilsbegründung bezeichnete die Richterin Asylsuchende als „Gäste“, die sich dementsprechend zu benehmen hätten. Ihr Urteil beschrieb sie als notwendige Generalprävention, eine Maßnahme also, die andere Geflüchtete davon abhalten soll, ihre Rechte zu fordern und die Solidarität zwischen den Geflüchteten grundsätzlich kriminalisiert. Die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsäußerung der Bewohner*innen der EA Donauwörth in der Nacht zum 14.3.2018 stigmatisierte sie in ihren Kommentaren und Zwischenfragen wiederholt als „Zusammenrottung“. Weiterlesen

Polizeiangriff Donauwörth – Prozesse gegen Geflüchtete starten am 7. November in Augsburg

25.10.2018 – Aufruf zur Prozessbeobachtung [English version]

Der bayerische Staat setzt die strafrechtliche Verfolgung der Geflüchteten fort, die im März Opfer der Polizeirazzia in Donauwörth wurden. Gerichtsprozesse gegen die gambischen Geflüchteten, die Rechtsmittel gegen ihre ungerechten Strafbefehle eingelegt haben, werden am 7. November 2018 in Augsburg beginnen.

Am Nachmittag des 14. März erlebten die Bewohner*innen des Isolationslagers Donauwörth eine brutale Polizeirazzia als Folgemaßnahme zur Polizeipräsenz der vorherigen Nacht im Lager. Rund 200 voll bewaffnete Beamt*innen, darunter Bereitschaftspolizei, drangen mit Hunden in das Lager ein. 32 gambische Geflüchtete wurden mit massiver Brutalität inhaftiert. Zwei wurden noch am selben Tag freigelassen, während die anderen 30 für etwa zwei Monate in Untersuchungshaft waren. Die Polizei stigmatisierte sie als “Randalierer” und “Rädelsführer” und beschuldigte sie, in der Nacht vor der Razzia die Abschiebung einer Person im Lager gestoppt zu haben. Sie wurden mit zweifelhaften Listen identifiziert, die mit Hilfe des Sicherheitspersonals der Malteser erstellt wurden. Weiterlesen

Amads Tod aufklären!

Amad Ahmad starb an schweren Verletzungen, die er am 17. September bei einem Brand in seiner Gefängniszelle in der JVA Kleve erlitten hat – in der er 2 Monate lang unschuldig saß. Erst nach seinem Tod stellte sich heraus, dass die Staatsbeamt*innen Amad inhaftiert hatten, ohne seine Identität eingehend zu prüfen. Sie hatten ihn an Stelle eines Geflüchteten aus Mali inhaftiert, der den Namen Amad Ahmad als Decknamen nutzte und in Hamburg gesucht wurde. Schon jetzt liegt nahe, dass die vielen Fehler in der Arbeit der Polizeibeamt*innen auf einen strukturellen Rassismus zurückzuführen sind. So viele Unterlassungen können kaum Zufall sein.

Der Fall von Oury Jalloh hat gezeigt: Gerade wenn Polizeikräfte in einen Tod verwickelt sind und angesichts von Ermittlungsfehlern der Staatsanwaltschaft müssen die Angehörigen, die Zivilgesellschaft und die breite Öffentlichkeit Ermittlungen und Gerichtsverfahren kritisch begleiten. Amad Ahmads Familie muss Einsicht in alle Akten erlangen. Das geht nur, wenn sie selbst klagen. Amads Familie braucht desegen dringend einen guten Rechtsbeistand, der ihre Klage vertritt. Die Kosten dafür soll sie nicht allein tragen. Daher haben Gruppen wie die ISD, die Oury Jalloh-Initiative und KOP einen Spendenaufruf gestartet, den wir unterstützen. Unter diesem Link erfahrt ihr, wie ihr euch beteiligen könnt.

 

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Auch in Hamburg wird Protest gegen rassistische Polizeipraxis kriminalisiert

In Hamburg begann am 17.10.18 der Prozess gegen eine Aktivistin, der vorgeworfen wird, ein Foto eines Polizeibeamten auf Twitter hochgeladen zu haben. Das Bild entstand im Zuge einer Protestaktion gegen den Belagerungszustand und die rassistischen Kontrollen durch die Polizei rund um die Balduintreppe. Die Aktivistin hat zum ersten Prozesstag eine Prozesserklärung abgegeben, die wir im Folgenden veröffentlichen.

Der Prozess ist derzeit ausgesetzt und wird voraussichtlich im Januar 2019 fortgesetzt. Mehr Infos gibt es bei Copwatch HH.

„Am 12.04.2018 wurden an der Balduintreppe verschiedene Fotos aufgenommen. Auf einem dieser Fotos, ist ein Pappschild in Form einer Sprechblase zu sehen, in der zu lesen ist: „Hartmut Dudde, olé olé“. Unter dem Schild steht der Polizeibeamte K., der sich nun aufgrund einer Veröffentlichung des besagten Fotos, die mir hier heute vorgeworfen wird, in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlt. Weiterlesen

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Aufruf zur Prozessbeobachtung in Nürnberg

Wir dokumentieren einen Aufruf des Bündnisses Widerstand 31. Mai – Solidarität ist kein Verbrechen:

Ein weiteres Mal steht eine solidarische Aktivistin des 31. Mai als Angeklagte vor dem Amtsgericht Nürnberg. Der jungen Frau die kürzlich erst Mutter wurde, wird vorgeworfen einen Polizisten mit Hüfte und Unterarm angerempelt zu haben und einer anderen Polizistin angeblich ihr Longboard in die Rippen gestoßen zu haben. Damit soll sie laut Staatsanwaltsschaft Widerstand und tätlichen Angriff, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung in besonders schwerem Fall und versuchte Gefangenenbefreiung begangen haben. Sie steht das erste Mal in ihrem Leben als Angeklagte vor Gericht und ist mit den bisher beinahe drastischsten Vorwürfen innerhalb der Kriminalisierungskampagne gegen die 31. Mai Aktivist*innen konfrontiert. Durch die Härte der Anklage ist eine längere Freiheitsstrafe im Falle einer Verurteilung nicht auszuschließen.

Daher rufen wir dringend zur kritischen und solidarischen Prozessbegleitung auf. Unterstützt die Aktivistin und zeigt ihr, dass sie nicht alleine ist. Kommt zum Solitreffpunkt am 26.10.2018 um 8:15 Uhr zum Amtsgericht Nürnberg und begleitet sie gemeinsam zu dem um 9:00 beginnenden Prozess im Saal 26. Getroffen hat es eine – gemeint sind wir alle!

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„Macht euren Bullenscheiß woanders!“

Am 20.09.2018 verurteilte ein Richter am in Berlin für Strafsachen zuständigen Amtsgericht Tiergarten einen Mann wegen Beleidigung eines Polizeibeamten zu einer Geldstrafe. Er hatte Kritik an der rassistischen und schikanösen Polizeipraxis in Kreuzberg geübt. Laut Anklage soll er zu einem Polizeibeamten im Görlitzer Park gesagt haben: „Zisch ab und mach deinen Bullenscheiß woanders!“

Wir rufen dazu auf, es ihm gleich zu tun. Maßnahmen der Polizei zu behindern und zu kritisieren kann für weiße Menschen mit deutschem Pass teuer und ärgerlich werden. Für schwarze Menschen ohne gesicherten Aufenthalt kann allerdings schon das Verweilen an „gefährlichen Orten“ wie dem Görli existenzbedrohend sein. Schuld daran ist die rassistische Polizeipraxis, der sich der Angeklagte in benanntem Prozess entgegengestellt hat.

Als Inspiration für mögliche Nachahmer*innen dokumentieren wir im folgenden in Auszügen die Einlassung des Angeklagten: Weiterlesen

Aufruf zur Prozessbeobachtung: 21.09.18, 08.15 Uhr, Amtsgericht Nürnberg

Das Bündnis „Widerstand Mai 31 – Solidarität ist kein Verbrechen“ informiert:
Monat für Monat stehen derzeit neue Prozesse gegen AktivistInnen des 31. Mai an. Das Verbrechen: sie haben sich aktiv einer Abschiebung in ein von Krieg, Anschlägen, Not und Hunger geprägtes Land in den Weg gestellt. Der Berufsschüler Asif N. wurde aus der Schule heraus festgenommen und sollte nach Afghanistan abgeschoben werden. Trotz des andauernden Krieges in dem Land – Asifs Heimatstadt Ghazni wurde im August 2018 nach heftigen Gefechten von den Taliban besetzt – hält vor allem Bayern an den Abschiebungen dorthin fest.

Monat für Monat beweisen Staat und Justiz, dass es in den Prozessen zum 31. Mai vor allem um Eines geht: möglichst hohe Strafen zu verteilen, um das starke Zeichen der Solidarität, das vom 31. Mai in Nürnberg ausging zu zerstören, Widerstand gegen Abschiebungen zu kriminalisieren und die vom bayrischen Innenministerium vorgegebene Sichtweise auf die Ereignisse des Tages zu zementieren. Dazu schrecken Polizei, Staatsanwaltschaft und Staatsschutz nicht davor zurück, ZeugInnenaussagen zu manipulieren und offen zu lügen. So wie der Staat und seine VertreterInnen auch immer dann lügen, wenn Geflüchtete die in Lagern interniert sind, gegen die unhaltbaren Zustände protestieren. Der Umgang mit Geflüchteten ist geprägt von Rassismus und Gewalt, vor allem gegen diejenigen, die nicht jede Behördenentscheidung ohne Gegenwehr über sich ergehen lassen. Weiterlesen

Unvoreingenommenheit sieht anders aus

Amtsgericht Tiergarten, 15. August 2018. Es ist der erste Verhandlungstag im Prozess gegen den aus Gambia geflüchteten Njie Senghore (Name geändert) und es hätte der einzige bleiben können. Eine halbe Stunde nach dem geplanten Verhandlungsbeginn fehlt von den beiden vorgeladenen Zeugen, die im Prozess aussagen sollen, jedoch noch immer jede Spur. Es handelt sich um zwei Polizeibeamte, die Senghore in den Abendstunden des 17. Januar 2018 dabei beobachtet haben wollen, wie er in der Gegend der Warschauer Straße an einem versteckten Cannabis-Depot hantierte. Einer der Beamten will den Beobachteten zwei Tage später wiedererkannt und ihn daraufhin vorläufig festgenommen haben. Da die gerichtliche Ladung die beiden Zeugen offenbar nicht erreicht hat und nur einer von ihnen kurzfristig zum Gericht kommen kann, steht bereits vor Beginn der Verhandlung fest, dass es einen zweiten Prozesstag geben wird. Für den Angeklagten bedeutet das eine Verlängerung der Untersuchungshaft – dort befindet er sich seit dem 20. Juni. Weiterlesen

Prozessbericht aus Ellwangen

Ellwangen, 8. August 2018. An diesem Morgen stehen vier Justizbeamt_innen vor dem Eingang des Amtsgerichts. Sie rauchen, aber gleichzeitig sieht es so aus, als würden sie vor dem Gebäude Wache halten. Wenige Minuten später beginnt ein Prozess gegen den Geflüchteten Nansadi K. Er soll während des Großeinsatzes der Polizei in der Landeserstaufnahmestelle am 3. Mai 2018 Polizeibeamt_innen tätlich angegriffen haben. Deswegen hat er gut drei Monate in U-Haft verbracht. K. kann die Vorwürfe gegen ihn nicht nachvollziehen. Was in den frühen Morgenstunden des 3. Mai passiert ist, hat er in ganz anderer Erinnerung: Seine vier Zimmergenossen und er seien durch „Polizei, Polizei“-Rufe aus dem Schlaf gerissen worden. Dann hätten maskierte und behelmte Polizeibeamt_innen das Zimmer gestürmt. Ein Beamter habe sich sofort an ihn gewandt und ihn mehrfach gegen die Brust geschlagen. In Panik habe er versucht zu fliehen, jedoch hätten weitere Einsatzkräfte ihn an der Tür gepackt und zu Boden geworfen. Danach habe er überall Schläge gespürt. Trotzdem muss er sich nun vor Gericht verantworten – und nicht die Beamt_innen, die den Einsatz zu verantworten haben. Weiterlesen