Prozess gegen Ali – 3. Verhandlungstag

3. Verhandlungstag 04.11.2016. 09:00 – ca. 15:30 UhR

Der Verhandlungstag beginnt etwas später, da A (Ali) noch nicht anwesend ist.

R1 (Richter 1) überprüft die Anwesenheit der Prozessbeteiligten. Auf der Seite der Staatsanwaltschaft ist heute nur die StAin (Staatsanwältin) anwesend, die restliche Besetzung ist unverändert.

Prozessbeginn

R1 eröffnet den Verhandlungstag. R1 erklärt, dass zu der von der V (Verteidigung) erhobenen Besetzungsrüge am ersten Verhandlungstages noch Unterlagen nachgereicht worden seien. Die V habe jetzt die Möglichkeit zur Stellungnahme.

V1 verliest die Stellungnahme der V: Die erhobenen Bedenken bezüglich der Besetzung seien nicht ausgeräumt worden. Die StAin gibt dazu keine Stellungnahme ab.

Die StAin verliest dafür jedoch eine Stellungnahme zu dem Widerspruch und den Anträgen der V vom ersten Verhandlungstag:

  • Der Antrag auf Übersetzung der Akteninhalte in die türkische und kurdische Sprache seien zurückzuweisen.
  • Die Durchführung des Selbstleseverfahrens ermögliche die Aufnahme der Inhalte genauso wie bei dem Verlesen dieser in der Hauptverhandlung mit Übersetzung
  • Die Sprachprobleme würden durch die beiden bestellten Dolmetscher ausgeglichen
  • Das Selbstleseverfahren könne die Hauptverhandlung verkürzen und somit auch die Haftzeit

V2 äußert sich spontan zu den Ausführungen der StAin:

  • Das Problem allgemein in diesem Verfahren sei, dass darauf verwiesen werde, dass die V grundsätzlich das Recht habe, der Ausführung des Selbstleseverfahrens und damit der Übersetzung beizuwohnen. Die Dolmetscher seien jeden Tag in der JVA gewesen. V2 habe außerdem beantragt, dass die Dolmetscher die Tondateien mit A anhören sollten. R1 habe darauf verwiesen, dass V2 das machen könne. Es stelle sich jeweils die Frage, wann V2 das machen solle, diese Zeit bezahle ihm niemand.
  • Außerdem widerspreche V2 der Begründung zum Selbstleseverfahren. Die Tondateien seien in einer Vielzahl nicht als Protokolle sondern nur als Zusammenfassungen vorhanden. Es gehe hier jedoch nicht nur darum nachzuweisen, dass bestimmte Telefonate stattgefunden haben, vielmehr sei der genaue Wortlaut für dieses Verfahren wichtig.

Die StAin behalte sich eine Stellungnahme gegebenenfalls nach eigenem Lesen vor.

V2 stellt einen weiteren Antrag:

  • Änderung der Sitzordnung im Saal, sodass A und der Dolmetscher neben V1 und V2 sitzen können und nicht mehr hinter der Glasscheibe. V2 führt an, dass die Sicherungsverfügung des R1 diese vorgesehene Sitzordnung nicht enthalte. Des Weiteren sei die Sitzordnung unverhältnismäßig. Auch für den Dolmetscher erschwere die bisherige Sitzordnung die Arbeit, er klage über Nackenprobleme wegen der unbeweglichen Stühle.

Die StAin erklärt, dass sie keinen Grund für die Änderung der Sitzordnung sehe.

Das Gericht zieht sich kurz zurück und verkündet anschließend, dass A und D neben V1 und V2 Platz nehmen könnten. R1 fügt dem Beschluss noch folgende Frage hinzu:

Herr D. (Ali), wir verhalten uns weiterhin vernünftig in der Hauptverhandlung ok?”

A und D verlassen schließlich den „Glaskasten“ und sitzen nun neben der V.

Fortsetzung der Vernehmung des Zeugen B (“Becker”)

Jürgen Becker (aus Meckenheim, jetzt 57 Jahre alt) ist 1. Kriminalkommissariat des BKA. Er ist Sachgebietsleiter für Ermittlungen gegen die PKK in Deutschland. (Er legt Strukturakten der PKK an und wird in vielen PKK-Verfahren als Zeuge geladen, auch wenn er nicht direkt Ermittlungen gegen die Angeklagten (hier Ali) führt.)

R1 fragt B, ob es Änderungen bei Bs Personalien gegeben habe seit dem letzten Verhandlungstag. Tatsächlich hatte B Geburtstag und ist B jetzt 57 Jahre. R1 spricht ihm daraufhin nachträglich Glückwünsche aus.

Die V setzt die Befragung des B fort.

V2 erklärt, dass die Befragung beim letzten Mal ja mit der Inaugenscheinnahme des Organigramms geendet habe. B habe ausgesagt, dass es folgende Veränderung gegeben habe, nämlich dass weniger Delegierte am KCDE-Kongress (Kongreya Civakên Demokratîk a Kurdîstanîyên Ewrupa; Demokratischer Gesellschaftskongress der Kurd*innen in Europa) teilgenommen hätten. V2 möchte wissen, wann diese Änderung passiert sei und ob die Gründung von Gesellschaftszentren auf dem KCDE-Kongress beschlossen worden sei. B gibt an, dass diese Änderung 2013 gewesen sein müsse. Weiterhin fragt V2, wo diese Zentren gegründet worden seien. B erklärt, dass diese auch in Städten gegründet worden seien, die keine Gebiete seien. Es seien Co-Vorsitzende gewählt worden und die Gesellschaftszentren sollten zu eingetragenen Vereinen werden. Auf Nachfrage gibt B weiterhin an, dass es in den Städten auch Gründungskongresse gegeben habe. Es seien Ausschüsse, Räte gegründet worden und es hätten Kongresse stattgefunden, B wisse jedoch nicht in welcher Stadt.

Weiterhin gibt B auf Nachfrage an, dass CDK (Civata Demokratik Kurdistan; Demokratische Gemeinschaft Kurdistans) als Name seit 2013 in Deutschland nicht mehr auftaucht, nur noch in Frankreich. V2 fragt nach KON-KURD (Konfederasyona Komelên Kurd Li Avrupa; Konföderation der Kurdischen Vereine in Europa). B verweist auf eine Meldung aus dem Jahr 2013, dass dieser sich aufgelöst habe. V2 möchte wissen, ob es sein könne, dass CDK und KON-KURD fusioniert seien. B kommt auf KCD-E als Dachverband zu sprechen. Auf Nachfrage erklärt B, dass es aufgrund der Verdopplung der Delegiertenzahlen darauf hindeute, dass CDK genauso wie die Vereine im Dachverband aufgegangen seien, ohne dass CDK sich gleich aufgelöst habe. Bei dem KON-KURD-Kongress 2013 sei die Neustrukturierung und der neue Name beschlossen worden. CDK habe sich nach außen hin formiert als KCD-E.

Die CDK-Struktur habe jedoch nach 2013 genauso bestanden wie vorher: Die ganzen Beschlüsse seien gleich geblieben, nur mit anderem Namen unterschrieben. B führt weiterhin die Führungsgremien, Kongressbeschlüsse, die drei-Monatsplanungen auf, außerdem seien die Verteilung der Anweisungen und die Organisationspostfächer gleich geblieben.

V2 möchte wissen, was B bezüglich der Beschlüsse der Koordination feststelle. Für V2 seien diese nämlich sehr allgemein (bspw. wir brauchen mehr Anstrengung für Kobanê). B entgegnet, dass die Beschlüsse sehr detailliert seien. Sie würden eine Art Jahresplanung für die PKK darstellen: wer was zu machen habe, es werde auch auf die verschiedenen Landesteile eingegangen und noch in Form von 3-Monatsplanungen ergänzt. Ganz oben bei den Aktivitäten würde immer die Freiheit Öcalans stehen und in letzter Zeit auch Rojava.

V2 fragt, ob Bs Behörde vor 2013 Beschlüsse des KON-KURD festgestellt habe. B erklärt, dass es sein könne, dass so etwas bei Durchsuchungen erhoben worden sei. Er habe sich jedoch damit nicht schwerpunktmäßig beschäftigt. Er kenne aber die Struktur von KON-KURD und habe auch mal die Namen der Vorsitzenden gewusst. V2 fragt nach, ob B mit den Durchsuchungen auf Unterlagen aus Durchsuchungen aus Brüssel abziele. Nach Bs Erinnerung sei das in einer Wohnung außerhalb Brüssels gewesen. Anschließend fragt V2 nach dem Ausgang des Verfahrens am vorherigen Tag in Brüssel. B wisse es nicht, er habe keine persönlichen Kontakte dorthin. V2 erklärt, dass das Verfahren aktuell eingestellt worden sei wegen dem bewaffneten Konflikt in der Türkei. R1 interveniert an diesem Punkt und verweist auf die Befragung des Zeugen. V2 kommt zu den Beschlüssen zurück und möchte wissen, ob es sein könne, dass es solche Beschlüsse mit Freiheit für Öcalan etc. auch von KON-KURD gegeben habe. B bejaht.

V2 fragt weiterhin, wie Gebiets- und Sektorleiter gewählt werden würden. B erklärt, dass das im Rahmen der jährlichen CDK-Kongresse stattfinde, dort werde die Kaderrotation festgelegt. Es seien auch handschriftliche Mitschriften mit Ortsangaben und dahinter geschriebenen Namen sichergestellt worden. Daten stammen von mitgeleseen Mail-Postfächern. B könne aber detailliert nicht sagen, wie genau das ablaufe, ob sie bestimmt oder gewählt werden würden, darüber habe er keine Kenntnisse. V2 möchte weiterhin wissen, ob B Kenntnisse dazu habe, dass KON-KURD das gemacht habe und YEK-KOM das gemacht habe. B wisse, dass YEK-KOM (Yekitîya Komalên Kurd li Elmanya; Föderation der Kurdischen Vereine in Deutschland – Vorgänger von NAV-DEM) das gemacht habe, das sei ja ein eingetragener Verein. Das sei aber nicht relevant gewesen für die Ermittlungen. V2 fragt nach Änderungen bei den Vereinen 2013. B führt das Ermittlungsverfahren gegen Ahmet Çelik in Düsseldorf, da seien sie aber noch mit der Auswertung beschäftigt. Es habe da ein Schreiben/Mail mit einem kritischen Bericht über die Umorganisation gegeben. Das gebe es häufiger, dass die Organisation kritisch betrachtet werde. Es sollten Gremien gebildet werden, Kongresse, die mit Vorgaben behaftet seien, beispielsweise müssten es 40% Frauen sein und keine Kader einer anderen Teilstruktur drin sein. Nach Bs Auffassung sei das ein Schreiben der Europaführung an die Gebiete. V2 möchte weiterhin wissen, ob Ahmet Çelik auch eine Funktion bei YEK-KOM gehabt habe. B bejaht dies und erklärt, dass Ahmet Çelik von 2007-2010 Vorsitzender von YEK-KOM gewesen wäre und sowohl davor als auch danach Sektorleiter (da Doppelfunktionen nicht erlaubt seien).

V2 möchte weiterhin wissen, ob auf den Kongressen auch die Co-Vorsitzenden für die demokratischen Gesellschaftszentren und Vereine gewählt werden würden. B erklärt, dass das für Vereine nicht der Fall sei. Soweit er wisse, wähle der Kongress den Rat, ob der Rat den Co-Vorsitzenden wählen würde, wisse er nicht. V2 fragt nach dem Sitz des KNK (Kongreya Neteweyî ya Kurdistanê; Kurdistan National Kongress). Dies sei nicht Teil von Bs Ermittlungen, seinen Kenntnissen zufolge, sitze der jedoch in Brüssel. V2 erklärt, dass A vorgeworfen werde, SMS von belgischen Mobilfunknummern bekommen zu haben, deshalb interessiere ihn, wer welche Mobilfunknummern benutze. B erklärt, dass es Kontakte über belgische Nummern mit Gebietsverantwortlichen und Sektorleitern gebe, es handele sich da um Personen, Finanzbüros oder die Europaführung. Teilweise hätten sie belgische Nummern bis nach “ganz oben” zuordnen können. Im Detail wisse er das aber nicht. Er könne auch nicht sagen, welche KNK-Mitglieder welche Mobilfunknummer hätten. V2 erklärt, dass in der Akte der Zusammenhang zwischen einer SMS einer belgischen Mobilfunknummer und der Europaführung in Brüssel gezogen worden sei. B erklärt, dass die Tatsache der belgischen Nummer nicht ausreichend sei, dazu müsse es noch Anweisungen geben. Wenn ein Sektorleiter eine SMS mit einer Anordnung bekomme, gingen die Ermittler*innen davon aus, dass das aus der Hierarchie weiter höher kommen müsse. Da bliebe dann nur Exekutive oder Koordination. Auf Nachfrage gibt B an, sich nicht mit dem Verhältnis von kurdischen Aktivist_innen in deutschen Städten und den KNK Abgeordneten beschäftigt zu haben. V2 fast zusammen, dass B dann eigentlich nicht sagen könne, dass es als Möglichkeiten nur die Exekutive und Koordination gebe, weil er sich ja mit den anderen nicht beschäftigt habe. R1 interveniert und erklärt, dass B das auf Inhalte bezogen habe. B führt aus, dass sie schon versuchen würde, die Inhalte zu identifizieren. Bei Telefonaten zum Beispiel, würde die Identifizierung von Personen vorgenommen, wenn Erkenntnisse vorliegen würden.

V2 fragt nach der Zusammensetzung des Parlaments bezüglich der verschiedenen Parteien und möchte wissen, ob es sich nur um Parlamentarier handele, die B zur PKK zählen würde. B habe sich nicht schwerpunktmäßig mit dem KNK beschäftigt. Er habe sich den Internetauftritt des KNK angesehen, da habe er viele der Parlamentarier erkannt, aber viele eben auch nicht.

V1 fragt nach der Rolle der DTKM (Demokratisch-Kurdisches Gesellschaftszentrum). B erklärt, dass nach der Verkündung der Auflösung von KON-KURD 2013, hätte sich YEK-KOM in Deutschland auch aufgelöst. Die neue Struktur sei dann DKTM genannt worden, deutschlandweit habe es dann einen neuen Dachverband – NAV-DEM (Navenda Civaka Demokratîk ya Kurdên li Almanya; Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland)  – gegeben. Die Verfolgungsermächtigung des Bundesjustizministerium umfasse nicht die Funktionäre der DTKM, deshalb sei dies nicht Teil der Ermittlungen. V1 fügt hinzu, dass wenn Ermittlungen gegen die CDK geführt worden seien, dann sei dies von der Verfolgungsermächtigung umfasst, da diese als Struktur der PKK verstanden werde. […] V1 geht nochmal auf das Organigramm ein, fragt ob es eine bewusste Entscheidung gewesen sei, dass bei KNK differenziert worden sei und möchte wissen, ob in Bs Behörde Erkenntnisse erwachsen seien, dass es sowohl demokratische Strukturen gebe, die man gewähren lassen wolle. B erklärt, dass ja ein Deutschlandbezug herzustellen sein müsste bei §129 a und b. Ihm sei kein Verfahren wegen der Mitgliedschaft bei KNK bekannt.

V2 schließt diesen Fragenblock ab und möchte nun „aus Europa weg, in die Heimat“ und fragt, wer der Vorsitzende des Kongra-Gel (Kongra Gelê Kurdista; Volkskongress Kurdistan) sei. B nennt den Namen, es gebe außerdem noch eine Frau als Co-Vorsitzende. V2 fragt, wie man sich Kongra-Gel vorstellen könne, ob es sich um die Legislative handele. B erklärt, dass das nach dem Selbstverständnis der Fall sei. B wisse nicht, womit genau sich das Parlament beschäftige, er wisse nur, dass die Kongresse der Teilorganisationen darauf Beug nehmen würden. V möchte weiterhin wissen, wie der Exekutivrat zustande komme. B erklärt, dass die Führung (Öcalan) einen Vorschlag mache und dann vom dem Kongra-Gel gewählt werde. V2 erwidert, dass allerdings auf dem Organigramm stehe, dass es sich um 30 Mitglieder handele, wer diese bestimme wolle er wissen. B gibt an, das sei im KCK-Abkommen (Koma Civakên Kurdistan; Union der Gemeinschaften Kurdistans) nachzulesen. Sie würden zumindest ausgewählt von Co-Vorsitzenden, ob die jedoch gewählt werden würden, könne er nicht sagen. Kongra-Gel habe auf jeden Fall Mitspracherecht. Kongra-Gel bestehe aus Delegierten aus den 4 Landesteilen und Europa.

Nach PCDK (Partî Çareserî Dîmukratî Kurdistan; Kurdistan Democratic Solution Party Irak) gefragt, gibt B an, dass es sich um die Teilstruktur aus dem irakischen Landesteil handele. Alle anderen Teilstrukturen aus den anderen Landesteilen seien für B Teile der PKK, ebenso CDK. V2 fragt, ob die PKK Einfluss auf die Zusammensetzung der Parteien der anderen Landesteile habe. B erklärt, es gebe Vorgaben für die Teilstrukturen im KCK-System. Weiterhin möchte V2 wissen, wie die Regierung in Rojava gebildet werde. B gibt an, dass er sich nur mit CDK beschäftigt habe, da der §129 nur dies tangiere, PYD (Partiya Yekitîya Demokrat; Partei der demokratischen Union in Syrien) sei da also nicht von erfasst. Deshalb könne er die Frage nicht beantworten, wenn nur spekulativ. V2 hakt nach, ob eine Vorgabe die Alleinvertretung oder das gemeinsame Regieren mit anderen Parteien umfasse. B erklärt, dass Parteien im KCK-System auch eine Rolle spielen würden. Spekuliert auf einen Alleinvertretungsanspruch der PYD. V2 möchte genauer wissen, ob es ein Verstoß gegen KCK darstellen würde, wenn sich die Räte in den Kantonen Rojavas aus vielen Organisationen zusammensetzen würden. B verneint. Auf Europa bezogen erklärt B, dass es seines Wissens nach gewollt ist, dass verschiedene Organisationen zusammenkommen. V2 fasst zusammen, dass das bedeute, dass es schwierig sei von einer einheitlichen Organisation zu sprechen, wenn auch andere Organisationen, die sich nicht mit dem demokratischen Konförderalismus auseinandersetzen, Teil werden könnten. R1 interveniert, da B bereits gesagt habe, dass er das nur spekulativ beantworten könne.

V1 führt aus, dass Erdoğan die HDP (Halkların Demokratik Partisi; Demokratische Partei der Völker/Türkei) mit der PKK gleichsetze, richtet die Frage nach der Einordnung der HDP an B. B erklärt, dass er und seine Behörde sich nach deutschen Gesetzen richten würden, sie würden gegen PKK ermitteln und nicht gegen HDP. Öcalan sei ja der Führer der PKK, B denke nicht, dass die HDP Öcalan als Ehrenvorsitzenden habe.

V2 fragt B, wer aus KCD-E zu Kongra-Gel gehe. B könne keine Personen nennen, die aus Europa zu Kongra-Gel gehen würden. Sie hätten lediglich Reisebewegungen festgestellt, ob diese dann aber zum Kongra-Gel fahren würde, wisse er nicht. Auf Nachfrage gibt er an, dass er auch nicht wisse, ob Leute zum Parlament gehören würden, die nicht KCD-E angehören. Das Parlament bestehe ca. aus 300 Personen. Nach der Quote der Landesteile gefragt, mutmaßt B, dass sicherlich nicht so viele Delegierte aus Syrien wie aus der populationsgrößeren Türkei dabei wären. V2 fragt nach einem Überblick über kurdische Parteien, die gerade im türkischen Parlament vertreten seien. B gibt an, dass es soweit gerade nur die HDP sei. Weiterhin möchte V2 wissen, ob es kurdische Parteien gegeben habe, die nicht verboten worden seien. B schildert, dass während seiner Ermittlungen die BDP (Barış ve Demokrasi Partisi; Partei für Frieden und Demokratie/ Türkei) und DTB (Demokratik Toplum Partisi; Partei der demokratischen Gesellschaft/ Türkei) verboten worden seien, weiter wisse er nichts.

V2 zielt auf die Friedensverhandlungen (Erklärung Dolmabahçe) ab, wer mit wem und wann? B gibt an, dass es 2012 eine Steigerung militärischer Auseinandersetzungen gegeben habe, welche abrupt durch die Newroz-Erklärung Öcalans beendet worden seien. Daraufhin seien Verhandlungen aufgenommen worden. Es habe einen Waffenstillstand gegeben, die Guerilla habe sich zurückziehen sollen. Dann seien die Verhandlungen gestockt, seitens der PKK sei ein 10-Punkte-Plan vorgelegt worden. Es sei dann wieder zu Auseinandersetzungen gekommen – Stichwort Staudammbau – die Rhetorik der Parteien hätte sich dann verschärft. 2015 habe Öcalan dann nochmal die Initiative zu Newroz ergriffen, dies sei jedoch durch den Anschlag in Suruç zusammengefallen. Für das erste Halbjahr 2015 würde Bs Behörde der PKK über 200 Anschläge zurechnen.

R2 hakt ein und möchte wissen, was die PKK gegen einen Staudammbau habe. B könne nur spekulativ antworten, er gehe aber davon aus, dass dies mit ihren wirtschaftlich-ökologischen Zielen nicht harmoniere. R2 fragt weiter, ob es diesbezüglich kein Papier (der PKK) gebe. B erklärt, es sei möglich, dass es ein solches Papier gebe, er habe aber keine Erinnerung daran. V1 ergreift das Wort und erklärt, dass es nicht nur um den Staudammbau gehe sondern auch um den Ausbau von Militärstraßen. Die PKK habe kritisiert, dass die Waffenstillstandsphase genutzt worden sei, um sowas wie Militärstützpunkte auszubauen. Staudämme könnten natürlich auch militärisch genutzt werden, wenn man diese bspw. fluten ließe. V1 erklärt weiter, dass der 10-Punkte-Plan keine Forderung sondern eine Verhandlungsgrundlage darstelle und möchte daher wissen, wie die Reaktion der türkischen Regierung ausgesehen habe. B erklärt, dass er es nicht wisse, wenn es nicht in seinem Bericht stehe, er habe den Inhalt nicht recherchiert. V1 erklärt, dass es zu einfach gestrickt sei, wenn von Auseinandersetzungen gesprochen werden. Erst seien 33 Menschen gestorben, dann zwei Polizisten, dann habe es wieder militärische Auseinandersetzungen gegeben. Es liege nicht an Einzelanlässen. R1 möchte wissen, ob es sich dabei um eine Erklärung nach § 257 StPO handele, was V1 verneint.

V1 geht auf die von B genannten 200 Anschläge ein und fragt, woher Bs Behörde wisse, dass es sich um Anschläge und keine Gefechte handele. B erklärt, dass es bestimmte Kriterien gebe, so werde zum Beispiel erfasst, wenn ein Polizei-/Militärfahrzeug durch eine Landmiene explodiere. Es handele sich um detaillierte Einzelsachverhalte, es sei auch beschrieben worden, das es da manchmal zu Grenzfällen komme. Auch die Auflistung der Angriffe des türkischen Militärs von der Website der HDP hätten sie erfasst. V2 fügt hinzu, dass so etwas wie die Flächenbombardements, wo man sich nicht zur Wehr habe setzen können, nicht aufgenommen worden seien.

V2 möchte wissen, ob es vor den Friedensverhandlungen 2013 auch schon vorher Verhandlungen zwischen dem Geheimdienstchef Hakan Fidan mit Öcalan gegeben habe. B bejaht, es handele sich um das sogenannte Osloer Friedensgespräch, es sei aber ca. 2009 gewesen, weitere Details habe er dazu nicht. V2 fragt weiterhin, ob die HPG (Hêzên Parastina Gel; Volksverteidigungskräfte Nordkurdistans/Türkei) ganze Gebiete auf dem türkischen Gebiet kontrolliert habe bis zur Newroz-Erklärung 2013. B gibt an, dass es eine Zeit gegeben habe, wo die HPG in der Fläche geblieben sei, das könne schon 2012 gewesen sein. Die Verlautbarungen seien so gewesen, dass die HPG sich zurückziehe nach der Erklärung, B habe aber nicht überprüft, ob dies wirklich der Fall gewesen sei. V2 fragt, ob jemand neutrales diese Bewegung überwacht habe. B erklärt, dass von der PKK eine dritte Macht, jemand der dies von außen bewachen sollte, ins Spiel gebracht worden sei, B glaube aber, dass dies nicht umgesetzt worden sei. V1 interessiert sich für den Unterschied zwischen militärischer und politischer Kontrolle bezüglich der Rolle der HPG in den Gebieten. B erklärt, dass es eine Zeit gegeben habe, wo die Guerilla aus den Bergen gekommen und geblieben sei, sie hätten Kontrollpunkte gehabt, was sie aber genau gemacht hätte, wisse B nicht.

V2 fragt nach Erkenntnissen, wie Erdoğan zu den Verhandlungen 2009 gestanden habe. B erklärt, dass es damals das heutige Verfahren noch nicht gegeben habe, es habe keine Rolle in den Ermittlungen wegen inländischer, krimineller Vereinigung gespielt. B denke aber, dass Erdoğan eine Lösung gewollt habe. V2 fragt weiter nach Gruppen, die gegen den Friedensprozess gewesen seien. B wisse es nicht, habe keine Rolle für seine Arbeit gespielt. V2 möchte weiterhin wissen, ab wann B sich mit der Türkei beschäftigt habe. B gibt an, dass dies mit dem Ermittlungsauftrag durch die GBA (Generalbundesanwaltschaft) 2011 begonnen habe.

B geht auf die Ermordung von Sakine Cansız ein, bezüglich der Äußerungen des Geheimdienstchefs habe es auch Kreise gegeben, die eher die Hardlinerlinie vertreten hätten. V2 hakt nach, wer Sakine Cansız und die anderen beiden ermordet habe. B erklärt, dass ein Täter in Haft sei in Paris. V2 möchte wissen, ob B die Tonbanddokumente zwischen Ömer Güney und dem Geheimdienst bekannt seien. B verneint, er kenne auch nicht den Namen des Täters. V2 fragt weiter, wann der Täter sih in das kurdische Zentrum eingeschleust habe. V2 macht einen Vorhalt aus einem Artikel von Spiegel Online vom 08.06.2016, 13:30 Uhr (vgl. http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkische-agenten-sollen-in-morde-an-pkk-aktivistinnen-verwickelt-sein-a-1096328.html). Darin heißt es Güney sei V-Mann des MIT gewesen, ultranationalistisch. V2 fragt B, ob dieser sonstige Erkenntnisse zum Sachverhalt habe. B habe keine Berührung damit gehabt, er habe nur grobe Erinnerungen, aber keine eigenen Ermittlungen geführt. V2 fragt nach sonstigen Erkenntnissen über Versuche von Geheimdiensten sonstiger Staaten V-Leute in kurdische Organisationen einzuschleusen. B erklärt, dass dies nicht Teil seiner Ermittlungen sei, er habe keine belastbaren Erkenntnisse. V2 möchte daher wissen, wen er diesbezüglich laden könne. B erklärt, dass es um Spionageabwehr ginge, dass dafür der Verfassungsschutz zuständig sei und Bundesnachrichtendienst entsprechend für das Ausland. Das BKA werde erst nach Straftaten tätig. V2 fragt, ob Bs Behörde untersucht habe, ob Anschläge der PKK eventuell durch Geheimdienste verübt worden seien. B verneint, sie hätten nur diejenigen gelistet, zu der sich die HPG bekannt habe. V2 gibt zu bedenken, dass vielleicht die Homepage-Verantwortliche Person der HPG das auch nicht wisse. V2 geht auf den Anschlag gegen zwei Polizisten in Ceylanpınar ein. B erklärt, dass es seines Wissens nach zu dem Anschlag in Suruç keine konkrete Bekennung gegeben habe, aber dazu müsste V2 Frau M. fragen. V2 führt an, dass es eine Stellungnahme von Karayılan und Bayık gegeben habe, dass die PKK die Tötung nicht gemacht habe. Das wisse B nicht. V2 fragt nach Erkenntnisse, dass die türkische Regierung das jetzt Gülen zuordnen würde, B verneint.

V2 möchte weiterhin wissen, welche Zeitungen B und seine Behörde auswerten würden. B erklärt, dass sie versuchen würden, alle möglichen Presse-Verlautbarungen aufzufinden. V2 fragt nach, was passiert, wenn es im Nachgang Zweifel an der PKK-Zurechnung gebe. B erklärt, dass sie nur die mit einer Bekennung auflisten würden. Manchmal gebe es auch Dementi oder keine Bekennung, das würde dann nicht gelistet werden. Falls doch, dann würden die Dementis dazu gelistet.

V2 möchte wissen, was zum hier relevanten Tatzeitraum Herbst 2014 in Nordsyrien passiert sei. Dies liege außerhalb von Bs Ermittlungen: Kampf um Kobanê. V2 fragt nach dem Verhalten des türkischen Militärs in Bezug auf kurdische Kämpfer_innen aus Nordkurdistan, die die Grenze passieren wollten. B gibt an, dass die Grenzübergänge gesperrt worden seien, auch Lieferungen hätten nicht passieren können. Bezüglich der Reaktion der kurdischen Aktivist_innen darauf gibt B an, dass es viele demonstrative Ereignisse gegeben habe. V2 führt an, dass dies auch auf türkischen Staatsgebiet der Fall gewesen sei, wobei 30 Demonstrierende getötet worden seien, dazu wisse B nichts. Weiter fragt V2 nach der HPG zu dieser Zeit. B geht auf das Sindschar-Gebirge ein, wo sie Yeziden geholfen hätten, mehr wisse er dazu nicht. V2 fragt, ob festgestellt worden sei, ob es ein Eingreifen der Guerilla gegeben habe. B habe keine Erinnerung, ob es Gefechte an der Grenze gegeben habe. V2 erklärt, dass es KCK wichtig gewesen sei, an dem Friedensprozess festzuhalten und dass die Guerilla sich bewusst nicht eingemischt habe. B erklärt, dass er und seine Behörde das selbst so nicht verschriftlicht hätten, wenn es aber diesbezüglich Verlautbarungen gegeben habe, dann seien diese in die Akten aufgenommen worden.

V2 fragt, ob es für B einen Unterschied zwischen den Interessen des kurdischen Volkes und der PKK gebe? B mache da natürlich einen Unterschied, er sei nicht der Ansicht, dass die PKK das kurdische Volk sei. V2 möchte weiterhin wissen, ob es in kurdischen Landesteilen bewaffnete Gruppen gebe, die nicht der PKK unterstehen würden. B nennt die Peschmerga, PJD als bewaffneter Arm der PYD, im Irak HRK. Insgesamt würde diese zum KCK gehören. V2 fragt weiter nach YDG-H (Yurtsever Devrimci Gençlik Hareketi; patriotisch revolutionäre Jugendbewegung (Stadtguerilla)/ Türkei). B erklärt, das sei eine ortgebundene Gruppe, ob bewaffnet wisse er nicht. Daraus hätte sich die YGS gegründet, was eine Selbstschutzgruppe sei. Sie würden auch zu KCK zählen. V2 möchte wissen, wie es dazu kommt, dass es die HPG als bewaffnete Gruppe gebe und dann noch weitere. B könne nicht sagen, ob YDG-H eine militärische Kraft darstelle.V2 möchte wissen, ob B das untersucht habe. B gibt an, dass sie Informationen gesammelt hätten und fragt, was untersuchen bedeute. V2 fragt, ob B bekannt sei, wie sich Militante, die Schützengraben ausgehoben hätten, definiert hätten. B habe dazu keine detaillierten Erkenntnisse. V2 fragt, wer www.hezenparastin.com betreuen würde. B wisse es nicht, Hr. E. habe das seiner Meinung nach recherchiert. V2 möchte wissen, ob die Meldungen auf dieser Seite unterschiedlich formuliert seien. B habe sie öfter gelesen, über Differenzen wisse er aber nicht.

V2 fragt, ob versucht worden sei, Zeug_innen zu den Anschlägen ausfindig zu machen. B erklärt, dass Zeugen natürlich vernehmen würden, wenn sie welche hätten.

Mittagspause 12:35 – 13:15 Uhr

Eintritt in die Verhandlung 13:20 Uhr

V2 fragt, ob die verlorene Wahl der AKP ein Auslöser für die Eskalation gewesen sei. B gibt die Waffenlieferungen an den IS als einen Grund für PKK zur Auflösung des Waffenstillstands an. Auf Nachfrage könne B nicht mehr genau sagen, welche der Parteien sich zuerst nicht mehr an den Waffenstillstand gehalten habe. V2 fragt nach einer Erinnerung daran, dass Erdoğan 2013 die Vereinbarung von Dolmabahğe nicht mehr anerkannt habe. B meint, dass das möglich sei. V2 macht einen Vorhalt aus der Akte, in dem bei um die Auswertung der Jahresbilanz der HPG 2014 geht: Vorsitzendem gefolgt, Guerilla hat sich an Waffenstillstand gehalten, türkisches Militär hat dies gestört. B erklärt, dass es sein könne, dass er das so aufgeschrieben habe. V2 möchte weiterhin wissen, was nach Bs Meinung mit „kurdischer Befreiungsbewegung“ gemeint sei. B gibt an, dass dies in der Anlage zu Fr. Ms (Zeugin “Müller”) Bericht enthalten sei. Auf Nachfrage gibt B an, dass ihm bekannt sei, dass die HPG Bezug auf die kurdische Befreiungsbewegung nehme, die Termini „kurdische Freiheit“, „Freiheit des kurdischen Volkes“ würden sich immer bei der PKK wiederfinden. Die HPG würde sich als Verteidiger des kurdischen Volkes bezeichnen. V2 möchte wissen, ob die HPG einen eigenen Willen bilde, ob sie sich dem Aufruf des Vorsitzenden anschließe oder nicht. B erklärt, dass die HPG die Freiheit und den Schutz Öcalans ganz oben auf der Agenda habe, genauso die Freiheit des kurdischen Volkes. Zum Verhältnis zwischen HPG und Öcalan gibt B an, dass die HPG in die Friedensverhandlungen miteinbezogen gewesen seien, mehr wisse er nicht. V möchte weiterhin wissen, wo entschieden wird, ob sich die Guerilla für einen Anschlag entscheide. B wisse das nicht, zu einzelnen Anschlägen hätten sich auch führende Funktionäre wie Karayılan geäußert. Er habe es nicht befürwortet, sondern gesagt, dass der Anschlag zum Verhältnis der Opferzahlen stehen müsse. Ob Karayılan von dem Anschlag demnach nichts gewusst habe, könne B nicht sagen. V2 möchte wissen, ob die Executive oder Kongra-Gel entscheiden würden, ob ein Anschlag verübt werde oder nicht. B erklärt, dass es im Strategiepapier von Kongra-Gel heiße, dass Anschläge verübt werden würden, wer das allerdings entscheide, darüber habe B keine Erkenntnisse. B erklärt, dass sich die PKK vom TAK-Anschlag (Teyrêbazên Azadîya Kurdistan; Freiheitsfalken Kurdistan) 2007 distanziert habe, es sei nicht zuträglich, wenn es zu zivilen Opfern komme.

V2 möchte wissen, ob es von Mitte 2014 bis Ende 2015 papiere zur Strategie von Kongra-Gel oder KCK gegeben habe. Dies sei B nicht bekannt. V2 möchte wissen, wie die HPG in verschiedenen Regionen aufgestellt sei. B erklärt, dass einige Änderungen vorgenommen worden seien, es habe Umbenennungen von gewissen Führungsebenen gegeben, er verfüge jedoch über keine strukturellen Erkenntnisse unterhalb der oberen Führungsebene. B wisse nicht, ob Haupt- oder Regionalkommandantur darüber entscheide, ob z.B. ein Anschlag geplant werde. Genauso habe er keine Erkenntnisse darüber, inwieweit europäische Aktivist_innen, die Gebiets- oder Sektorleiter in militärische Entscheidungen eingebunden seien. Weiterhin fragt V2 nach möglichen Konsequenzen, wenn in der Friedensphase entgegen der Führungsrichtung doch Anschläge verübt werden würden. B erklärt, dass das Recht auf Selbstverteidigung ja immer zuerkannt werde, sonst wisse er nichts weiter.

V2 gibt an, dass der Vorwurf aus der Anklageschrift (AKS) laute, dass A in der ersten Hälfte des Jahres 2015 Wahlkampf für die HDP betrieben habe. R1 fragt, wo das in der AKS zu finden sei – Seite 5 – StAin sucht ebenfalls die Fundstelle. In der AKS ist die Rede von „Wahlkampfveranstaltungen/Propaganda-Veranstaltungen. R1 meint, daraus sei nicht ersichtlich, dass es sich um solche für die HDP handele. Auf Nachfrage erklärt B, dass die PKK es als Aufgabe angesehen habe, den Wahlkampf der HDP zu unterstützen. Bei der zweiten Wahl habe die PKK auf Aktionen verzichtet, man könne von einem einseitigen Waffenstillstand sprechen. Dennoch sei die HDP kein Teil des KCK, auf der organisatorischen Ebene, die Politik der HDP kenne B zu wenig. V2 möchte weiterhin wissen, ob die Politik der HDP die Ziele des KCK unterstützen würden. B gibt an, dass die Verlautbarungen der HDP nicht Teil seiner Ermittlungen seien. V2 führt an, dass türkische Ermittler am vorangegangenen Tag die Vorsitzenden der HDP festgenommen hätten, weil diese als Teil der PKK gesehen werde.

V2 macht einen Vorhalt aus der AKS, darin geht es um den erneuten Aufruf Öcalans zu Newroz, Bayız habe dazu aufgerufen, den Kampf auf politische Weise weiterzuführen. B habe dazu keine Erkenntnisse.

V2 fragt, ob es in der Vergangenheit schon einmal einen Abzug der Guerilla aus dem türkischen Staatsgebiet gegeben habe. B erklärt, dass dies nach der Festnahme Öcalans gewesen sei. V2 fügt hinzu, dass der damalige Abzug von dem türkischen Militär begleitet worden sei und viele Guerillas getötet worden seien. B wisse dazu nichts.

V2 fragt nach Bese Hozat. B gibt an, dass sie die Co-Vorsitzende des KCK-Exekutivrates sei. V2 fragt weiter nach dem offiziellen KCK-Programm des Tatzeitpunkts. B erklärt, dass es immer um die Freiheit Öcalans ginge, es gebe noch weitere grundsätzliche Dinge, die immer wiederholt werden würden.

V2 fragt nach SDF – Syrian Democratic Forces – möchte wissen, was das sei. B kenne nur den Begriff. Weiterhin möchte V2 wissen, ob B bekannt sei, dass auch das türkische Militär in den syrischen Konflikt eingegriffen habe. B bejaht, das sei in einer Grenzstadt gewesen, zuvor seien Angriffe mit der Luftwaffe geflogen worden, auf Nachfrage: gegen IS und YPG (Yekîneyên Parastina Gel; Volksverteidigungseinheit/ Rojava Syrien). YPG werde als Mitglied des KCK gewertet. B wisse nicht, wie viele Kämpfer die YPG umfasse, sei in Syrien stationiert. Die Basis der HPG sei im Nordirak, sie operiere aber auch in der Türkei. V2 fragt nach Auseinandersetzungen zwischen dem türkischen Militär und der HPG. B bejaht, das türkische Militär sei „da“ mal einmarschiert. Auf Nachfrage gibt B an, dass öfter gemeldet werde, dass die türkische Luftwaffe Angriffe auf das Lager der HPG im Nordirak fliege.

V2 fragt nach unabhängiger Berichterstattung, R1 interveniert, da die konkrete Formulierung der Frage eine „Wertung hoch 3“ darstelle, V2 formuliert um und fragt schließlich nach Erkenntnissen, ob die türkische Regierung Zeitungen in der Türkei Vorgaben über den Inhalt mache. B habe dazu keine Erkenntnisse. Auf die Frage, ob B und seine Behörde selbst keine Prüfung vornehmen würden, erklärt B, dass sie sich im Wesentlichen auf PKK-Medien stützen würden. V2 fragt nach den Zeitungen „Haberler“, „Aktif Haber“, „Objektif Haber“. B erinnere sich nicht daran, dass er aus diesen Quellen etwas benutzt habe. V2 fragt, ob B „Milliyet“ kenne. B bejaht, das sei eine größere Zeitung. V2 macht einen Vorhalt, all diese Zeitungen seien sehr nationalistisch und stünden der AKP nahe. B erklärt, dass sie objektiv gehalten Erkenntnisse zusammentragen würden, also die Fakten. V2 hakt nach, ob B von der GBA den Auftrag erhalten hätte, zu überprüfen, um welche Zeitungen es sich bei den eben genannten handele. B verneint. V2 möchte wissen, ob irgendein StA diese Zeitungen mal einordnen lassen habe. Dies sei B nicht bekannt. Sie hätten jedoch für vergangene Verfahren in Hamburg und Stuttgart einzelne Meldungen nochmal nachrecherchieren lassen. V2 findet das sehr vernünftig und möchte wissen, ob das noch nachvollziehbar gewesen sei. B gibt an, dass das in Akten vermerkt worden sei. Es müsse sich um die ersten Verfahren handeln z.B. Özmen (vgl. http://www.yeniozgurpolitika.org/index.php?rupel=nuce&id=22191), Akan (vgl. http://www.yeniozgurpolitika.org/index.php?rupel=nuce&id=22191), Aydın (vgl. https://fda-ifa.org/dech-solidaritat-mit-metin-aydin/). Es seien nochmal Meldungen aus anderen Zeitungen zu einzelnen Anschlägen zusammengetragen worden. Im Wesentlichen hätte diese Überprüfung bestätigt, dass die Anschläge stattgefunden hätten. V2 erklärt, dass es in den Strukturakten manchmal unterschiedliche Meldungen gebe hinsichtlich, ob jemand gestorben sei oder nicht, er fragt, wie B bei solchen Meldungen vorgehe. B erklärt, dass sie das nur zusammentragen würden, würden versuchen weitere Erkenntnisse aus Presserecherche und Internet zu erlangen. Auf Nachfrage erklärt B, dass sie Sprachmittler beauftragen würden, da viel auf Türkisch sei. Außerdem würden sie sich noch auf die Presseauswertung des BMV stützen, welche fast täglich erscheine. Beeidigte Dolmetscher würden dann beispielsweise den Auftrag bekommen zu einem bestimmten Ereignis zu recherchieren. V2 nennt zwei der Vertragsdolmetscher: Fr. C und Fr. S. B erklärt, dass Frau S extern sei und Fr. C eine ehemalige Dolmetscherin. V2 möchte wissen, ob Fr. S auch den Auftrag in Personenverfahren bekommen, was B bejaht, auch bei Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Auf Nachfrage gibt B auch an, dass er Fr. S in der Vergangenheit auch schon mal zur Stimmenidentifizierung eingesetzt habe. Auf die Frage, ob Fr. S dafür qualifiziert sei, erklärt B, sie verfüge über die höchste Qualifikation, die man in Deutschland erlangen könne. V1 hakt nochmal nach – im Stimmenvergleich? – , woraufhin B erklärt, dass es für ihn und seine Behörde erstmal ausreiche, um gewisse Ansätze im Ermittlungsverfahren zu erhalten, das habe sich bewährt. V2 möchte wissen, ob die Übersetzung überprüft werde. B erklärt, dass er sprachlich das ja nicht könne, aber inhaltlich in Formulierungen, das würden sie schon mal machen. V2 geht auf Auslassungen bei der Übersetzung von fr. C ein und möchte wissen, ob das nicht auffalle. B erklärt, dass die Übersetzung von Fr. C nur eine Arbeitsgrundlage darstelle. […] B erklärt, dass das Grundprinzip sei, dass sie alles noch einmal von extern übersetzen lassen würden, das würden sie in der Regel nachliefern. Fr. S mache immer sehr gute Übersetzungen.

V2 möchte wissen, ob PYD in Europa auch eigene Strukturen/Repräsentationen habe. B gibt an, dass es bekannt sei, dass eigene Strukturen unterhalten werden im europäischen Ausland, diese seien jedoch nicht vergleichbar mit den hier vorhandenen PKK Strukturen. Überall dort, wo syrische Kurden in Deutschland leben, gebe es auch solche Strukturen.

V1 geht nochmal auf die Anmerkung des B ein, dass trotz der Waffenstillstandserklärung die Waffen nicht niedergelegt worden seien, obwohl dies erwartet worden sei, von wem sei dies erwartet worden? Dies sei von türkischer Seite erwartet worden, erklärt B, die PKK habe jedoch gesagt, dass sich die Guerilla nicht entwaffnen werde. Für die türkische Seite sei dies jedoch Voraussetzung für Verhandlungen gewesen. V1 merkt an, dass die Verhandlungen ja aber über Jahre gegangen seien. B konkretisiert, dass seine Ausführungen den Zeitraum seit 2013 betreffen würden. V1 führt die Gespräche der HDP mit dem Innenminister an, woran es anschließend eine Pressekonferenz gegeben habe. V1 vermisse hier die Verlautbarungen der Regierung, was diese dazu gesagt habe. B wisse es nicht, wahrscheinlich hätten sie keine solchen Verlautbarungen festgestellt. V1 fragt ungläubig, ob die Regierung also nichts dazu gesagt habe. B erklärt, dass es nun mal so sei, dass PKK-Medien darüber deutlich ausführlicher berichten würden. […]

V1 geht nochmal auf das Verhältnis von HDP zu PKK ein: Es sei nachvollziehbar, dass die PKK daran interessiert gewesen sei, dass die HDP viele Stimmen erhält, da die HDP die kurdische Vertretung im Parlament darstelle. V1 möchte wissen, wie weit Interessenhomogenität bestehe, wenn die PKK dazu aufrufe, die HDP zu wählen – unabhängig vom Interesse der HDP, die ja gewählt werden wolle. B erklärt, dass es anders zu bewerten wäre, wenn die PKK die Vorgabe mache, die HDP zu wählen, als wenn diese nur gewählt werde, weil sie als gut befunden würde.

V1 macht einen Vorhalt bezüglich der Massaker in Silope und […]. B erklärt, dass ihm die Ortsnamen nichts sagen würden.

V1 fragt, was zusammenfassend aus dem letzten Erkenntnisstand gesagt werden können, welche Forderungen der türkischen Regierung erfüllt sein müssten aus türkischer Sicht für eine Lösung der Kurdenfrage. B kann mit der Frage nichts anfangen. R1 fügt hinzu, ob zum Beispiel Regierungserklärungen o.ä. bekannt seien. B verneint.

Die V beendet ihre Befragung des Zeugen B. B wird unvereidigt entlassen.

Die Verhandlung wird kurz unterbrochen. R1: “Mal sehen, ob wir noch was beschließen.

R1 erklärt, dass es noch vier offene Anträge gebe, wovon zwei jetzt beschlossen werden würden.

Es folgt der Beschluss bezüglich des Antrages auf Aussetzung des Verfahrens und Aussetzung der Haft, verlesen durch R2. Der Antrag wird abgelehnt. Als Gründe werden u.a. genannt.

  • Der Antrag auf Aussetzung der Verfolgungsermächtigung tangiere dieses Verfahren nicht
  • Formelle Bedenken gegen die Verfolgungsermächtigung würde nicht bestehen
  • Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, Verfolgungsermächtigung willkürlich erfolge
  • Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stelle keinen Grund zur Aussetzung der Haft dar, da:
    • Dringender Tatverdacht weiterhin bestehe
    • Ebenso Fluchtgefahr –> keine familiäre Bindung, Gefahr, dass A sich dem Verfahren entziehen könne, außerdem würden Kontakte im Ausland bestehen
    • Die Untersuchungshaft sei nicht unverhältnismäßig, da es sich um ein beschleunigtes Verfahren handele und eine zügige Wahrheitsfindung angestrebt sei

V1 kündigt eine Erklärung nach § 257 StPO zu der Vernehmung des Zeugen B zum nächsten Verhandlungstag an.

Es folgt der zweite Beschluss bezüglich des Antrags auf Einbeziehung der Akten des Verfassungsschutzes und der Akten aus drei weiteren Strafverfahren. Auch dieser wird abgelehnt. […]

R1 gibt abschließend noch bekannt, dass zum nächsten Termin am 11.11.2016 Fr. M als Zeugin geladen sei.