Zu empfindlich für Rassismus am Arbeitsplatz?

Am 24. Oktober wurde vor dem Berliner Arbeitsgericht die Klage einer Schwarzen Frau verhandelt. Julia S. (Name geändert) wurde durch ihren Arbeitgeber, einem Betreiber von Dating-Webseiten, gemaßregelt, weil sie sich geweigert hatte, einen Artikel zum Thema „How to date a Black Woman“ zu veröffentlichen. Der Konflikt führte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Nun klagte Julia S. auf Entschädigung, da sie aufgrund des rassistischen Klimas und Druck seitens ihrer Arbeitgeber nicht mehr dort arbeiten könne.

In einer beeindruckenden Stellungnahme erklärte sie, warum sie sich geweigert hatte solch einen rassistischen Artikel zu veröffentlichen und wie groß der Verlust einer von ihr bis zu dem Vorfall gerne verübten Arbeit war: „Ich bin nicht hier wegen eines rassistischen Angriff auf der Straße. Aber was ich in dieser Firma erlebt habe, ist nicht weniger schmerzhaft. Und ich kann das sagen, weil ich beides erfahren habe. Es ist sogar besonders schmerzhaft, weil es an meinem Arbeitsplatz stattfand. Dieser sollte sicher für alle sein, egal welcher Hautfarbe.“ Des Weiteren sagt sie: „Die Firma [hat] es unterlassen, mich gegen Diskriminierung zu schützen. Stattdessen war ich aufgrund meiner Einwände auch noch Belästigungen von ihrer Seite ausgesetzt. Zum Beispiel, als mein Manager mir sagte, meine Meinung zähle nicht, weil ich Schwarz sei.“

Der Richter hatte eindeutig Schwierigkeiten zu verstehen, warum solch ein Artikel die Sexualität von Schwarzen Frauen rassifiziert und die Aufforderung, ihn zu veröffentlichen, die Klägerin verletzt hat. So äußerte er gleich zu Beginn der Verhandlung auf passiv-aggressive Weise seine Verwunderung darüber, dass die Klägerin für ein Online-Dating-Unternehmen arbeiten wollte, wenngleich sie ja in diesem Bereich so empfindlich sei. Ein Paradebeispiel für Victim-Shaming. Auch der ehemalige Arbeitgeber und sein Anwalt wollten offenbar nicht verstehen, warum der Artikel und der Umgang mit Julia S. problematisch ist. Sie erklärten, es arbeite ja auch ein Jude und ein orthodoxer Moslem für die Firma. Letzterer weigere sich, manche Arbeit zu verrichten, aber das sei für den Geschäftsführer kein Problem. Für Julia S. hätte es diese Möglichkeit aber nicht gegeben, da sie aufgrund ihrer beruflichen Position im Unternehmen stets mit ähnlichen Artikeln zu tun gehabt hätte und auch in der Öffentlichkeit mit ihrem Namen mit diesen Artikeln in Verbindung gebracht worden wäre. Hoffnung gibt, dass sich Julia S.‘ Team nach Diskussionen hinter sie stellte und sich geschlossen weigerte, den Artikel zu veröffentlichen.

Der Richter drängte auf einen Vergleich. Der Geschäftsführer bot eine „Prämienzahlung für besondere Belastungen zum Ende des Geschäftsverhältnisses“ von 5000€ ohne zu zögern an. Für Julia S. war jedoch eine Entschuldigung seitens der Firma Voraussetzung um einer Einigung ohne Urteil zuzustimmen. Hierzu war der Geschäftsführer jedoch nicht bereit, da er bei sich selbst keinerlei rassistische Gesinnung sehe. Julia S. lehnte daher das angebotene Geld ab. Hier zeigt sich, wie Unternehmer versuchen, sich von ihrer Verantwortung für rassistisches Verhalten freizukaufen. Julia S. nahm das Angebot mit einer Berufungsfrist von zwei Wochen an, da sie erst überlegen muss, ob sie die Kraft hat, sich auf eine weitere zermürbende Gerichtsverhandlung und psychischen Stress einzulassen. Sie wurde im bisherigen Verfahren vom Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des TBB (ADNB) und Each One (EOTO e.V.) begleitet und unterstützt.