Verfahren gegen Hıdır Yildirim – 5. Verhandlungstag

05.10.2017, Kammergericht Berlin

Anwesend: 2. Strafsenat (R1, R2, R3), GStA, Verteidigung (V1, V2), Hıdır Yildirim (HY), Dolmetscher*in, vier Justizbeamt*innen, neun Prozessbeobachter*innen, Pressevertreter

R1 verliest den Beschluss zum Widerspruch der Verteidigung zur Selbstleseanordnung.

Zeuge Becker (B), 1. Kriminalhauptkommissar BKA

R1 fragt, in welchem Bereich B beim BKA tätig sei. B gibt an, dass er seit 2003 in Ermittlungsverfahren bezüglich der PKK tätig sei, dazu gehörten Personen- sowie Strukturverfahren. […] B schildert, dass das BKA mit den Ermittlungen beauftragt worden sei, nachdem der BGH 2011 beschlossen habe, dass die PKK nicht mehr als kriminelle Vereinigung sondern als terroristische Vereinigung im Ausland verfolgt werde. B habe dann die Ermittlungen übernommen. Dazu habe er die Erkenntnisse aus vorherigen Verfahren bezüglich des PKK-Funktionskörpers mit einbezogen. Nachdem die Verfolgungsermächtigung durch das Bundesamt für Justiz ergangen sei, seien Personenverfahren aufgenommen worden. 2010 habe es in Belgien ein Verfahren mit gleicher Zielrichtung gegeben, daher habe B mit den belgischen Kollegen Informationen ausgetauscht. Der Schwerpunkt des belgischen Verfahrens habe auf Unterlagen des sogenannten Finanzbüros der PKK gelegen, woraus sich auch ein Überblick über die Struktur ergeben hätten. Weiterhin habe B Unterlagen vom Verfassungsschutz angefordert. Darin sei es im Wesentlichen um Erkenntnisse über jährliche Kongresse und Anweisungen, welche über das Internet erteilt worden seien, gegangen.

R1 bittet B einen kurzen Abriss zur Geschichte der PKK darzustellen. B gibt an, die PKK sei 1978 durch A. Öcalan gegründet und dann zur Zeit des Militärputsches verboten worden, bei dem Jahr ist B sich unsicher. 1984 sei dann der bewaffnete Kampf aufgenommen worden, die Gerîla sei gegründet worden. 1986 sei dann die Teilorganisation in Europa gegründet worden. B nennt weiterhin Umbenennungen dieser und anderer Teilorganisationen mit zugehörigen Jahreszahlen. R1 fragt nach dem KCK-Exekutivrat. B erklärt, es habe 2013 eine Änderung gegeben, demnach sei eine Doppelspitze für alle Führungspositionen eingeführt worden. KCK sei eigentlich das Führungsgremium nach der Inhaftierung Öcalans, vergleichbar mit einer Regierung, es gebe auch ministerienähnliche Gruppierungen. Weiterhin erklärt B, dass Kongra-Gel das oberste Beschlussgremium des KCK-Systems sei. Dieses sei die Delegiertenversammlung der Partei. Es seien „staatstypische Organisationselemente“ geschaffen worden, z.B. ein judikatives System. Zusätzlich gebe es noch autonome Organisationen, die Streitkräfte HPG, Frauenorganisation und Jugendorganisation. Diese seien spiegelbildliche Teilorganisationen mit eigenem Führungsgremium. Zur Einführung des KCK-Systems sei eine Satzung verabschiedet worden- das KCK-Abkommen. Darin sei alles beschrieben.

R1 fragt nach den Strukturen in Europa. B erklärt, dass der verlängerte Arm der PKK in Europa KCDK-E sei. Infolge der Umbenennung, habe es eine Umstrukturierung gegeben und Deutschland sei seit 2011 in 28 Gebiete eingeteilt worden, welche sich zudem nochmal in Räume und Stadtteile untergliedern würden. Bis 2012 habe es drei Sektoren in Deutschland gegeben, dann seien im Rahmen der Umstrukturierung die Sektoren Süd I und II entstanden. Dann erklärt B, welche Gremien wie viele Personen umfassen würden. Nach der Umstrukturierung seien die Gremien und Strukturen eigentlich nicht verändert worden. Die Kommunikation sei gleich geblieben, das hätten sie anhand der vom BKA überwachten [Internet-]Postfächern feststellen können. Die Gebiete und Sektoren würden von hauptamtlichen Kadern geleitet. Diese würden keinem anderen Beruf nachgehen. Die Kader würden auf den jährlichen Kongressen bestimmt. R1 hakt nach, wer sie bestimme. B erklärt, dass laut festgestellten Schriftstücken die Leute aus dem Plenum gewählt werden würden. In den Statuten des KCK-Abkommens heiße es jedoch, dass die Koordination Personen in Gremien heben könne. Es bestehe die Möglichkeit der Wahl und der Ernennung, tiefergehende Erkenntnisse habe B nicht. R1 erklärt, dass die Anklage HY vorwerfe als Nachrücker in die Gebietsleiter (GL)-Position gekommen zu sein. R1 möchte wissen, ob ein solches Prozedere bekannt sei. B erklärt, dass bekannt sei, dass wenn GL Posten verlassen, diese Posten neu besetzt werden würden. Der GL habe ja Aufgaben, die übernommen werden müssten. Dabei gehe es um die Organisation von Veranstaltungen, Spendengeldsammlungen, Schulungen. Wenn der Kader nicht mehr da sei, müsste dies ja jemand übernehmen.

Es gebe Erkenntnisse aus einem Verfahren (Çiftçi aus Saarbrücken), dass das der Raumverantwortliche gemacht habe. Es habe auch Vorfälle gegeben, dass der Sektorleiter (SL) ausgefallen sei, dann habe der Gebietsleiter übernommen. R1 fragt, ob B noch erinnerlich sei, für welchen Zeitraum der Raumverantwortliche die Aufgaben des GL übernommen habe, Wochen/Monate? B erinnere sich nur noch an Çiftçi, wo das für eine längere Zeit der Fall gewesen sei. Das müsse sich aber aus den personenbezogenen Ermittlungen ergeben. R1 fragt, wer solche Entscheidungen treffen würde, dass der Gebietsleiter die Aufgaben für den Raumverantwortlichen übernimmt. B antwortet es sei die Sektorleiterkoordination. R1 fragt weiter nach dem Zentrum der PKK in Europa. B gibt an, dass sich die Leitungsgremien jährlich auf einem Kongress treffen würden, die Exekutive habe ebenfalls Treffen, die Koordination halte sich in Belgien auf. Dort gebe es ein Zentrum, wo sich auch der kurdische Nationalkongress aufhalten würde. R1 fragt nach dem räumlichen Gebiet Sachsen. B gibt an, dass dieses aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen bestehe. GL hätten entsprechende Kontakte zu dem SL, die Europaführung kommuniziere jedoch auch teilweise mit den GL, wenn dieser Kontakt bestehe, dann sei die Funktionärstätigkeit eigentlich anzunehmen. Die PKK habe eine bestimmte Agenda bezüglich jährlichen Veranstaltungen: Newroz, Hüseyin Çelebi Festival, Maslum Doğan Festival. Alle Gebiete seien angehalten die Organisation zu unterstützen, durch Busse, Ticketverkauf, Versorgung für die Veranstaltung. Anlässlich von Feiertagen der PKK würde bestimmten Veranstaltungen durchgeführt, bspw. zur Gründung der PKK, Festnahme Öcalans, Aufnahme des bewaffneten Kampfes. B berichtet auch von Veranstaltungen, bei welchen erwirkt werden solle, dass das Vereinsverbot aufgehoben oder die PKK von der Terrorliste gestrichen werde. Dazu gebe es Demos, an deren Organisation die Gebiete beteiligt seien.

R1 fragt nach einer wiederkehrenden Veranstaltung im Januar in Paris. B nennt als Anlass die Ermordung der drei PKK-Aktivistinnen, wofür der türkische Geheimdienst beschuldigt werden würde. B kann sich zunächst nicht an das genaue Datum erinnern. R1 fragt nach Kommunikationswegen. B nennt Mobiltelefone, wobei die eigentlichen Anschlussinhaber nicht als solche registriert seien. Weiterhin gebe es Email-Postfächer. Erst seien von dort aus Emails verschickt worden, dies habe sich jetzt aber geändert. In der Regel würden die Mails nicht mehr verschickt, sondern Personen würden einfach auf das Postfach zugreifen. Mittlerweile sei es auch so, dass Dinge durch persönliche Treffen weitergegeben werden würden.

R1 fragt nach dem Berichtwesen und ob es diesbezüglich eine Pflicht gebe. B bejaht, es gebe eine Berichtspflicht, monatlich bezüglich Finanzen und halbjährlich bezüglich der Gebiete, was aus der Jahresplanung umgesetzt worden sei. Gesondert werde über die Finanzaktivitäten berichtet werden, alle Einnahmen müssten weitergegeben werden. Die GL würden an den SL berichten, welcher die Berichte zu einem Sektorbericht zusammenfassen würde. R1 fragt, wovon die Kader leben würden. B erklärt, dass hauptamtliche Kader, also ab GL-Ebene aufwärts von der Organisation monatlich finanziert werden würden. 2010/2011 seien das 400-450 € gewesen. In der Regel hätten die Kader keinen festen Wohnsitz, also auch keine Ausgaben für Miete. Außerdem würden sie in keinem anderen Arbeitsverhältnis stehen. Wenn Kader jedoch Sozialleistungen beziehen würden, würden sie nicht noch zusätzlich Geld von der Organisation erhalten. Das Gehalt steigere sich nach oben, der Leiter des Kongra-Gel bekomme 3000-3500€. Reisekosten würden ebenfalls von der Organisation übernommen. Bezüglich der Ebene der Raumverantwortlichen (RV) gebe es Erkenntnisse aus einem GL-Ermittlungsverfahren, dass es dort keine Rotation gebe, die RV seien meist familiär gebunden, hätte eine Arbeitsstelle, sie würden RV-Tätigkeit also ehrenamtlich machen, deshalb seien es „halbprofessionelle Kader“.

R1 fragt nach der Geschichte des Grundkonflikts zwischen der PKK und der Türkei und gibt das Stichwort „Waffenstillstand“. B erklärt, dass nachdem die Zahl der Anschläge 2012 gestiegen sei, Öcalan 2013 zu Newroz eine Friedenserklärung abgegeben habe. Es habe dann 11 Aktionen im Jahr 2013 gegeben. Es sei ein Waffenstillstand verkündet worden, trotzdem habe es Auseinandersetzungen gegeben. Das Staudammprojekt sei weiter fortgeführt worden und Grenzbefestigungen seien vom türkischen Staat weiter ausgebaut worden. Im Sprachgebrauch der PKK Gerîla sei es erlaubt sich zu verteidigen während eines Waffenstillstandes. Es habe Aktionen gegen Staudammbau und den Ausbau von Grenzbefestigungen gegeben, wobei es zu Drohungen gegenüber Bauarbeitern und einen Angriff auf Posten gekommen sei. […] R1 hält vor, dass es im Tatzeitraum 2013-2014 laut Anklageschrift einen Anschlag gegeben habe: 15.11.13 Nusaybin, HPG habe ein Fahrzeug der türkischen Armee beschossen, kein Personenschaden, als Warnung zum Zweck der Verteidigung. B erklärt, dass die PKK das als Angriff der türkischen Armee werte, wogegen sie sich verteidigen würde. R1 hakt nach, ob es sich auch um einen Schusswechsel gehandelt haben könne, welcher durch die türkische Armee begonnen worden sei. B erklärt, dass es ja über Aktionen eine Meldung gebe, soweit sie dies feststellen könnten, würden sie es auch dokumentieren. R1 fragt, ob für die Liste der Anschläge Medienberichte die maßgebliche Grundlage darstellen würden, und wenn ja, welche. B gibt an, dass es sich um PKK-Medien handele, die HPG-Website, yeni özgur politika, firat news und dann kämen noch weitere Medien hinzu, die auch noch darüber berichten würden, dies jedoch erst in der Zweitrecherche. […] B gehe davon aus, dass der Angriff so stattgefunden habe. R1 fragt, welche Seite angefangen habe. B erklärt, dass wenn ein Transport von A nach B fahre, dann komme der Angriff in der Regel von der anderen Seite und nicht von dem Transport. R1 fragt nach dem Grund für das Ende Friedensprozesses. B erklärt, dass die türkische Regierung 2014/2015 die komplette Entwaffnung der HPG und den Rückzug der PKK aus türkischem Staatsgebiet gewollt habe, was aber nicht erfolgt sei. Es habe dann ein Vorgehen des türkischen Militärs gegeben. Die PKK hingegen habe politische Zugeständnisse gewollt. Die Rhetorik habe sich verschärft. Dann habe es einen Anschlag auf Jugendliche in Suruç gegeben. Die Regierung habe den IS dafür verantwortlich gemacht, die PKK die türkische Regierung. Dann seien zwei Polizisten getötet worden, die türkische Regierung habe die PKK dafür verantwortlich gemacht. […] In etwa komme es seitdem zu 200 Anschlägen halbjährlich. […]

Der GStA fragt nach dem 25.05.2014, wo eine Miene zur Explosion gekommen sei bei vorbeifahrenden LKWs. […] GStA fragt, ob B ein Bericht von 2013 in Erinnerung sei. B erklärt, dass die Organisationspostfächer überwacht worden seien und sie deshalb einige Berichte hätten sicherstellen können. B habe dies jedoch nicht überwacht. Es habe aber eine Menge Gebiets- und Sektorenberichte gegeben, die Anzahl wisse B aber nicht. GStA fragt konkret nach dem Bericht vom August 2013 von Mehmet Demir/Karaman (K). B erklärt, dass Mehmet Demir Karaman sei, dieser sei SL Nord gewesen. Zum Sektor Nord gehöre auch Sachsen. GStA fragt, ob das Gebiet Sachsen „vom Ranking her“ ein geübtes oder ungeübtes Gebiet sei. B erklärt, dass sich die Schwerpunkte nach der Population der Kurden richten würden, d.h. es gehe eher um NRW, Hamburg, Berlin, Stuttgart. Sachsen sei eher nachrangig, aber das sei auch schwer einzusortieren. GStA fragt weiter zu Erkenntnissen bzgl. Pkk-Strukturen in Polen. Nach B sei bekannt, dass Polen und Tschechien Strukturen hätten, die an die Strukturen in Deutschland angegliedert seien. In der Vergangenheit sei es z.B. auch schon mal so gewesen, dass Dänemark zum Sektor Nord gehört habe. GStA fragt, ob es auch andere Unterstützung neben der für Reisekosten gegeben habe, Stichwort Fahrzeuge. B erklärt, dass gemeinsame Anfahrten organisiert werden. Kader würden die Bundesbahn sehr viel nutzen. GStA fragt, ob bekannt sei, dass Autos von Unterstützern gestellt werden würden. B bejaht.

V2 fragt nach den Autos, welche zur Verfügung gestellt worden seien und ob diese für Einzelfälle oder dauerhaft zur Verfügung gestellt worden seien. B erklärt, dass sie einen PKW gesichtet und den Halter festgestellt hätten. Bei Kontrollen an der Grenze hätten sie gewusst, wer drin gesessen hätte. Ein GV habe in der Regel kein Auto. V2 fragt weiter nach Erkenntnissen, dass der GL ein Auto zur Verfügung gehabt habe. B könne nicht sagen, wie oft sich GVs Autos leihen würden. PKWs würden nur aufgenommen werden, wenn es mal mitgekriegt wurde. So könne er keine Angaben machen über PKWs, die dauerhaft zur Verfügung standen.

V2 fragt, ob B konkrete Erinnerung daran habe, dass Sachsen in Berichten erwähnt wurde. B sagt, dass Sachsen immer in den Berichten drin stehen würde, aber dass er keine konkrete Erinnerung habe, was dort drin stand. V2 fragt nach dem Bericht, bei dem die türkische Regierung die PKK für das Töten von 2 Polizisten verantwortlich macht und ob es solche Beschuldigungen immer noch gebe. B gibt an, dass er dieses nicht wisse. V2 fragt, was aus dem Verfahren Çiftçi geworden sei. B gibt an, dass es zu einer Verurteilung wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz gekommen sei. V2 fragt, ob es konkrete Erkenntnisse dazu gegeben habe, wenn der GL nicht mehr da sei, wer dann bezüglich der Aufgabenübernahme entscheide, Sektorebene oder Koordination. B gibt an, dass dies nur eine Schlussfolgerung von ihm gewesen sei. V2 geht auf die Befehlskette von Sektoren zu Gebieten ein und möchte wissen, ob die Europaführung auch konkreten Kontakt zu den Gebietsleitern habe, wie das im Verfahren Çiftçi der Fall gewesen sei. B erklärt, dass er nur mit der Struktur beschäftigt sei und mit den Personenverfahren nichts zu tun habe. V2 gibt an, dass 2011 28 Gebiete, jetzt 31 Gebiete verzeichnet seien und möchte wissen, ob diese durchgängig besetzt seien mit GLs. […] V2 fragt, ob es einen typischen Sprachgebrauch gegeben habe, wie SL genannt worden seien. B sagt, sie seien „großer Abi“ genannt worden. B meint, dass „Abi“ „Freund“ heiße. Die Dolmetscherin ergreift das Wort und erklärt, dass „Abi“ bereits „großer Bruder“ heiße, also „großer Abi“ dementsprechend übersetzt werde mit „großer großer Bruder“.

V2 fragt, ob die Dokumentation der überwachten Medien lückenlos sei. B antwortet, dass er sich auf die Presseauswertungen des Verfassungsschutzes stütze. Er schaue sich dann deren Quellen an und ziehe sich daraufhin die Originalzeitungen, die für die Ermittlungen relevant seien und ließe diese übersetzen. V2 fragt nach möglichen Kriterien für ‚relevante‘ Dokumente. B erklärt, dass für ihn Verlautbarungen von der Führung, vom Kongress, Bekennungen zu Anschlägen interessant seien. Kleine Veranstaltungen seien nicht verfahrensrelevant. V2 fragt, ob auch Berichte von Menschenrechtsorganisationen oder Anwaltsvereinen als relevant erscheinen und ausgewertet werden würden. B antwortet, dass dies getan werde, sofern es für die Ermittlungen relevant sei.Beispielsweise wenn Dinge wie ‚PKK führt Aktion durch weil Erdogan das und das gemacht hat‘ erwähnt würden.

V2 führt aus, dass ja schon bevor die Verfolgungsermächtigung ergangen sei, Strukturakten angelegt worden seien. V2 möchte diesbezüglich wissen, was genau dem Bundesministerium vorgelegt worden sei zur Beantragung der Verfolgungsermächtigung. B wisse nicht, worum es sich genau gehandelt habe. V2 hakt nach, ob B keine Erinnerung habe, ob es eine Anfrage gegeben habe mit dem Auftrag „Stellen Sie Material zusammen“. B habe keine Erinnerung daran, ob sie selektiv etwas zusammengestellt hätten oder nicht. V2 fragt weiter nach Erkenntnissen hinsichtlich der Betreiber und des Standortes des Servers der HPG-Website. B gibt an, dass dies von Kollegen ermittelt und festgestellt worden sei, dass er sich aber an die Ergebnisse nicht erinnere.

V2 fragt dem schon angesprochenen Anschlag am 15.11.2013, welcher in der Anklageschrift aufgeführt sei, konkret nach den Fahrzeugen, die von der HPG beschossen worden seien und ob es Erkenntnisse darüber gebe, ob die Fahrzeuge getroffen wurden. B sagt, darüber gebe es keine Erkenntnisse. V2 fragt, ob es Versuche gegeben habe von der PKK, eine völkerrechtliche Anerkennung zu erlangen. B sagt, dass er wüsste, dass es solche Versuche gegeben haben soll. V2 fragt, wie die HPG strukturiert sei und wie sie auftrete. B antwortet, dass er übergeordneter Sachbearbeiter sei und sich mit diesem speziellen Thema andere Sachbearbeiter befassen würden. Er selbst würde nur seine Arbeit ergänzen. Es gebe Kenntnisse zur Struktur, diese sei vielfach niedergeschrieben und benenne Führungsgremien, Einbindungen etc.. Außerdem sei ein Laptop in Sachsen beschlagnahmt worden. Hierauf habe sich ein Dokument befunden, eine Grafik, welche zeige, wie der KCK organisiert sei. Es seien graphisch Untergliederungen dargestellt. Es sei möglich dass sich die Struktur jedoch in den letzten Jahren verändert habe und es beispielsweise andere Gremien gebe. Die HPG habe einen politischen und militärischen Führer sowie Bereichskommandeure. Die Gerîla sei in Gebiete unterteilt. V2 fragt, ob die Gerîla durchgängig uniformiert auftrete. B antwortet, dass es eine grüne einheitliche Kleidung gäbe mit einer Weste darüber. Er wisse aber die Bezeichnung nicht, es handele sich aber bestimmt um einen kurdischen Begriff. V1 fragt nach Erkenntnissen, ob Struktur, die B der PKK zuordne im Zeitraum 08/13 – 04/14 Versammlungen oder Spendengeldsammlungen aus dem Strukturgebiet der PKK durchgeführt habe, die nicht die Zielrichtung Türkei gehabt haben. B nennt Kongressbeschlüsse 2013/2014, wonach große Aktivitäten entwickelt worden seien zur Unterstützung kurdischer Gebiete, z.B. von Kobane. Des Weiteren seien handschriftliche Notizen des SL Nord gefunden worden, worin es um Sammlungen für Kobane, also für Syrien gegangen sei.

V2 fragt, welche Erkenntnisse bei der Durchsuchung in Belgien 2010 gewonnen wurden und fragt auch nach Asservaten. B antwortet, es habe sich um Durchsuchungen des Vereins, eines Schulungsorts und eines Finanzbüros gehandelt haben. Auch seinen im Tresor in Wohnungen von Personen Dinge sichergestellt worden. Es handele sich hierbei um Datenträger (Laptop und USB-Sticks), Berichte, handschriftliche Aufzeichnungen, im Wesentlichen die Finanzunterlagen, woraus die Einnahmen und Ausgaben der Teilstrukturen hervorgehen würden. Hieraus haben sich sich beispielsweise Erkenntnisse zur Finanzierung der Vereine ergeben. Außerdem habe es ein Schreiben des Leiters des Finanzbüro gegeben sowie Aufzeichnungen, welche die Strukturen von der PKK in Europa und deren Teilstrukturen zeige. Somit habe es Erkenntnisse über Initiativen und Vereine gegeben. Es sei weiterhin ein Strategiepapier gefunden worden woraus Informationen zu Selbstmordanschlägen in der Türkei hervorgingen. V2 fragt, welche Ausgaben das größte Gewicht ausmachten. B antwortet, dass das meiste in Medienanstalten, wie beispielsweise Fernsehsender gehe. Diese seien teilweise in der Türkei und teilweise in Europa ansässig. Einigen Medien sei die Sendelizenz entzogen worden (z.B. in Dänemark) oder sie seien verboten worden […]

V1 fragt, was aus [Name unverständlich] geworden sei. B erwidert dass gegen die Person Anklage erhoben worden sei, welche seiner Erkenntnis nach nicht zugelassen wurde. Grund hierfür sei gewesen, dass der Strafrechtsparagraph in Belgien nicht anwendbar gewesen sei im Bezug auf die gegenwärtige Situation in der Türkei. V fragt, wie er als BKA-Beamter an Daten aus Belgien gelangt sei. B antwortet, dass er dies bereits in Hamburger Verfahren erläutert habe: Er habe mit Kollegen aus Belgien gesprochen, es sei eine „Wunschliste“ von gewünschten Daten angegeben worden und daraufhin habe der belgische Kollege eine Festplatte mit ausgewerteten Daten bespielt und ihm gegeben. V fragt, ob die ihm ausgehändigten Dateien verändert worden seien (z.B. Namen der Dateien) und ob die Cachewerte identisch gewesen seien. B bejaht dies. Auf der Festplatte sei beispielsweise ein Bericht gespeichert gewesen. Er habe die Cachewerte verglichen und diese seien identisch gewesen. V macht auf den Widerspruch zur Aussage vom Zeugen Calvas aufmerksam.

Mittagspause

V1 fragt, ob eine Recherche unternommen worden sei zur Situation der kurdischen Bevölkerung in der Türkei im 19. Jahrhundert, also vor der PKK-Gründung. B verneint. V1 fragt weiterhin, ob die Verleugnung von Kurd*innen, die Bezeichnung als „Bergtürken“ und Verbot der Sprache bekannt war. B antwortet, dass ihm Verleugnung bekannt gewesen sei, er den Begriff „Bergtürke“ schon mal gehört habe, ihm aber nicht klar gewesen sei, dass die kurdische Sprache verboten worden sei. V1 fragt weiter wie der Beschluss des BGH formuliert gewesen sei, was als be- und entlastend gelte. B erwidert, dass er die Formulierung nicht wisse, allerdings würden Straftaten, welche durch die PKK begangen würden verfolgt. Es sei relevant zu erfahren wer Täter sei, welche Strukturen es gebe und wer mit mache. V1 fragt was B unter entlastenden Umständen verstanden habe. B nennt die persönliche Verfolgung von Angeklagten, was allerdings in den Personen- und nicht im Strukturverfahren erhoben werde. V1 weisst daraufhin, dass eine Organisation wie die PKK nicht aus dem Nichts entstehe und fragt ob entlastende Umstände im Strukturverband gebe. B bezeichnet dies als ’nicht relevant‘. V1 fragt weiter, ob B den Vertrag von Lausanne als nicht relevant empfinde und ob B wüsste, wie Grenzen zwischen Kurdistan zu Stande gekommen seien. B sagt, dabei handele es sich jetzt um Allgemeinbildung. Die Grenzen seien durch den Nachkriegsvertrag nach dem 1. Weltkrieg zustande gekommen. Der Vertrag sei zwischen der Türkei und den westlichen Mächten geschlossen worden. Mehr wisse er nicht darüber. V2 nennt das Gründungsjahr der PKK 1978 und fragt, ob B Kenntnisse zum Militärputsch 1981 bekannt seien. B wisse, dass es einen Putsch in der Türkei gab, wodurch wieder demokratische Verhältnisse eingetreten seien. V1 nennt das Jahr 1984 als Zeitpunkt, an dem die PKK den bewaffneten Kampf aufgenommen habe und fragt B, ob er wisse, in welcher Form der Kampf vom türkischen Staat aufgenommen worden sei. [Anm.: Immer nachdem der V1 seine Herleitung zur Frage formuliert, schreitet R1 harsch ein und fordert V1 dazu auf, eine konkrete Frage zu stellen oder erklärt, der Zeuge B könne die Frage nicht beantworten oder habe sie bereits beantwortet] B antwortet, dass die PKK 1984 Angriffe auf staatliche und militärische Einrichtungen durchgeführt habe worauf es bestimmt Gegenwehr von Seiten des türkischen Staates gegeben habe. V1 geht auf den Zeitraum von 1984 ein und fragt, ob B etwas über die Festnahme von 30000 Menschen und das Gefängnis Nr. 5 bekannt sei. B verneint. V1 fragt, ob B etwas über die ezidische Bevölkerung 2014 im Sindschar-Gebirge gehört habe. B sagt es habe Verlautbarungen gegeben, dass die PKK die ezidische Bevölkerung vor dem IS habe schützen können. Es sei ein Fluchtkorridor vor dem IS freigemacht worden. V1 fragt weiterhin, ob B Informationen dazu habe, dass der IS und Al-Quaida durch die türkische Regierung unterstützt worden seien? B sagt, dass es dazu keine Ermittlungserkenntnisse gebe.

V1 fragt, ob B etwas vom Paradigmenwechsel in Gestalt auf politische Ziele der PKK wisse. B antwortet, dass ihm davon nichts bekannt sei und dass der Wandel hinsichtlich politischer Ziele  eine Bewertungssache sei. Er könne nur von Erkenntnissen berichten, aber der Begriff sage ihm nichts. Er könne nur gemäß seiner Interpretation sagen, dass es in den letzten Verlautbarungen des Nationalkongresses um die Formulierung eines Nationalstaates gehe. Es solle um das Konzept des Demokratischen Konförderalismus als Selbstverwaltung im Einklang mit dem Nationalstaat gehen. Es handele sich um Selbstverwaltung, die wie B es sehe in Richtung des sowjetischen Modells gehe. Dies gehe aus dem KCK-Vertrag von 2013 hervor, welcher 2013 im Zuge des Verfahrens gegen Ahmet Çelik gefunden worden sei. V1 fragt, was Demokratischer Konförderalismus sei. B sagt, dass es Selbstverwaltung auf dem Gebiet von 4 Staaten geben solle durch die Organisation, die über staatstragende Elemente verfüge. Es sollten eigene Steuern erhoben werden, eine eigene Staatsbürgerschaft geben. Das ginge aber nicht ohne Zustimmung der dort bestehenden Staaten und B habe sich schon immer gefragt, wie das gehen solle. Es sei somit klar, dass der eigene Nationalstaat das eigentliche Ziel der Selbstverwaltung sei. V1 nennt den demokratischen Gesellschaftskongress DTK und sagt, dass dieser Vertreter in die Türkei entsende. B wird gefragt, ob ihm die Ziele der PKK bekannt seinen, Parlamentsabgeordnete des KCK in das türkische Parlament zu entsenden. B verneint, worauf V1 ihn auf die Ziele hinweist ‚[… ] Vielfalt, Demokratie nicht nur für die Kurden sondern gesamte Türkei anzustreben‘. B sagt, dass er schon mal davon gelesen habe aber nichts weiter wisse.

V1 fragt, welche Form von Organisierung in Europa B feststellen konnte, seit er 2011 anfing zu ermitteln, ob es Räte gegeben habe, wurden Namen geändert etc.. B antwortet, dass das Beschlussorgan der Volksrat sei, also somit ein Rat. Außerdem gebe es Vereine und Volksräte. KCK sei die Struktur insgesamt. Europa sei also ähnlich strukturiert wie Kurdistan. V1 fragt, ob B wisse, wer in diesen Volksrat entsandt würde, wie die Abgeordneten zusammengesetzt seien. B sagt, er könne es nicht genau sagen, aber wahrscheinlich von offiziellen Parteianhängern. Dies seien Menschen, die in dem Gebiet leben oder ihren Wohnsitz hätten. Es könne jeder daran teilnehmen, der mitmachen wolle und sich dem KCK-System verbunden fühle. V1 fragt, ob es dabei auf ethnische Zugehörigkeit ankomme. B antwortet, dass die Erkenntnis von 2015 sei, dass es offen sei für jeden. Wie groß die Beteiligung ist kann B nicht beantworten. V1 fragt, ob die Entscheidungsstruktur von unten nach oben oder von oben nach unten sei und wie die Entsendung ablaufe. B antwortet es sei beides, indem ein Rat gebildet werde und aus dem Rat die Führung bestimmt würde. DKTM solle ein Zusammenschluss zwischen den Volksräten und den ehemaligen Vereinen sein. Es solle sich ein Kongress bilden, […]V1 fragt nach der Definition von Kadern. B antwortet er meine mit Kadern Funktionäre in der von ihm bereits beschriebenen illegalen Struktur. Frontarbeiter könnten auch so genannt werden oder Menschen, die für ein Jahr weggehen. PKK- und KCK-Kader sollten nicht identisch sein. Cemil Bayik sei aber faktisch Vorsitzender des Exekutivrats der KCK und auch der PKK. V1 hakt nach, wo in den Ermittlungen ein Unterschied gemacht werde zwischen KCK- und PKK-Kadern und ob als PKK die Kader ab GL aufwärts gelten würden. B bejaht dies und fügt hinzu, dass als PKK-Kader jene gemeint wären, die als ideologische Vorreiter der Ideologie von Öcalan gelten würden. In den Gremien sollten 40 % Frauen vertreten sein. Strukturell solle von unten nach oben entschieden werden. In der Praxis sei dies aber anders und eine Kollision ersichtlich. V1 fragt, ob es fürs Kader-sein Voraussetzungen einer politischen Schulung geben würde. B bejaht, aber kann nicht genau sagen, inwiefern das stattfinden würde. Er sagt, er würde jetzt spekulieren, dass sie dafür in die Berge fahren würden.

V1 fragt nach Yek-kom und einem europäischen Zusammenschluss, worauf B Kon-Kurd nennt. V fragt, was aus  geworden sei. B sagt, dass es 2013 einen Kongress des CDK gegeben habe und dass es seitdem einen anderen Namen geben solle. Es habe einen konföderalen Zusammenschluss der Vereine mit den bestehenden CDK-Strukturen gegeben. Der Zusammenschluss auf deutschlandweiter Ebene sei zu Navdem geworden und der auf europaweiter Ebene KCDK-E. CDK sei seitdem nur noch in Frankreich aufgetreten, als CDK-F. Die Namensänderung habe an der Struktur jedoch wenig verändert, allerdings habe es nun mehr Delegierte gegeben, von 160 auf 300 Delegierte von CDK zu KCDk-E. […] Der Kongress würde das Führungsgremium des KCDK-E darstellen. Kon-Kurd sei dabei der europäische Dachverband gewesen, welcher national untergliedert sei. Ob es in dem Rahmen auch eine Exekutive gegeben habe, kann B nicht sagen. V1 hakt nach, ob die Vereine als Teil des KCK-Systems gesehen werden oder als Teil der PKK. B antwortet, es wäre beides zutreffend, die Vereine seinen Teil der PKK und genauso im KCK-Kongress. Es handele sich lediglich um andere Begriffe. Die Frage, wie viele Vereine es ungefähr gäbe beantwortet B mit 67. V1 fragt, wer genau zu Kongra-Gel entsandt werde. B antwortet, dass er das nicht genau sagen könne. Bei Kongra-Gel handele es sich um eine Vereinigung der Strukturen aus Europa und allen Teilen Kurdstans (Iran, Irak, Türkei und Syrien). Der Kongress finde jährlich im Irak statt, anschließend gebe es einen Kongress auf europäischer Ebene, wohin die Beschlüsse mitgebracht würden. V1  fragt, wie groß laut Behörden die PKK anhand ihrer Mitgliederanzahl sei und B beantwortet dies mit 11 000-50 000. Es seien keine Mitgliederlisten festgestellt worden und komme auf die Zählung an, z.B. alle die Spenden zahlen würden. In Europa hätten etwa 29 000 Menschen gespendet, es gebe hierzu korrespondierende Zahlen aus Belgien. V1 fragt, wie viele Mitglieder es im kurdischen Siedlungsgebiet gebe. B sagt, dass sich die Zahl auf 14 000 000 belaufen dürfte, so viele Kurden leben dort auf die verschiedenen Gebiete Kurdistans verteilt. V fragt, ob die Zahl an in Kurdistan lebender kurdischer Menschen äquivalent sei zu der Mitglederzahl der PKK. B sagt, dass es keine klaren Zahlen gebe und räumt ein, dass nicht jeder der spendet automatisch PKK-Mitglied sei. V fragt, wieviele Menschen in Kurdistan Beiträge zahlen würden, was B nicht beantworten kann. V fragt nach den Erkenntnissen zur Kaderorganisation. B sagt, dass festgestellt würde, wenn es Personenbewegungen gebe, dass bspw. Person A ins Gebiet B ginge und dann Gebietsverantwortlicher oder SL werden würden – V fragt, ob es auch GL und SL ohne Bewegungen gebe, woraufhin B erwidert, dass dies nur in eine Richtung feststellbar sei: Person bewegt sich und wird GL, SL. Es gebe Menschen, welche vor und nach ihrer Inhaftierung tätig seien […]

V1 fragt, inwiefern Verbindungen zu Kobane und/oder Rojava festgestellt werden konnten. B sagt, dass Rojava als Teil des Einflussbereiches der PKK gesehen werde. Kobane liege innerhalb dieses Gebietes. Bei der Grafik, die sichergestellt worden sei, war dies auch wo die Spendenballungsgebiete seien. Der KCK-Exekutivrat tauche hier auch auf. V fragt weiter nach, inwiefern Rojhilat und Rojava Teil der KCK seien […] und ob ihm die PYD etwas sage. B meint, dass die PYD eine Teilstruktur der PKK sei aufgrund ihrer Ziele, ihrem Einflussbereich und ihrem Machtbereich. Und die PYD sei ja auch in der Grafik aufgerührt. V1 reagiert unverständlich. B erklärt daraufhin, dass es um die Struktur der PYD gehe, und dass sie auch militärisch vergleichbar sei mit der HPG sei.

V1 fragt, ob ihm die SDF bekannt seien. B antwortet, es handele sich um oppositionelle Gruppen, die unter der Führung der USA und der YPG gegen den IS kämpften. Die Verteidigung fragt, ob B diese als Teil des KCK sehe, was B verneint, da es sich seiner Bewertung nach bei der SDF um ein Bündnis handele. V1 hakt nach, ob SDF als Bündnis nicht Teil des KCK sei aber die YPG schon. B weiß darauf keine Antwort. V1 fragt, ob B wisse, wie viele Kämpferinnen bei der HPG und bei der YPG seien. B sagt bei der HPG seien 5 000-8 000 und bei der YPG wisse er es nicht.

V1 geht auf den Fall der 3 Ermordeten in Paris ein und fragt, ob B von einem ähnlichen Fall in Deutschland wisse, bei dem kurdische Politiker vom türkischen Geheimdienst versucht wurden zu ermorden. B meint, es solle da mal etwas gegeben haben, er habe dazu aber keine Erkenntnisse. V1 fragt nach, welche Abteilung in Bs Behörde sich um Fälle der Spionage durch ausländischer Geheimdienste kümmern würde. V1 merkt den Fall von Mehmet Fatih S. an, welcher beschuldigt wird für den türkischen Geheimdienst in Deutschland gearbeitet zu haben, kurdische Communities ausspioniert habe und versuchte Yüksel Koç zu ermorden. B sagt, dass das BKA dazu Ermittlungen durchführe, aber dass er nichts genaues wisse. Er wisse auch nicht, wie viele türkische Agenten in Deutschland bekannt seien. V1 fragt, inwiefern hierzu ein Informationsaustausch stattfinde. B wiederholt, dass dies nicht sein Bereich sei. V1 fragt weiter, ob das BKA bei PKK-Ermittlungen mit der Türkei in Austausch stehe. B sagt, dass es vor 3 Jahren Regierungskonsultationen gegeben habe. Aktuell wisse er nichts über die Zusammenarbeit mit der Türkei diesbezüglich. V1 fragt, ob noch gemeinsame Treffen zwischen deutschen und türkischen Behörden gegen die Bekämpfung der PKK stattfinden würden. B wisse nicht, ob welche stattgefunden haben. Er hätte bis 2005 an einer Konsultation teilgenommen, wisse aber nichts Aktuelles.

V1 fragt nach der Verfolgungsermächtigung und inwiefern B an der Überprüfung beteiligt war, dass an der Verfolgung festgehalten wird. V1 weist darauf hin, dass eine Bundestagsabgeordnete bei einer Anfrage erfahren konnte, dass unter anderem das BKA für die Verfolgungsermächtigung zuständig ist. B sagt, er habe nicht daran teilgenommen. V1 fragt B, ob er die HDP als Teil der KCK sehe. B antwortet, dass es Erkenntnisse darüber gibt, dass die PKK Aktivitäten die HDP im Wahlkampf unterstützt, aber nicht, ob sie Teil des KCK ist. Auf die Frage von V1, inwiefern die HDP mit dem Friedensprozess in Verbindung gestanden habe, sagt B, dass laut Erkenntnissen die HDP von Beginn an in den Prozess eingebunden war. V1 fragt, was die Vorhaben beim Friedensprozess seitens kurdischer Bewegung waren. Darauf antwortet B, dass es Forderungen bezüglich der Gesetze gegeben habe. Diese sahen eine Rechtsordnung in 3 Phasen vor. Welche diese genau waren, wisse er nicht mehr. Die Verteidigung hakt nach, ob dazu auch der Rückzug von Sicherheitskräften gehöre, aber B sagt, er wisse es nicht mehr.

V1 fragt zu Murat Karayılan. B erklärt, dass dieser zum Hauptkommandanten der HPG gewält oder ernannt worden sei. V1 macht einen Vorhalt aus einem Interview mit Karayılan, wo es um den Rückzug der Regierungstruppen geht. V1 fragt B ob bekannt war, dass der Rückzug aus den Bergen nicht einfach war. […]

V1 geht auf das Ende des Friedensprozesses ein und bezieht sich auf den Artikel von einem Sachverständigen G. Säufert, wonach Erdogan noch vor den Wahlen im Jahr 2015 das Ende des Friedensprozesses erklärt habe. Bis dahin habe die PKK glaubhaft zwei Jahre lang an dem Frieden festgehalten. Somit habe es den Eindruck gegeben, dass die Regierung nie ernsthaft an Frieden interessiert gewesen sei. Eine Wahrheitskommission solle die Menschenrechtsverletzungen in jener Zeit dokumentiert haben. V1 fragt, ob B etwas dazu sagen könne, ob er auch solche Erkenntnisse habe. B antwortet, dass ihm die Formulierungen bekannt seien, dass er sich nicht konkret daran erinnern könne. V1 bezieht sich weiterhin auf die Einschätzung, dass Erdogan wegen der Wahlergebnisse im Jahr 2015 die Friedensverhandlungen abgebrochen habe und fragt B, ob ermittelt werden konnte, warum die Friedensverhandlungen seitens der türkischen Regierung abgebrochen wurden. V1 fragt, ob B geschlussfolgert habe, dass dieser Waffenstillstand so wie bereits vorhergehende gewesen sei. B geht auf die legitime Selbstverteidigung sein, 1999-2004 habe es auch einen Waffenstillstand gegeben und die Guerilla habe ebenfalls Aktionen durchgeführt, so wie auch in den Jahren 2013-2015.

V1 fragt, wie viele Anschläge es 2013 gegeben habe. B antwortet, es seien 11 gewesen. 2011 seien es um die 20 gewesen, 2012 seien es 35 Anschläge gewesen. Im Jahr 2013 sei die Zahl runtergegangen. V1 fragt, ob aus der Zählung hervorgehe, dass seit Newroz 2013 ein Abstieg der Anschläge zu verzeichnen ist oder ob nur für jedes Jahr jeweils gezählt wurde. B sagt, es sei keine Zählung vor und nach Newroz gemacht worden und dass er nicht sagen könne, ob die Anschläge nach Newroz 2013 weniger geworden seien. V1 fragt, ob es möglich sei, dass es vier Anschläge ohne tötlichen Ausgang gegeben habe. B habe keine Erinnerung. V1 fragt nach der Anzahl der Toten nach Newroz 2013. B erklärt, dass er die Statistiknicht selbst gemacht habe. V1 erklärt, dass er all das frage, weil R1 die Frau Müller, welche die Liste der Anschläge erstelle, nicht laden wollen würde. […]
V1 fragt, mit welchem Dolmetschern das BKA zusammenarbeite. B gibt Vertragsdolmetscher und angestellte Dolmetscher des BKAs an. V1 möchte wissen, ob es Vorgaben für die Dolmetscher gebe, wie bestimmte Begriffe zu übersetzen seien. B erklärt, dass er solche Vorgaben nicht machen sondern dass die Dolmetscherin Fr.Şaşmas ihnen Begriffe erläutere. V1 fragt, ob die Dolmetscherin gesagt habe, dass unterschiedliche Wörter für den Begriff „Bericht“ bestehen und ob B wisse, was der Begriff „Tekmil“ bedeutet. Beide Fragen kann B nicht beantworten. Bei Wörtern, die nicht im Wörterbuch stehen wurde mit Zusatz übersetzt. V1 fragt, ob der Zusatz aktenkundig gemacht worden sei. B sagt, dass dies in den Übersetzungen drinstehen müsse. […] V1 hakt nochmal nach, ob der Dolmetscherin keine Vorgaben gemacht wurden, wie bestimmte Begriffe übersetzt werden sollen, was B verneint.

V1 fragt, ob B in den Ermittlungen auf Aleviten gestoßen sei und deren europaweiten Organisierungsformen. B erklärt, dass es sich dabei auch um eine ethnische Gruppe handele, ob religiös wisse er nicht. Die Aleviten würden jedoch immer mal wieder in Beschlüssen auftauchen. Zur europäischen Organisierung wisse B nichts.

V1 fragt, wie die Auswahl der Berichte für die Zweitrecherche erfolge. B wisse nicht, wie einzeln vorgegangen werde. Generell erfolge das jedoch über das Internet, alles was dazu gefunden werden könne. […] Die Frage der Verteidigung, ob es Ermittlungen zur Pressefreiheit in der Türkei gegeben habe, verneint B. V1 fragt weiter zum Anschlag in Suruc bei dem 2 Polizist*innen ermordet worden seien. Er fragt, ob B Distanzierungen von dem Anschlag im PKK-Kontext bekannt seien. B sagt, er habe nicht in Erinnerung, dass direkt von der PKK eine Distanzierung gekommen sei, sondern eher „drumherum“, es habe aber auch kein Bekenntnis der PKK gegeben. V1 hakt weiter nach und fragt, ob das BKA öfter Dementis nicht mitbekommen habe, da es 3 gegeben habe. V1 fragt, ob B von 3 Dementis keines mitbekommen habe, was B bestätigt. V1 fragt, ob es eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz gebe und im Personenverfahren zusammengearbeitet wird, was B bestätigt.

V fragt noch einmal, ob B Kenntnisse über das türkische Wort für Bericht habe, was B verneint.  Auf die Frage ob er das Wort „rapor“ kennt, sagt B, dass er es schon einmal gehört habe. Der Begriff „Tekmil“ sage ihm garnichts. Zum Stichwort Kadertreffen fagt V1, wie viele Gebiete der Sektor Nord umfassen würde. B sagt, dass es 9 sein müssten. Auf die Frage, ob es Feststellungen dazu gab, wie viele Personen sich getroffen haben, weiß B keine Antwort. Er wisse nur, dass dort Gebietsverantwortliche und Sektorleiter angetroffen wurden und dass es um Spendengelder gegangen sei. V1 hält aus der Akte vor, dass die Rede von einem Treffen mit 118 Personen sei und hakt nach, ob B solche großen Treffen festgestellt habe. B gibt an, es habe größere Treffen gegeben, bspw. bei der Festnahme von B. Kavak, da seien aber nicht so (118) viele Personen gewesen. V1 möchte wissen, wie viele Personen erwartet würden, wenn sich der Sektor Nord treffe. B kann keine Angaben machen.

V1 fragt, ob B „Civaka Azad“ etwas sage. B antwortet, dass es „freie Leben“ heiße und dass der Begriff von der PKK verwendet werde. V1 korrigiert, es heiße „freie Gesellschaft“. Es gebe dort Mitarbeiter […]. Auf die Frage des Verteidigers, ob diese auch Gebietsleiter oder etwas anderes seien, kann B nicht beantworten. V1 fragt zu einem Treffen in Hannover, wo welche bei einer Spendengeldabrechnung überrascht worden seien. B glaube, das sei vor 2010 gewesen.[…] V2 fragt ob in Behörde Maßnahmen getroffen werden, um eine Einheitlichkeit der Begriffe zu gewährleisten. B sagt, er kann sich das in seinem Arbeitsbereich nicht vorstellen. […] V2 fragt, ob es Änderungen gegeben habe durch das Urteil des OLG Hamburg 2013, welches das erste §129b-Urteil gewesen sei, gegen Kavak. B erklärt, er habe da auch ausgesagt. V2 macht einen Vorhalt aus dem Teil des Urteils zur Strafzumessung: Der Angeklagte gehöre der Volksgruppe an, die durch Angriffe durch den türkischen Staat betroffen sei. Der Angrklagte habe Familienangehörige verloren. Weiterhin in der Feststellung zu Sache sei die Rede von dem türkisch-kurdischen-Konflikt, weiterhin würde der Vertrag von Lausanne sowie Dorfzerstörungen genannt. Nach der Ansicht des Richters in dem Verfahren gegen Kavak sei dies alles also relevant. V2 möchte anschließend wissen, ob B daraufhin seine Ermittlungen verändert habe. B erklärt, dass es sich bei dem Vorgehaltenen um persönliche Angaben des Angeklagten handele, was nur vorliege, wenn dieser auch Angaben dazu mache. V2 fragt weiter, ob Ermittlungen zu Dorfzerstörungen in der Türkei angestellt worden seien. B verneint. Die Verlautbarungen der PKK würden sich auf diese Dinge beziehen, was nicht vom BKA angezweifelt werde. Aber solche DInge wie den Lausanne Vertrag habe B nicht für relevant gehalten.

V1 kündigt eine 257er-Erklärung für den nächsten Verhandlungstag zur Vernehmung des Zeugen B an.

Die Verhandlung wird für den heutigen Tag geschlossen.

V1 fragt, ob Ermittlungen angestellt wurden zu den Dorfzerstörungen. B sagt, dass es in den Erklärungen der PKK deutlich wird und auch nicht angezweifelt werde. Auf weitere Fragen der Verteidigung bezüglich der Situation um 1920 reagiert R1 mit Unterbrechung. Er sagt, dass das was 1920/21 passiert sei keine Rolle spiele, denn „offene Türen kann man nicht eintreten“. Der Zeuge wird verabschiedet.