Pfeffersprayangriff auf Geflüchtete in Massow

Prozess-Protokoll vom 22.02.2017, Amtsgericht Königs Wusterhausen, Saal 7

Anwesende:

  • Richter R (weiß)
  • Schöffe S1 (weiß)
  • Schöffin S2 (weiß)
  • Staatsanwältin StA (weiß)
  • Nebenklagevertreterin NKV (weiß)
  • Nebenkläger NK (PoC)
  • Dolmetscherin Dol (weiß)
  • Verteidiger V (weiß)
  • Angeklagter A (weiß)
  • Gerichtsprotokollantin (weiß)
  • Zeuge T (PoC)
  • Zeuge ST (weiß)
  • Zeugin P (weiß)
  • Zeuge I (weiß)
  • Zeuge F (weiß)
  • 4-5 Pressevertreter*innen, Berater der Beratungsstelle Opferperspektive (Begleitung des NK), weitere mit dem NK solidarische Prozessbeobachter*innen, ca. 5 Unterstützer des A, keine Justizbeamte im Saal

  Abb. 1: Blick aus dem Fenster des Saals 7

Kurze Darstellung des Falls

Aus: http://www.opferperspektive.de/aktuelles/rechter-angreifer-nach-pfeffersprayattacke-auf-fluechtlingsunterkunft-in-massow-vor-gericht (Aufruf: 27.02.2017)

Am 01. September 2015 attackierte ein durch die Betreiberfirma des Heims (Campanet GmbH) beauftragter Bauarbeiter in der Unterkunft lebende Geflüchtete mit Reizgas. Gezielt sprühte der Angreifer die gefährliche Chemikalie in Privat- und Gemeinschaftsräume. Es waren zahlreiche Verletzte zu beklagen, darunter auch Kinder. Der Angreifer war zuvor bereits mit rechten Sprüchen und Einschüchterungen gegenüber Heimbewohner_innen aufgefallen. Auch im Internet äußerte der Täter Sympathien für rechte Gruppierungen.
„Der Reizgas-Angriff in Massow war aufgrund der hohen Betroffenenzahl einer der massivsten durch uns dokumentierten rechten Angriffe im Jahr 2015 im Land Brandenburg. Der Angreifer zielte damals bewusst darauf ab, so viele Geflüchtete wie möglich zu verletzen. Bei uns haben sich damals über 60 Betroffene gemeldet“, so Martin Vesely von der Opferperspektive. Die Betroffenen hatten unterschiedliche Nationalitäten, sie kamen vorwiegend aus Albanien, Serbien, Syrien, Afghanistan, Pakistan und Tschetschenien.
Die große Mehrheit der Betroffenen, die durch die Opferperspektive begleitet wurden, darunter wichtige ZeugInnen, sind in der Zwischenzeit in ihr Heimatland abgeschoben oder durch die Behörden zur „freiwilligen Ausreise“ gedrängt worden. Sie werden zum Prozess daher nicht anwesend sein können. Darunter befinden sich auch wichtige Zeug_innen für den Ablauf des Angriffs. Aus diesem Grund ist zu befürchten, dass eine umfassende Aufklärung des Tatgeschehens sehr schwierig wird.
Nicht Gegenstand des Verfahrens wird der weitere Umgang mit den Opfern nach dem Angriff sein. Doch auch hier lag viel im Argen. „Sowohl die Behörden des Landkreis Dahme-Spreewald, als auch die Betreiberfirma des Heims (Campanet GmbH) haben sich nach dem Angriff nicht ausreichend um die Versorgung der Betroffenen gekümmert. Einige der Verletzten hatten noch Monate nach der Tat mit den körperlichen und seelischen Folgen zu kämpfen. Trotz unserer Hinweise wurde die medizinische Nachsorge für die Betroffenen nicht ausreichend sichergestellt“, so Martin Vesely von der Opferperspektive weiter.

[Die Protokollierung beginnt mit der Befragung des A zu seinen persönlichen Verhältnissen. Dabei wird insbesondere darauf eingegangen, dass der A Vater eines behinderten Kindes sei, um das er sich kümmere. Die Feststellung der Anwesenheit, Eröffnung der Hauptverhandlung sowie die Verlesung der Anklageschrift sind nicht Bestandteil des Protokolls]

Einlassung des Angeklagten

Auf Nachfrage des R erklärt der A, er wolle sich selbst zur Sache äußern. A gibt an, dass die angeklagte Beleidigung nie stattgefunden habe. Er sei mit den Bewohnern immer gut klargekommen. Den zweiten Vorwurf [gemeint ist die Pfeffersprayattacke] gebe er so zu, wie er bereits bei der Polizei ausgesagt habe. Er habe dort gesprüht. R fragt nach, womit A gesprüht habe und woher er das gehabt habe. A erklärt, er habe mit Pfefferspray von „Preis Hammer“ gesprüht. R fragt weiter, wie der „unglückselige Tag“ ausgesehen habe. A gibt an, er habe mit den Bewohnern zu Abend gegessen, mit denen er sich gut verstanden habe. Dann habe er einfach gesprüht, es sei nur Spaß gewesen. Er habe nicht gewusst, was das für Auswirkungen habe hätte können. R fragt nach Alkohol. A habe 1-2 Bier getrunken. R hakt nach, ob A also nicht betrunken gewesen sei. A verneint. R fragt, ob es an dem Abend einen Geburtstag gegeben habe. A bejaht. R möchte weiter wissen, mit wem A zusammen gesessen habe. A erklärt, dass das mit den Namen schwer sei, er nennt schließlich drei Namen. R fragt, mit wie vielen A insgesamt zusammengesessen habe. A gibt an, es seien fünf Bewohner gewesen, A selbst und noch ein weiterer Mitarbeiter. A erklärt, er habe die Dose Pfefferspray in der Seitentasche seiner Hose gehabt, sie sei dann mal rausgefallen. Es sei eine kleine Dose gewesen mit rot/gelber Aufschrift. R möchte wissen, warum A das Pfefferspray dabeigehabt habe. A erklärt, er habe es einfach mal gekauft und dann einfach eingesteckt gehabt. R fragt weiter, ob A in der Unterkunft auch ein Zimmer gehabt habe. A erklärt, er habe ein Zimmer in dem [ehemaligen] Hotel nebenan gehabt. Das werde aber auch als Unterkunft genutzt. [Anmerkung: Die Unterkunft besteht aus zwei Gebäuden, einer ehemaligen Reha-Klinik und einem ehemaligen Hotel. Das ehemalige Hotel befand sich noch im Umbau, weshalb nur wenige Zimmer bereits bewohnt waren] R fragt, wie lang A mit dem Pfefferspray gesprüht habe. A antwortet „ganz kurz“, es seien alle Türen zu gewesen. R sagt, er müsse eine Frage loswerden. Er möchte wissen, was A rekapitulierend dabei gedacht habe. A habe nichts dabei gedacht. R gibt wieder, dass A es als Spaß gesehen und gedacht habe, dass es ein bisschen stinken würde. R gibt zu bedenken, dass ein Spaß, den niemand mitbekomme, nicht so lustig sei. A bejaht, er habe es einfach mal ausprobieren wollen. R möchte wissen, wie es dann weiter gegangen sei an dem Abend. A erklärt, dass ST (als Zeuge geladen) ihn dann rüber zum Hotel gefahren habe. Es seien aufgebrachte Bewohner hinter ihm her gewesen, A habe dann nochmal hinter sich gesprüht, um sich zu schützen. Er habe sich bei einer Bewohnerin namens W versteckt, weil er seinen eigenen Schlüssel verloren habe. Dort sei er dann geblieben, bis die Polizei gekommen sei. Die Pfefferspraydose sei auch da gewesen. Er habe gesehen, dass die Polizei und Krankenwagen da gewesen seien, wie viele könne er nicht sagen. R wiederholt, dass es laut Anklageschrift (AKS) 35 Verletzte gegeben habe. A gibt an, sich das fast nicht vorstellen zu können. R fragt weiter nach dem Arbeitsverhältnis des A. A erklärt, dass das wegen dieser Geschichte aufgelöst worden sei. S2 fragt, welche Personen den A verfolgt hätten, ob es sich dabei um jene gehandelt habe, die A besprüht habe. A gibt an, dass er niemanden besprüht habe.

Die StA beginnt mit ihrer Befragung. Sie möchte wissen, wofür A das Pfefferspray genutzt habe. A erklärt, dass er Angst vor großen Hunden habe. StA führt aus, dass es ja Pfefferspray und nicht Stinkspray heiße […] A erklärt, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass das so eine schlimme Wirkung haben könne. StA fragt weiter, was man denke, wenn Leute hinter einem herlaufen würden. Sie möchte weiter wissen, ob A gleich die Verbindung gezogen habe, dass es doch ein größeres Ausmaß gehabt habe als gedacht. A bejaht. Weiter möchte StA wissen, ob A direkt vor dem Zimmer gesprüht habe, wo gefeiert worden sei. A bejaht. StA fragt, ob A nochmal Kontakt zu den Bewohnern nach der Tat gehabt habe. A erklärt, dass er ja danach nicht mehr nach Massow durfte. Mit einem ehemaligen Arbeitskollegen habe er aber nochmal Kontakt gehabt, da er ja noch Sachen in Massow gehabt habe. Er habe sich nicht entschuldigt, weil er keine Möglichkeit dazu gehabt habe.

Die NKV beginnt ihre Befragung. Sie möchte wissen, ob es im Hotel auch Verletzte gegeben habe. A verneint, alle Verletzten seien aus der Klinik gewesen. NKV fragt, ob dem A der Hr. S [Nebenkläger] bekannt sei. A bejaht. NKV fragt weiter, wo dieser gewohnt habe. In der Klinik, erklärt A. Gefragt nach dem zweiten Mal Sprühen erklärt A, dass es sich bei dem Ort um einen langen Flur handele, dort gebe es zwei Brandschutztüren, er habe in dem Bereich zwischen den beiden Türen gesprüht, um sich einen Vorsprung zu verschaffen. Dazwischen habe niemand gewohnt. Auf Nachfrage gibt er an, dass es sich um den dritten oder vierten Stock handele, auf jeden Fall ganz oben. Durch die Brandschutztüren habe sich das Spray nicht weiter im Gang verteilt. NKV fragt, wie viele Verfolger es gewesen seien. A gibt an, dass es schon so 10 Männer gewesen seien, er habe sie vom Sehen gekannt. NKV möchte weiter wissen, in welches Zimmer der A dann gegangen sei. Das Zimmer sei im Außenflügel im oberen Geschoss gewesen. Auf Nachfrage gibt er an, dass er ca. 30 Minuten im Zimmer gewesen sei. NKV möchte weiter wissen, wann der A die Verfolger das erste Mal wahrgenommen hätte. A erklärt, das sei gewesen, als er mit dem Auto rübergefahren sei und dann in der Tür des Hotels gestanden habe. NKV möchte wissen, ob ST das auch mitbekommen habe. A erklärt, er müsse die Verfolger um die Ecke laufen gesehen haben. A bejaht, dass er mit ST erst später darüber gesprochen habe. NKV hakt nach, A und ST seien zusammen rausgegangen, A habe gesprüht und dann hätten sie nicht darüber gesprochen, also ST habe nicht gefragt, was A da mache? A verneint. NKV hält vor, dass ST bei seiner Vernehmung ausgesagt habe, er habe gefragt, was A da mache. Als A und ST im Auto gesessen hätten, sei eine Person mit tränenden Augen aus dem Haus gekommen und ST habe gesagt „guck mal, wie das wirkt“. A gibt an, dass es schon sein könne, dass eine Person rausgekommen sei. NKV fragt zusammenfassend, ob es also sein könne, dass nur eine und nicht zehn Personen hinter A hergelaufen sei. A verneint. NKV möchte weiter wissen, ob A davon gehört habe, dass auch Kinder verletzt worden seien. A gibt an, dass es eine Kontaktsperre gegeben habe. NKV möchte weiter wissen, ob A bei Facebook angemeldet sei, was A bejaht. Weiter fragt sie, was auf seiner Seite zu sehen sei. A erklärt, dass er mal etwas von Pegida auf seiner Seite gehabt habe, dass er das aber wieder runtergenommen habe. Nach dem Grund gefragt, gibt A an, dass er daran interessiert sei, was in Dresden passiere und dass Pegida das dokumentiere [Anmerkung: im Saal gibt es von einer Gruppe Zuhörern, welche als Unterstützer des A anwesend zu sein scheinen, zustimmende Geräusche. Daraufhin ruft der Richter zur Ruhe im Zuhörer_innenbereich auf.]. NKV macht einen Vorhalt: Gegenstand ist ein Foto von As Facebook-Seite, welches u.a. eine Deutschland-Flagge zeige und die Aufschrift „Ihr mögt Deutschland nicht? Hier ist die Tür“ trage. A ergänzt, dass das aber nicht mehr auf seine Seite sei. NKV fügt hinzu, dass es sonst noch einen Post mit „Solidarität mit Lutz Bachmann“ gebe. NKV gibt As Angabe wieder, er habe seine Seite aufgeräumt und fügt hinzu, dass dies nach Januar 2017 also kurz vor der Hauptverhandlung geschehen sei. Laut NKV müsse es dem A doch bewusst gewesen sein, dass die Polizei darauf komme, dass er eine fremdenfeindliche Einstellung habe. A erklärt, er habe Facebook immer mit seinem Handy genutzt, da sei es schwierig gewesen so weit zurück zu scrollen. Erst jetzt hätte er die Möglichkeit gehabt, einen Rechner zu benutzen. NKV fragt, ob der A den Hitlergruß gezeigt habe, das sei nicht angezeigt worden. A verneint und fragt, warum er in einer Asylunterkunft den Hitlergruß zeigen solle. NKV gibt ihm Recht, das frage man sich. Sie erklärt, dass mehrere Personen das ausgesagt hätten. A sagt, er habe das nie gemacht. NKV fragt weiter, ob der A direkt nach dem „Sprühen“ entlassen worden sei. A bejaht.

Der V beginnt seine Befragung. Er möchte wissen, ob der ST auch bei dem Abendessen am Tatabend dabei gewesen sei. A bejaht. V möchte weiter wissen, ob A immer mit den selben Leuten zusammen gewesen sei. A bejaht, es seien die gewesen, mit denen man sich am besten verständigen hätte können auf Englisch. V fragt, ob es mal Probleme gegeben habe. A verneint. V fragt weiter, ob A die 10 Leute, die er aufgebracht gesehen habe, mit dem Sprühen in Zusammenhang gebracht habe. A bejaht. V möchte wissen, ob die W Kontakt mit den Leuten vor dem Zimmer gehabt habe, als A sich in ihrem Zimmer versteckt habe. A bejaht. V fragt, ob die W dann zu denen gesagt habe, dass sie nicht wisse, wo der A sei. A nehme es an, er verstehe ja die Sprache nicht. V fragt weiter, ob A von dem Ausmaß erst später erfahren habe. Auch das bejaht A, er habe davon gelesen.

Die StA möchte wissen, wie A gemerkt habe, dass die Leute, die ihn verfolgt hätten, aufgebracht gewesen seien, er habe ja die Sprache nicht gekonnt. [Antwort konnte nicht notiert werden] StA fragt weiter, ob A Verletzte gesehen habe. A verneint. StA wiederholt, dass der A ausgesagt habe, nichts von der Wirkung des Pfeffersprays gewusst zu haben. Daran anschließend möchte sie wissen, ob der A dann gedacht habe, die Leute seien aufgebracht, weil es gestunken habe. A bejaht. Die StA hakt nach, ob der A dann nochmal in den Gang gesprüht habe, um die Leute abzuhalten mit Gestank. A bejaht und fügt hinzu, dass er da ja etwas mehr gesprüht habe.

S1 fragt, welche Nationalität die W habe. „Albaner“, erklärt A.

Am Richterpult werden verschiedene Fotos in Augenschein genommen, soweit für Prozessbeobachterinnen zu verstehen, handelt es sich u.a. um eine Skizze vom Haus sowie ein Foto von der Spraydose. A zeigt auf der Skizze, wo er gesprüht habe.

S1 möchte wissen, ob die Dose dann leer gewesen sei. A verneint.

NKV möchte noch wissen, wie lang der ST beim Essen dabei gewesen sei. A glaube, dass ST später dazu gekommen sei.

Beginn der Beweisaufnahme

Zeuge NK (Nebenkläger, 38 Jahre, Tischler) [PoC]

NK nimmt neben der NKV Platz. Die Dol übersetzt für ihn. [Anmerkung: Im Laufe der Befragung und der Übersetzung entsteht der Eindruck, dass die Übersetzung teilweise nicht ganz den Wortgehalt des NKs wiedergibt, da Antworten oft sehr weit an der gestellten Frage vorbeigingen.]

R belehrt den NK.

R erklärt, dass es um zwei Vorfälle aus dem Jahr 2015 gehe in der heutigen Verhandlung. Er wolle mit dem Reizgasvorfall im „Ausländerheim“ bei Massow beginnen und fragt den NK, was da passiert sei. NK erklärt, dass der A mit dem ST mit einem Van angefahren gekommen sei, der Fahrer [nicht A] habe den Van umgedreht und A sei ausgestiegen. A sei ins Heim gegangen. NK habe auf seinem Handy etwas mit Whatsapp gemacht, dann habe er etwas gerochen. NK habe dann seine Zimmertür aufgemacht. Er habe dann gesehen, wie A etwas gesprüht habe. Er habe den Geruch nicht ertragen können. NK sei dann zurück in sein Zimmer gegangen. A sei aus der Tür raus und im Auto weggefahren. Der Geruch sei auch im Zimmer gewesen, NK habe ihn nicht gut vertragen. NK habe aus dem Fenster geguckt und gesehen, wie jemand hinter A hergelaufen sei. Ein Albaner, der sei hingefallen und habe sich dann erbrochen. NK sei dann auch rausgegangen und habe sich ebenfalls erbrechen müssen. Eine Frau habe ihre zwei Kinder genommen und sei auch rausgegangen. A sei dann weg mit den zwei Spraydosen. R fragt, wie es weitergegangen sei. N  erklärt, dass dann ganz viele da gewesen seien, denen es schlecht gegangen sei. Dann seien Polizei, Erste Hilfe und die Feuerwehr gekommen. R möchte wissen, wie es dann mit NK weitergegangen sei. NK erklärt, er habe ins Krankenhaus gemusst, um behandelt zu werden. Der Vorfall habe ihn ganz stark an seine eigene Geschichte erinnert. Er habe seine Frau und seine zwei Kinder in Syrien verloren. Der Angriff von A sei Auslöser dafür gewesen, dass NK länger habe behandelt werden müssen. R sagt, dass ihm das Leid tue. Weiterhin erklärt R, dass sie sich bemüht hätten, das Krankenhaus ausfindig zu machen. NKV glaube, da nichts dokumentiert worden sei, weil der Notstand ausgerufen worden sei. NK erklärt weiter dazu, dass er zu der Zeit noch kein Deutsch habe lesen können und daher nicht wisse, in welchem Krankenhaus er gewesen sei. R kommt auf NKs Aussage zurück, dass ganze viele aus dem Heim gerannt seien, denen es schlecht gegangen sie. R möchte wissen, um wie viele es sich gehandelt habe. NK gibt an, dass es alle von den zwei Etagen gewesen seien. Es seien 14 Kinder gewesen, die ins Krankenhaus gemusst hätten. R fragt, ob es möglich sei, dass es 35 Menschen gewesen seien so wie die Polizei sage. NK meint, das könne sein, es seien jedenfalls viele gewesen. Es könne aber auch sein, dass es mehr gewesen seien, viele seien zu der Zeit neu gewesen und hätten vielleicht Angst gehabt, sich zu äußern. Leute hätten Schwierigkeiten beim Atmen gehabt, hätten sich übergeben müssen und hätten über Verengungen im Brustbereich geklagt. R fragt, ob es auch zu „Weinen“ und „roten Augen“ gekommen sei. NK erklärt, dass natürlich auch welche geweint hätten, vor allem die Kinder. R gibt wieder, dass NK vorher in seinem Zimmer und A im Van gewesen sei und möchte wissen, wer den Van gefahren habe. NK gibt an, dass das einer gewesen sei, der auch dort gearbeitet habe. R rekonstruiert, dass A dann ausgestiegen sei und fragt weiter, was der andere gemacht habe. NK erklärt, der habe den Van gedreht und dann auf A gewartet. R fragt, ob der andere dann auch ausgestiegen sei. NK verneint, der habe im Van auf A gewartet, der Motor sei an gewesen. R möchte weiter wissen, ob dem NK etwas aufgefallen sei, als A ausgestiegen sei. NK habe nur gemerkt, dass er schnell ins Haus gegangen sei und dass er Spraydosen dabeigehabt habe. A habe zwei Dosen in seinen Händen gehabt. NK zeigt mit den Händen die Größe der Dosen, an die Farbe erinnere er sich nicht mehr. R möchte weiter wissen, welche Uhrzeit es gewesen sei, als A ins Haus gegangen sei. NK meint, es könne vielleicht 15:30 oder 16 Uhr gewesen sein. Die Sonne sei langsam untergegangen. R erinnert, dass das am 1.9. gewesen sein solle, da gehe keine Sonne um diese Zeit unter. NKV hakt ein und fragt den NK, was er gesehen habe, ob es dunkel oder dämmrig gewesen sei. NK sagt, es sei nicht dunkel gewesen, vielleicht so wie jetzt gerade [Anmerkung: es ist ein grauer, regnerischer Tag]. R fragt weiter, wie lang es gedauert habe, bis der NK den Geruch wahrgenommen habe. NK gibt an, dass es vielleicht 5-10 Minuten gewesen seien, also recht schnell. R erklärt, dass A gesagt habe, er habe gesprüht, dass er aber zuvor zu Abend gegessen habe. NK gibt an, dass er das nicht gesehen habe. NK fragt, warum der A mit dem Van gekommen sei, wenn er schnell mit jemandem zu Abend essen gewollt habe und dann wieder weggefahren sei. R fragt weiter, was der NK gesehen habe, als die Tür zum Flur auf gewesen sei. NK gibt an, dass A gesprüht habe. Es seien drei Albaner auf dem Flur gewesen, einer sei zu Boden gefallen. Einer habe dem anderen gerade die Haare geschnitten, da hätte A hin gesprüht. R nennt ein paar Namen [von Bewohner_innen] und fragt, ob NK diese kenne. NK verneint jeweils.

Es werden Fotos vom Haus am Richterpult in Augenschein genommen. NK zeigt, wer zu welcher Zeit, wo gewesen sei.

R fragt weiter, wie der Nk habe sehen können, was im Bad passiert sei. NK erklärt, dass jemand aus dem Zimmer [Bad] mit einem Umhang gekommen sei, deshalb wisse er, dass dort Haare geschnitten worden seien. R erklärt, dass die Personen, deren Haare geschnitten worden seien,  ausfindig gemacht worden seien. Diese hätten ausgesagt, dass nicht direkt auf sie gesprüht worden sei, sie hätten nur den Geruch wahrgenommen. NK erklärt, dass er gesehen habe, wie der Albaner aus dem Raum gekommen sei und sich erbrochen habe. R hakt nach, ob NK gesehen habe, wie A direkt auf die Personen gesprüht habe. NK bejaht, er habe gesehen, wie A in Richtung einer Person gesprüht habe. NKV fragt, ob es sich bei der Person um die mit dem Kittel handele. NK bejaht. StA möchte wissen, wie der Albaner darauf reagiert habe, als auf ihn gesprüht worden sei. NK erklärt, der Albaner habe den A beschimpft. Danach sei er zu Boden gefallen und habe sich erbrochen. StA fragt weiter, ob und wenn ja wann der A den NK gesehen habe. NK bejaht, der A habe den NK gesehen, als dieser am Fenster gestanden habe, A habe ihm zugewunken. Auf Nachfrage erklärt NK, dass er in seinem Zimmer gewesen sei und ja nicht gewusst habe, wo der A hingegangen sei. Ca. 5 Minuten später habe er etwas gerochen und habe dann das Zimmer verlassen. StA fragt, ob A da noch im Flur gewesen sei. NK erklärt, dass alles so schnell gegangen sei. StA kommt zu ihrer Ursprungsfrage zurück, ob der A den NK wahrgenommen habe. NK bejaht, der A sei dann aber weggegangen. […] StA fragt nach der Anzahl der Leute im Flur. NK gibt an, es seien die da gewesen, die sich die Haare hätten schneiden lassen, als A da gewesen sei. StA fasst zusammen: NK habe etwas gerochen, sei rausgegangen, ob der A dann nochmal gesprüht habe, möchte StA wissen. NK gibt an, er habe etwas gerochen, als er im Zimmer gewesen sei und habe mehr gerochen, als er aus dem Zimmer gegangen sei. StA fragt weiter, ob A selbst gehustet habe. NK habe das nicht bemerkt. StA fragt, ob NK Erinnerungen an die Vernehmung bei der Polizei habe. StA fragt, ob der NK an A etwas anders gewesen sei als sein sonstiges Erscheinungsbild. NK fragt, wie die StA das meine. StA macht einen Vorhalt aus der polizeilichen Vernehmung vom 14.09. Da habe die Polizei den NK gefragt, ob A eine Maske getragen habe. NK bejaht, A habe eine kleine Maske von der Arbeit getragen. StA stellt fest, dass keine der anderen Personen von einer Maske oder zwei Sprühflaschen sprechen würde. NK erklärt, er habe A direkt gesehen. Er habe gesprüht und dann sei er weggegangen; also A sei ins Heim gekommen und NK habe ihn direkt gesehen. StA fragt, ob NK also direkt die Maske gesehen habe. NK bejaht. StA erklärt, dass es ja ein massives Tatvorgehen sei. Das eine, was NK sage und das, was andere sagen würden. A habe zugegeben gesprüht zu haben, er habe aber auch gesagt, dass er nie gezielt auf Menschen gesprüht habe. Auch das Abendessen sei von anderen bestätigt worden. StA erinnert den NK an seine Wahrheitspflicht. Es möge sein, dass es in einer Paniksituation zu einer verzerrten Wahrnehmung komme. Für heute und auch für das Strafmaß sei aber wichtig, ob der NK wirklich gesehen habe, ob der A mit zwei Sprühflaschen das Haus betreten und ob er direkt gesprüht habe. NK erklärt, dass alles so gewesen sei, wie er es geschildert habe. StA möchte, dass in dem Protokoll festgehalten werde, dass der NK auf die Wahrheitspflicht hingewiesen worden sei, weil er der einzige sei, der das so sage. NKV erklärt, dass sie ihren Mandanten auch gezielt danach gefragt habe. R erklärt dem NK noch einmal, dass es ein Unterschied sei, was er tatsächlich gesehen habe und was er im Nachhinein erfahren habe. NK erklärt erneut, dass er den A gesehen habe, der eine sei aus dem Bad gekommen, die anderen hinterher, der eine habe dann gebrochen. R sagt erneut, dass es ganz wichtig sei zu differenzieren zwischen dem, was der NK selbst gesehen habe, was er sich nachher zusammengereimt habe und was andere gesagt hätten. NKV ergänzt, dass es so sei, dass alles, was ermittelt worden sei und das Ausmaß der Verletzungen nicht zusammenpassen würde. Die Polizei habe in der Ermittlungsakte bereits auf Seite 3 oder 5 gesagt, sie vermuten, dass Zeugen Angst hätten und nicht alles so aussagen würden, wie es gewesen sei. Das, was NK sage, passe deutlich besser zu 35 Menschen mit solchen Verletzungen.

Die NKV befragt den NK.

NKV fragt, ob NK nach dem Vorfall festgestellt habe, wo überall Tränengas im Haus gewesen sei. NK antwortet, dass die Leute aus dem Haus gekommen seien und er deshalb davon ausgehe, dass es überall gewesen sei. NKV fragt nach der Stockanzahl im Haus, woraufhin NK den 1. Und 2. Stock erwähnt. NKV fragt nach Bekanntschaften aus dem 1. Stock. NK bestätigt, dass er Personen kenne und nennt Namen von Personen, die er später auch gesehen habe. NKV fragt nach etwaigen Verletzungen. NK kann keine Angaben dazu machen [Anm. es gibt Unstimmigkeiten wegen der Namen der Etagen. Tatsächlich geht es nun um das Erdgeschoss und das 1. OG]. NKV fragt nach möglichen Zeug_innen aus der oberen Etage. NK nennt eine Familie mit sieben Kindern, die habe er später gesehen, als alle zusammengekommen seien. Da habe er gesehen, dass diese verletzt gewesen seien. Die NKV gibt daraufhin ein paar weitere Namen vor, die sie auf einer Liste gesammelt vor sich hat. R sagt, NKV solle die Namen mal alle vorlesen. StA hakt ein und bemängelt, dass das jetzt etwas schwierig werde. R stellt die Frage, ob das überhaupt sinnvoll sei zu erfahren, wer jetzt vom oberen Stockwerk heruntergekommen sei. R sagt, dass das hier jetzt nicht weiterhelfe. NKV meint zum R: „ihnen sowieso nicht.“ R zitiert den NK [Anm. spöttisch] mit „ich denke, ich glaube“. StA fragt, ob man die Liste dem NK nicht einfach geben könne, um es dann zu Protokoll geben zu können. StA fragt nach einer Person, die NK auf der Liste erkennt. NK wisse nicht, wo sich dieser aktuell aufhalte.

Es wird eine Pause von 10 Minuten eingelegt.

Der V beginnt mit seiner Befragung. V möchte wissen, ob der NK sich sicher sei, dass sich der Vorfall zwischen 15:30 und 16 Uhr ereignet habe. NKV hakt ein und sagt, dass der NK sich da gar nicht sicher sein könne. NK gibt an, dass es am Tagesende gewesen sei. V hält vor, dass in der AKS gegen 18:30 Uhr als Tatzeit genannt sei, also abends. NK wisse es nicht. V fasst zusammen, dass NK es also zeitlich nicht einordnen könne, es könne sein, dass der NK sich mit dem Sonnenuntergang irre. NK erklärt, dass die Sonne bereits untergegangen sei, es sei nicht sonnig gewesen. V sagt, NK habe ausgesagt, dass A auf das Gesicht der Person gesprüht habe. NKV schreitet ein, so habe NK das nicht gesagt, lediglich, dass der A auf jemanden gesprüht habe. NK erklärt, A habe ins Zimmer reingesprüht. Der Albaner, der rausgekommen sei, habe sich blöd gegenüber dem A geäußert und habe sich dann auf den Boden erbrochen. V fragt nach einem Namen, ob NK denjenigen kenne. NK erklärt, er kenne viele aus dem Haus, aber nicht mit Namen. V sagt, dass der A noch gern ein paar Worte an den NK richten wolle und fragt den NK, ob dieser es sich anhören wolle. NKV sagt, dass das doch zum Schluss kommen solle.

S1 fragt nach der Zeit, die vergangen ist, zwischen dem Ankommen des A mit dem Auto und dem wieder Wegfahren. NK antwortet ca. 10 Minuten. S1 möchte weiter wissen, ob das Auto in der Zwischenzeit aus oder an gewesen sei. NK gibt an, dass es weitergelaufen sei.

R möchte jetzt zu dem zweiten Vorfall kommen: Vor dem Pfefferspray sei es zu einer Beleidigung gegen den NK gekommen. NK bejaht, der A habe jemanden beleidigt. NK wisse nicht, woher der kam, aus Kroatien oder der Ukraine. A hätte Wörter wie „Arschloch“ und „Schlampe“ fallen gelassen. A sei ausfällig gegenüber anderen geworden, er habe keine Achtung gehabt. R hakt nach, ob der A den NK auch selbst beleidigt habe. NK erklärt, der A habe manchmal „Arschloch“ gesagt. Auf Nachfrage gibt er an, dass er das gegen alle gesagt habe. R nennt einen Namen [AB] und fragt den NK, ob er diese Person kenne. NK bejaht. Auf Nachfrage gibt er an, dass er nicht erlebt habe, wie der AB beleidigt worden sei. R macht einen Vorhalt aus der polizeilichen Vernehmung: Der A habe den NK und AB als „Z-Wort“ [Anmerkung: Hier wurde die rassistische Bezeichnung für Sinti/e und Roma ausgesprochen, um diese nicht zu reproduzieren wird die Bezeichnung „Z-Wort“ verwendet], „Arschloch“ und „Schlampe“ beschimpft und den rechten Arm zum Hitlergruß gehoben. NK bejaht, das habe A einmal gemacht, den Gruß gezeigt, der AB sei dabei gewesen. R vermute, dass der AB männlich sei. „Schlampe“ sei aber eine Beleidigung für eine Frau, es gebe auch die männliche Form, aber das habe eine andere Bedeutung. NK erklärt, dass er es so gehört habe. Er habe zu dem Zeitpunkt noch nicht so gut Deutsch gesprochen. R bittet den NK, die Situation zu beschreiben. NK erklärt, dass er da noch keinen Aufenthalt gehabt habe, er sei mit AB von dem Heim zum Hotel gegangen. A habe vor dem Hotel gestanden und den Hitlergruß gezeigt. Auf Nachfrage gibt NK an, dass es tagsüber, ungefähr einen Monat vor der anderen Sache gewesen sei. R fragt, wann der NK den Aufenthalt bekommen habe. NK erklärt, vor einem Jahr, Anfang 2016.

S2 möchte wissen, ob A und der NK mal befreundet gewesen seien. NK beschreibt es als normales Verhältnis, sie hätten sich gegrüßt. S2 möchte weiter wissen, ob NK und A mal etwas zusammen getrunken oder zusammen gearbeitet hätten. NK erklärt, er habe mal saubergemacht, nachdem der A gearbeitet hätte. S2 fragt, ob NK Angst vor dem A gehabt habe wegen des Hitlergrußes. NK gibt an, vor nichts Angst zu haben, er habe sich aber Gedanken gemacht. S2 hakt nach, ob A und NK nie aneinandergeraten seien, was NK verneint.

StA fragt, wie viel vor dem Pfeffersprayangriff sich die Beleidigung ereignet habe. NK antwortet einen Monat. StA fragt, ob es eine Terrasse oder eine Treppe vor dem Hotel gebe. NKV hakt ein, NK habe ja nicht direkt von Beleidigung gesprochen, sondern von dem Hitlergruß. StA bejaht und verweist auf die AKS, wo die Rede von „Schlampe“ und „Zigeuner“ sei. NK erklärt, es gebe am Hotel an der Haupttreppe drei Plattformen. StA möchte weiter wissen, ob NK an dem Tag mit AB zusammen gewesen sei, was NK bejaht. StA fragt weiter, ob NK an dem Tag Strafanzeige erstattet habe, was NK verneint. Er habe es erwähnt, als er später vorgeladen worden sei. StA erwidert, dass NK Strafantrag gestellt hätte. NK bejaht, im Zusammenhang mit der zweiten Sache. Als sich die vielen Kinder hätten übergeben müssen, hätte ihn das sehr beeindruckt. StA fragt weiter, ob solche Äußerungen gefallen seien. NK erklärt, der A habe manche beleidigt. Auf Nachfrage gibt er an, selbst nur einmal beleidigt worden zu sein. Das sei die Geschichte aus dem Sachverhalt gewesen. StA möchte wissen, ob NK sich in der Situation beleidigt gefühlt hätte. NK bejaht, natürlich, es habe ja kein Grund vorgelegen. Er habe es jemandem erzählt und dieser habe ihnen erzählt, was das für Worte gewesen seien.

NKV fragt, was den NK mehr beeindruckt habe, die Worte oder der Hitlergruß. Für NK habe es keinen Unterschied gemacht. Er habe ja schon gewusst, dass es Rassisten gebe. Aber danach habe er den Eindruck gehabt, dass es im Heim nicht sicher sei. […] NK habe dann allgemein darauf geachtet, was in Deutschland so passiere, vorher habe er das nicht gemacht. NKV fragt, ob es noch andere Sachen gegeben habe, was er mit A in Verbindung bringe. NK erklärt, dass der A sein Handy so genutzt habe wie so ein Stromgerät, er habe es gegen Kinder und alle anderen gehalten [Anm.: An dieser Stelle scheint es Probleme mit der wörtlichen Übersetzung zu geben]. NKV macht einen Vorhalt: A habe immer einen Elektroschocker dabeigehabt, damit habe er Kindern Angst gemacht und so getan, als würde er sie berühren. NK bejaht, es sei kein Spaß mit so etwas anderen Angst zu machen. NKV fragt, ob der NK den Elektroschocker gesehen habe. NK bejaht, zwei-, dreimal. Für A sei das Spaß gewesen, gegen den NK habe er den nicht gehalten, er habe aber gesehen, wie er den gegen andere gehalten habe. R stellt der StA die Frage, ob hier § 254 I in Betracht komme. Nach StA komme dies in Betracht, wenn die Zeugen nicht da seien. R erklärt, dass die Ausländerbehörde mitgeteilt habe, dass Fr. B in ihr Heimatland zurück sei. StA gibt an, dass die Zeugin B nur formell einen Strafantrag gestellt hätte, sie hätte sich selbst nicht beleidigt gefühlt. NKV erklärt, dass es ja schade sei, dass der Hitlergruß eingestellt und nur die Beleidigung angeklagt worden sei. StA bejaht und erklärt, dass nicht klar gewesen sei, ob der Hitlergruß öffentlich gewesen sei. Richtet an dieser Stelle eine Rechtfertigung an die „Öffentlichkeit“, in der sie klarstellen möchte, dass die Staatsanwaltschaft Cottbus nicht mit einer Einstellung aussagen möchte, dass allgemein ein Hitlergruß toleriert werden würde. R diktiert für das Protokoll, dass der Anklagevorwurf 1 teilweise eingestellt werde.

V beginnt mit seiner Befragung. Er möchte wissen, ob NK mal dem A beim Aufräumen geholfen habe, was NK bejaht. V schlussfolgert, dass der NK keine anderen Tätigkeiten für den A gemacht habe. NK erklärt, er sei Tischler, er habe einiges im Heim gemacht, A habe ihm das so gesagt. V möchte wissen, ob der NK dafür entlohnt worden sei, was der NK bejaht.

Der A richtet sich nun an den NK: Für die Sache mit dem Sprühen wolle er sich in aller Form entschuldigen. NK vernimmt es, sagt aber nichts dazu.

Die Vernehmung des NK ist beendet.

Die NKV gibt eine Erklärung zu der Vernehmung des NK ab: NK habe hier so ausgesagt, wie immer. NK habe keine Akteneinsicht durch die NKV erhalten. Er sei bei ihren Fragen im Büro immer bei seiner Version geblieben. Die Version des NK passe sehr viel besser zu den entstandenen Verletzungen und dem Ausmaß als das, was A und die anderen sagen würden. NK habe zudem hinsichtlich der erhaltenen Entlohnung ausgesagt, was ihn in strafrechtliche Schwierigkeiten bringen könne.

Der V gibt ebenfalls eine Erklärung ab. Zuvor formuliert A eine „Entschuldigung“: „Für das Sprühen möchte ich mich bei dir in aller Form entschuldigen“. V erklärt, dass festzuhalten sei, dass ein Pfefferspray von etwa 10cm bei W im Zimmer gefunden worden sei. NK hakt ein, dass 2 Dosen gefunden worden seien, sucht nach den passenden Stellen in den Akten. Im Folgenden geht es um die Zuordnung der Sprühflaschen. Die 2. sei beim Wachschutz gefunden worden.

Zeuge T (ehemaliger Bewohner des Heims) [PoC]

Der nächste geladene Zeuge wird hereingerufen, erscheint jedoch nicht. Die Dolmetscherin für Albanisch-Deutsch ist anwesend. Sie sagt, draußen warte kein „Landsmann“ von ihr. Die StA geht selbst noch einmal aus dem Saal, um nach dem Zeugen zu schauen. R telefoniert [wahrscheinlich mit der Ausländerbehörde]. Danach gibt er bekannt, dass die letzte bekannte Anschrift des Zeugen die Abschiebeeinrichtung Eisenhüttenstadt sei.

Es wird eine Mittagspause eingelegt, 12-13 Uhr.

Nach der Pause ist NK nicht mehr anwesend.

Zeuge St (37 Jahre, Auszubildender) [weiß]

R erklärt, dass ST mit A zusammengearbeitet habe. Er bittet den ST den Hergang des Tattages zu schildern. ST gibt an bis 12 Uhr mit A zusammen in G [Ortsname nicht verstanden] gearbeitet zu haben. A sei dann nach Massow gefahren. A habe dem ST dann geschrieben, dass er etwas in dem Auto des ST vergessen habe. ST sei dann nach Feierabend zum Hotel gefahren, habe den A gesucht und angerufen. A habe zu der Zeit mit den Albanern etwas getrunken [im Heim]. ST sei dann kurz, für 15-20 Minuten, auch reingegangen. Sie hätten „rumgejuxt“ mit Pfefferspray. ST habe nach Hause gewollt. A sei dann mit ihm rausgegangen wegen der Sachen im Auto. ST habe dem A gesagt, er solle das lassen mit dem Pfefferspray wegen der Kinder im Haus. Dann habe ST ein kurzes Sprayen gehört. [Anmerkung: ST sei vor dem A gelaufen] Dann habe ST den A im Auto bis zum Hotel gefahren und ST sei dann weitergefahren. R fragt, ob ST und A getrennt voneinander nach Massow gefahren seien, was ST bejaht. Weiter möchte R wissen, ob ST auch bei dem Abendessen dabei gewesen sei. ST verneint, er habe auch nichts getrunken. A habe Bier getrunken, sei aber nicht betrunken gewesen. Es seien 5-7 Leute anwesend gewesen. Nach dem Anlass gefragt, gibt ST an, dass sie [die „Albaner“ und A] öfter zusammengesessen hätten. R fragt, ob ST die Personen gekannt habe, ST bejaht, alle. R fragt nach einem Namen. ST ist sich unsicher, er könne die Person(nen?) aber eventuell beschreiben. Auf Nachfrage erklärt ST, dass das Pfefferspray auf dem Tisch gestanden habe, dass mal einer mal ein anderer damit „rumgejuxt“ hätte. Es sei eine kleine schwarze Dose gewesen. R möchte wissen, wie lang es dauere von G nach Massow zu fahren. ST gibt 30-45 Minuten an. R versucht den zeitlichen Ablauf zu rekonstruieren und fragt, ob ST dann gegen 18:30 Uhr wieder losgefahren sei. ST sagt, das sei alles spätestens 18 Uhr gewesen. R gibt an, dass in der Akte die Uhrzeit 19:37 Uhr zu finden sei. […] R fragt weiter, in welcher Reihenfolge A und ST das Zimmer verlassen hätten. St erklärt, er sei zuerst rausgegangen.  R möchte wissen, wie lang der Weg über den Flur gewesen sei. ST gibt ca. 20-30 Meter an. Auf Nachfrage gibt ST auch an, dass sie bei Verlassen des Zimmers die Tür geschlossen hätten. R fragt weiter, ob ST auch das Zisch-Geräusch gehört habe. ST bejaht, das sei ganz kurz gewesen. Auf Nachfrage fügt ST hinzu, dass einmal gesprüht worden sei. R fragt, ob ST die Presse gelesen habe und ob er wisse, wie viele Verletzte es gegeben habe. ST ist sich nicht sicher, ob es 80 gewesen seien. R erklärt, dass es sehr viele gewesen seien, sie [das Gericht] würden von 30 [Anmerkung: Die Zahl der Verletzten variiert während der Verhandlung immer wieder.] Verletzten ausgehen; das sei schwer vorstellbar bei einem einmaligen Sprühen. ST erklärt dazu, dass er sich vorstellen könne, dass durch das Öffnen der Tür, ein Zug entstanden sei, sich das Spray dadurch verteilt habe. R fügt hinzu, dass auch denkbar sei, dass es sich dadurch verflüchtigt.

Weiter möchte R wissen, wie lang der Weg vom Heim zum Hotel sei. ST gibt an, es dauere zu Fuß ca. 10 Minuten. R fragt weiter nach der Stimmung bei der vorherigen Feier. ST beschreibt diese als gut. Auf Nachfrage erklärt ST, dass er den A kenne, seit er dort angefangen habe zu arbeiten, also zum Tatzeitpunkt 2 Monate. R fragt nach der politischen Einstellung des A. ST beschreibt diese als „ganz normal“. Auf die Frage nach seiner eigenen politischen Einstellung antwortet ST: „Früher würde man sagen links“.

Die StA möchte wissen, warum der A nicht zum Hotel gelaufen sei. ST erklärt, dass dieser zu faul gewesen sei.

Der V fragt, wie der ST darauf komme, dass er um 16:30 Uhr nach Massow losgefahren sei. ST erklärt, dass sie da meist Feierabend machen würden. V möchte wissen, ob es manchmal auch 19:30/20 Uhr werde. ST gibt an „manchmal“. V fragt weiter, ob ST sich dann daran erinnern könnte, weil es etwas Besonderes sei. ST bejaht. V fragt, ob ST mit dem Dienstfahrzeug gefahren sei, was ST bejaht. V möchte weiter wissen, wie viele im Heim bei der Firma beschäftigt seien. ST gibt an, dass das eigentlich alle seien, die im Heim arbeiten würden, 5-6 Sozialarbeiter, 2 Hausmeister, 4-8 Bauarbeiter, nur die Security gehöre nicht zur Firma. V fragt, ob alle Beschäftigten Zugriff auf die Dienstfahrzeuge hätten. ST verneint, er selbst habe speziell nur auf diesen Bus [den er gefahren ist] Zugriff. Weiter gebe es noch zwei Busse für die Hausmeister und Sozialarbeiter. V fragt, ob man zu dem Bus, mit dem ST gefahren ist, Van sagen würde. ST verneint, das sei ein Baufahrzeug. V fragt nach den anderen Bussen. ST gibt an, das seien Busse für jeweils sieben Personen, dazu könne man Van sagen. […] V möchte wissen, ob ST an dem besagten Tag noch jemanden von der Firma auf dem Gelände gesehen habe. ST verneint. V möchte wissen, ob es ein Büro gebe, wo sich die Mitarbeiter aufhalten würden. Laut ST gebe es ein solches im Hotel. V fragt weiter, wie viele Männer unter den Mitarbeitern, die die anderen Busse fahren könnten, seien. ST gibt vier an. V fragt nach Namen. ST nennt Vornamen, auch den der Chefin. Er wisse aber nicht, ob die Unterkunft zu der Zeit schon so voll belegt gewesen sei, wenn das nicht der Fall gewesen sei, dann habe es nämlich auch weniger Sozialarbeiter gegeben.

V fragt weiter nach dem Urlaub mit A, möchte wissen, wann das gewesen sei. ST gibt November 2015 an. Auf Nachfrage erklärt ST, dass er mit A über das Geschehene natürlich geredet habe, darüber, dass A da „Scheiße gebaut“ habe. V möchte wissen, ob A dann gleich entlassen worden sei, was ST bejaht. […] V fragt nach dem Kontakt zwischen A und ST, ob sie sich privat getroffen hätten. ST verneint, sie hätten nur telefoniert. Sie seien dann zusammen nach Polen gefahren. V fragt weiter, ob ST mit A am Tag [nach dem Pfefferspray-Sprühens] darüber geredet habe. ST verneint, da er selbst an dem Tag bei der Polizei gewesen sei. V fragt weiter, wo die Rezeption sei. ST erklärt, diese sei beim Büro. V möchte weiter wissen, ob ST auch etwas vom Sprühen abbekommen habe. ST verneint, er sei ja vor dem A gelaufen.

Auf Nachfrage der NKV bezüglich seiner Reaktion antwortet ST, er sei weitergelaufen.  NKV zielt auf die Aussage des ST ab, dass er gesagt habe, A solle aufhören mit dem Pfefferspray, da Kinder im Haus seien. ST erklärt, dass er das bereits in dem Zimmer gesagt habe. […] NKV fragt, warum ST nicht nach dem tatsächlichen Sprühen reagiert hätte, es hätte ja jemand verletzt sein können. ST erklärt, er habe nach Hause gewollt. NKV fasst zusammen, dass ST erst sagt, der A solle aufhören wegen der Kinder und er danach ein Sprühen hört und dann aber nichts macht. ST erklärt, dass das so kurz gewesen sei, er hätte nicht gedacht, dass da etwas passiert sei. NKV sagt, dass sie auch nicht glaube, dass da etwas passiert sei. Sie möchte weiter wissen, was A danach gemacht habe, ob er dem ST etwas erzählt habe. ST erklärt, er habe nur davon im Radio gehört. NKV hakt nach, ob A dem ST nicht erzählt habe, dass noch etwas im Hotel gewesen sei. ST verneint. NKV möchte weiter wissen, ob ST schon einmal einen Elektroschocker bei A gesehen habe. ST verneint. Die Frage, ob ST selbst einen Elektroschocker habe, verneint er lachend.

[…]

V setzt seine Befragung fort. Er möchte wissen, was der Anlass für das Zusammenkommen in dem Zimmer gewesen sei, ob es sich um einen Geburtstag gehandelt habe. Das könne sein, meint ST. V macht einen Vorhalt aus der Aussage des ST vom 1.9., darin schildert er, dass er am Tattag gegen 20 Uhr in Massow angekommen sei. V erklärt, dass das Problem sei, dass beim Tatvorwurf die Rede von 19 Uhr sei. ST gibt an, dass das, was er geschildert habe, in 45 Minuten passiert sei. Er denke, es sei so gewesen, wie er es danach ausgesagt habe. V macht einen weiteren Vorhalt: es sei eine Person mit tränenden Augen aus dem Gebäude gekommen. A habe gesagt, dass er denke, dass die Person das verkraften werde. V möchte wissen, ob ST von noch mehr Personen wisse, die aus dem Gebäude gekommen seien. ST verneint. V hält vor, ST habe gesagt, dass noch andere mit dem Pfefferspray rumgefuchtelt hätten, dies stehe aber nicht in seiner zeugenschaftlichen Äußerung. ST erwidert, dass er sich dessen aber sicher sei. V möchte weiter wissen, ob ST das Rauschen der Flasche wahrgenommen habe. ST gibt an, dass das sehr kurz gewesen sei. Auf Nachfrage erklärt ST, dass er sich auch nicht umgeguckt habe, die Wolke sei auch nicht zu ihm gezogen. […] V fragt, wie sich der A gegenüber den anderen im Zimmer verhalten habe. ST gibt „ganz normal“ an. V fragt nach Beleidigungen oder ob ST mal einen Hitlergruß gesehen habe. ST verneint. V möchte weiter wissen, ob ST mitbekommen habe, ob A auch näher zusammen gewesen sei mit Ausländern, ob es Freundschaften gegeben habe. ST erklärt, das das eher der Fall gewesen sei. V fragt nach den Räumlichkeiten „Rezeption“ und „Tresen“. ST erklärt, dass die Rezeption eigentlich ein Tresen sei und dass dahinter das Büro sei. Auf Nachfrage erklärt ST, dass das Büro entweder durch den Wachschutz besetzt oder abgeschlossen sei. Die Schlüssel für die Vans seien im Büro.

Die StA fragt, ob der ST Sorge gehabt habe, dass auch er mitverdächtigt werden könne, als er von dem Vorfall im Radio gehört habe. ST verneint, er sei sich ja keiner Schuld bewusst gewesen. Am nächsten Tag habe ihm sein Chef gesagt, dass er zur Polizei gehen solle. StA fragt weiter nach der Wirkung von Pfefferspray. ST erklärt, dass es Augen und Atemwege reize. StA möchte weiter wissen, ob ST ausgeführt habe, warum A nicht sprühen solle, was ST verneint. StA erklärt, dass der A meinte, Pfefferspray sei Stinkspray. ST sagt, da er das nochmal erklärt hätte, hätte er das gewusst. StA frag, ob es die eigene Wahrnehmung des ST sei, dass eine Person aus dem Haus gekommen sei, was ST bejaht.

R fragt nach der postalischen Anschrift des Hotels. ST wisse sie nicht. Auch wisse er nicht, ob die Klinik die selbe Anschrift habe. R fragt, wann am nächsten Tag die Vernehmung durch die Polizei stattgefunden habe, wer diese durchgeführt habe. ST gibt 13 Uhr an, er sei von einem älteren Herrn vernommen worden. R nennt den Namen S. Laut ST könne es dieser gewesen sein.

Die NKV fragt nach den Räumlichkeiten der Rezeption und des Büros und zielt darauf ab, ob die Rezeption abgeschlossen oder für jeden zugänglich sei. ST erklärt, sie sei für jeden zugänglich. NKV möchte weiter wissen, ob man an der Rezeption vorbeigehe, wenn man nach Hause [wahrscheinlich ist gemeint in die Zimmer] gehe. ST verneint, man müsse abbiegen, ca. 2 Meter. NKV fragt nach der Zeit des Geschehens, ob es da hell gewesen sei. ST bejaht. NKV schlussfolgert, dass ST also die rauskommende Person erkennen habe können. NKV fragt weiter nach der Wachschutz-Firma, ob diese eigene Autos hätten, oder ob sie sich auch mal die anderen ausgeliehen hätten. ST wisse das nicht, es würde auch auffallen wegen des Fahrtenbuches. NKV möchte wissen, ob ST wieder an der Klinik habe vorbeifahren müssen, als er nach Hause gefahren sei. ST zeichnet eine Skizze der Örtlichkeiten und seines Weges auf.

NKV fragt weiter, ob A dem ST mal erzählt habe, dass eine aufgebrachte Horde Männer ihn verfolgt hätten. ST verneint. NKV möchte die Beweggründe des ST wissen, warum er im Zimmer gesagt habe, A solle nicht mit dem Pfefferspray rumspielen. ST erklärt, dass habe er aus seiner eigenen Vorsicht heraus gesagt. Auf Nachfrage gibt er an, dass er keine anderen, größeren Sprühflaschen bei A gesehen habe. NKV fragt, ob der Wachschutz noch andere Sachen wie Waffen habe. ST verneint, das wisse er, weil er selbst mal zwei Monate beim Wachschutz gearbeitet habe.

Der ST wird unvereidigt entlassen.

NKV erklärt, dass sie vermute, dass das, was der St berichtet habe, ein Vorfall sei, der vor dem eigentlichen, hier verhandelten Vorfall stattgefunden habe. Die StA merkt an, dass auch der NK  von 20 Minuten, der Anwesenheit der ST und von einem Transporter spreche. STA finde es schade, dass der NK jetzt weg sei. Sie möchte wissen, wo der NK denn sei und ob dieser noch telefonisch erreichbar sei. Die StA glaube, dass die angegebenen Zeiten stimmen würden. Die NKV widerspricht, die angegebene Uhrzeit von 20:30 Uhr passe nicht. R merkt an, dass die Einsatzprotokolle der Polizei früher seien. NKV erklärt, dass das was der ST sage, keinen Katastrophenalarm auslösen habe können. Diese vielen Verletzungen ließen sich nicht damit erklären. V meint, dass das nicht so einfach so festgestellt werden könne, dafür bräuchte es ein Gutachten. Nach V seien die vielen Verletzten, von denen NKV spreche, nicht mal festgestellt. NKV erklärt, dass man nun überlegen müsse, wo die Reise hingehen solle. Sie glaube, dass ein Gutachten erforderlich sei, wenn hier keine Einigkeit erzielt werden könne. Denn die Einigkeit sei für die Strafzumessung wahnsinnig wichtig. R fügt hinzu, dass es wichtiger sei, welche Intention dahinter gesteckt habe. NKV pflichtet bei, dass das noch hinzukomme. R erklärt, dass solang es keine anderen Aussagen gebe, dass A nicht gesprüht habe, es dabei bleibe, dass A gesprüht habe und es so viele Verletzte gegeben habe. NKV fasst das Geschehene aus ihrer Sicht zusammen: Wenn es so gewesen sei, dass ST um 17:30 gekommen sei, A eine kleine Menge gesprüht habe, dann einer mit gereizten Augen aus dem Gebäude gekommen sei, ST dann „so ein Scheiß“ gesagt habe und A dann später wieder mit einer Maske ins Gebäude gegangen sei, dann habe das eine ganz andere Qualität. […] Die StA erklärt, dass ja Nachermittlungen angestellt worden seien. […] Der V erklärt, dass wenn die Geschichte von NK stimme, das hätte durch die Aussagen der Albaner bestätigt werden müssen, dass es eine Maske etc. gegeben habe. Diese Bestätigung gebe es aber nicht. […] R fügt hinzu, dass wenn sie ein Gutachten einholen würden und das bestätigen würde, dass ein kurzes Sprühen nicht das Ausmaß ergebe, dann zeige das nur, dass As Aussage in einem Punkt widerlegt sei, mehr nicht. Signifikant würde sich nur etwas ändern, wenn es einen Angriff auf Personen gegeben habe. R bietet an, die Aussagen der Albaner zu verlesen, daraus lasse sich aber nur ziehen, dass A und die Albaner zusammen gesessen hätten und es gute Stimmung gewesen sei. [Es entfacht eine Diskussion, die aufgrund der Schnelligkeit nicht protokolliert werden konnte]

R fragt den A, wann er die Aussage bei der Polizei gemacht habe. A gibt an, es habe eine nachts und eine am Tag gegeben. R verliest 12:30-13 Uhr, also etwa zur gleichen Zeit, wie ST. R schlussfolgert, dass Absprachen zwischen A und ST also nicht möglich gewesen seien.

Zeugin P (23 Jahre, Polizeibeamtin) [weiß]

Die Zeugin wird von R belehrt.

P berichtet vom Tattag, dass sie zu dieser Zeit Praktikantin bei der Polizei gewesen sei. Diese hatten an dem Tag Einsatz und waren zuvor in KW unterwegs. Dann wurden sie zum Einsatz nach Massow gerufen. P kann nichts mehr über das genaue Gespräch im Einsatzfahrzeug sagen. Sie wären aber etwa der dritte Einsatzwagen vor Ort gewesen. Sie berichtet von etwa hundert Personen auf einem Hof vor einem Haus, die aufgeregt waren. Zunächst hätten sie sich einen Überblick verschaffen müssen. Es hätte Verständigungsprobleme gegeben, weshalb nach Übersetzer_innen gesucht wurde. Sie und ihr Kollege seien dann in das Erdgeschoss des Gebäudes gegangen, um mit Bewohner_innen zu sprechen. Die Bewohner_innen seien teilweise schwer zu verstehen gewesen. P habe dann Personen gefunden, die Englisch sprachen, das hätte P dann ihrem Kollegen übersetzt. Bewohner_innen hätten ihr berichtet, dass Personen zusammengesessen und Bier getrunken hätten. Dann soll es Streit gegeben haben. P wisse aber nicht mehr genau worum es ging. R fragt danach, ob sie eine rassistische oder ausländerfeindliche Komponente in dem Vorfall erkennen konnte. P sagt, dass dies schwer zu beurteilen sei und sie es nicht sagen könnte. Dann ergänzt P: „Richtig rassistisch habe ich es nicht empfunden“.  Beschreibt zudem, dass das zum damaligen Zeitpunkt ein sensibles Thema gewesen wäre und auch sehr politisch. P kann sich aber daran erinnern, dass noch im Raum stand, ob es Rassismus war. R fragt nach der genauen Anzahl an Bewohner_innen vor dem Haus und ob sie Verletzte oder Geschädigte beobachtet hätte. P berichtet, dass Personen gehustet hätten. Auch Kinder seien dabei gewesen. Verletzte sollten sich bei den Einsatzkräften melden. R macht einen Vorhalt, dass 60 Personen vor dem Haus gewesen sein sollten. P sagt, dass es zu lange her sei, um das genau zu sagen. R. fragt nach den Umständen nach der Ankunft. Fragt nach „Tohuwabuhu“ oder eher so geordnet wie „hier“ und deutet damit in den Gerichtssaal. P antwortet darauf, dass es ein Durcheinander gewesen wäre. R verließt Namen und fragt nach den Erinnerungen von P. Diese schüttelt den Kopf. R macht einen Vorhalt, aus dem hervorgehe, dass P eine Zeugenaussage eines Hr. B aufgenommen habe. P könne sich nicht mehr erinnern, halte sich aber an ihre damalige Aussage. R fragt nach Anzahl der Rettungswagen, woraufhin P etwa 4-5 (Hilfe-) Stationen auf dem Gelände beschreibt. R zeigt P Tatortbilder. R fragt P nach ihrer Einschätzung zum Raum, in dem Haare geschnitten wurden und ob dieser „normal“ gewesen sei. P erläutert: „für meine Definition nicht“. R fragt nach Art der Verletzungen. P kann darauf keine genauen Aussagen machen, beschreibt aber Husten.

Zeuge I (53 Jahre, Sicherheitsmitarbeiter) [weiß]

R macht einen Vorhalt. Es handelt sich um ein Gesprächsvermerk. A solle zu I gesagt haben „Halt die Fresse, sonst kriegst du auch noch Pfefferspray ab“. I erklärt, dass es mal so eine Äußerung gegeben habe, er glaube aber nicht, dass das an dem Tag gewesen sei. R fragt, ob I von dem Auffinden der Pfefferspraydosen wisse. I spricht von einem Kistchen unten, wo eine Dose drin gewesen sei. Er glaube, dass in dem Büro mal so eine „Pulle“ drin gewesen sei. Das sei das Büro der Heimleitung und des Wachpersonals gewesen. R sagt, dass I an dem Tag ziemlich lang Dienst gehabt habe, was I bejaht. R möchte wissen, wie viele der Bewohner von dem Pfefferspray abbekommen hätten. I kann die Frage nicht beantworten. Anschließend fragt R, wie viele Krankenwagen im Einsatz gewesen seien. I antwortet, dass „alles was mit Blaulicht fährt“ dort gewesen sei und eigentlich sei ja gar nichts gewesen, wie es im Nachhinein erzählt worden sei R fragt nach der Zeit, zu der I den A am Anfang im Auto vorbeifahren gesehen habe. I gibt an, dass es noch hell gewesen sei, vielleicht so 17:30/18:30 Uhr.

Die NKV fragt, ob der I von der Polizei vernommen worden sei. I bejaht. Er sei vom Staatsschutz vernommen worden. Er sei da öfter, da er im Wachgewerbe tätig sei. NKV möchte wissen, ob I die Aussage noch einmal lese, wenn er sie unterschreibe. I bejaht. NKV macht einen Vorhalt: Darin geht es um eine Situation mit A und I im Büro, wobei die Sätze „Du klaust ja“ und „Halt die Fresse…“ gefallen seien. I habe dazu erläutert, dass A das immer in diesem Jargon mache. I erklärt zu diesem Vorhalt, dass es wohl daran gelegen habe, dass am Vortrag Alkohol getrunken worden sei. NKV fragt weiter, was A noch gesagt habe. I erklärt, dass das manchmal so gewesen sei, ob das an der Laune gelegen habe oder so, wisse I nicht. NKV macht einen weiteren Vorhalt: I habe kein Pfefferspray bei A gesehen. A habe aber immer so ein kleines „Elektroding“ gehabt, womit er die „Asylanten“ geärgert habe. NKV fragt, was es mit diesem „Elektroding“ auf sich habe. I habe keine Ahnung, vielleicht ein Laserpointer oder sowas, was man auf dem Bau zum Messen verwende. NKV möchte daraufhin wissen, wie A damit dann die Bewohner geärgert habe. I vermutet, dass er sie angeleuchtet habe. NKV fragt, ob es sich vielleicht um einen Elektroschocker gehandelt habe. I wisse es nicht. NKV geht darauf ein, dass I bei der Befragung durch den R angegeben habe, er habe gehört, dass gar nichts passiert sei. I bejaht, er habe von den Kollegen und Sozialarbeitern gehört, dass da gar nicht so viel gewesen sei. Woher diese das gewusst hätte, wisse er nicht.

Das Fragrecht geht an den V über. V macht einen Vorhalt, indem die Rede von aggressivem Verhalten des A gegenüber Bewohnern ist. I gibt an, dass A ja mit denen befreundet gewesen sei, A habe ja auch mit den Bewohnern gearbeitet, das habe A ja auch gedurft. V fügt hinzu, dass der A ja auch etwas mit einer der Bewohnerinnen gehabt haben solle. I bejaht, es hieße zwar immer, dass man  sowas nicht sagen solle, aber es sei ja nichts dabei.

Der Zeuge I wird entlassen.

R verliest den Bericht der Einsatzstelle Potsdam (Eingang 19:37 Uhr): 20:14 Uhr erste Lagemeldung; Beschuldigter führt Elektroschocker mit; 20:40 Uhr Kinder im Krankenhaus, 21:12 Uhr 38 Verletzte, 8 Kinder; Kinder in Krankenhaus Lübben; 19:44 Uhr in den Räumlichkeiten ist alles voll Pfefferspray, man kann die Räume nicht betreten

Zeuge F (Polizeibeamter, 38 Jahre) [weiß]

Die StA fragt den F nach seinem Eindruck des A. F habe ihn als ein bisschen teilnahmslos empfunden. StA fragt nach Alkohol. F verneint, es sei das Standardprozedere durchgeführt worden, A sei positiv auf Amphetamine getestet worden.

Die NKV geht auf den Einsatzbericht ein und fragt, woher er gewusst habe, dass A den Generalschlüssel für das ganze Objekt gehabt habe. F glaube, dass sie das von den Wachschützern erfahren hätten. NKV möchte weiterhin wissen, ob F nicht überprüft habe, ob der Schlüssel auch zu den Wachschutzräumen passe. F verneint, das habe er nicht überprüft.

Befragung des V [Anm. unverständlich]

Der Zeuge F wird entlassen.

R fragt nach dem weiteren Vorgehen, ob es noch Beweisanträge gebe. Für R wäre vorstellbar, die Aussage des Zeugen T zu verlesen, weil dieser ja nicht mehr erreichbar sei. V erklärt, dass er nichts gegen das Verlesen der Aussage des Z habe [Anmerkung: Bei Z handelt es sich ebenfalls um einen ehemaligen Bewohner des Heims, der jedoch ebenfalls nicht mehr in Deutschland ist] Die NKV gibt zu Bedenken, dass es lediglich die Aussage des F zur Wirkung von Pfefferspray gebe und eben keine Aussage eines Sachverständigen. Sie erklärt, dass es im Rahmen dieser Verhandlung wohl nicht mehr möglich sei, dies aufzuklären, da nicht weiter ermittelt worden sei.

R verliest die Aussage des Zeugen T [1994 in Albanien geboren]: A sei eingeladen gewesen zum Bier trinken. A sei zu einem Telefonat mit ST rausgegangen. A habe mit Pfefferspray rumgespielt. Leute hätten das Gebäude verlassen und gesagt, dass A das gewesen sei. A hätte im Zimmer Pfefferspray in der Hand gehabt. Gefragt zu dem Verhältnis zu A habe T angegeben, dass A ihm geholfen habe mit den Papieren, A sei der Chef gewesen.

R verliest die Aussage des Zeugen Z [1994 geboren in Albanien], Vernehmung vom 29.09.15: A habe ihnen ein bisschen geholfen. An dem Tag hätten sie in dem Zimmer von T gesessen, A habe ein halbes Bier getrunken. A sei dazu gekommen, es habe keine richtige Einladung gegeben. Ca. 10 Minuten später sei ST dazu gekommen. A habe auf Deutsch telefoniert, was Z nicht verstanden habe. A sei dabei nervös gewesen. A habe Pfefferspray dabei gehabt, weil er Angst gehabt habe. A sei rausgegangen, dann hätten sie das Gas gemerkt. Sie seien A sehr dankbar, da er ihnen geholfen habe und sie hätten für ihn gearbeitet. Es sei ein freundschaftliches Verhältnis gewesen.

R verliest drei Atteste aus dem Achenbach Krankenhaus:

[Auszugsweise]

  1. M., geboren 2003, erbrochen, Husten, Rachen gerötet, Inhalationstrauma Pfefferspray
  2. V., hustet leicht, Inhalationstrauma Pfefferspray
  3. B., geboren 2000, Husten, Erbrechen

Am Richterpult werden Fotos von Frauen und Kindern in Augenschein genommen, alle haben gerötete Augen.

R verliest das Sicherstellungsprotokoll der Polizeiinspektion Dahme-Spreewald: Es sei das Zimmer 319 durchsucht worden, Pfefferspray (schwarz) unter dem Bett, A habe das so berichtet.

R verliest „Screening-Test“ des A, Amphetamine seien positiv getestet worden. Die Blutalkoholkonzentration  des A am 1.9.15 um 22:15 habe unter 0,1 Promille gelegen.

Weiter wird der Auszug des Bundeszentralregisters des A verlesen: 2013 Fahren ohne Fahrerlaubnis vier Fälle, [Jahr nicht verstanden] BTM Freiheitsstrafe zwei Jahre auf Bewährung, Dez. 2014 Diebstahl ein Monat auf Bewährung.

R fragt den A daraufhin, ob BTM heute noch ein Thema für A sei, was A verneint.

Plädoyer Staatsanwaltschaft

A sei im Zimmer des T gewesen, habe dieses dann mit ST verlassen, mit Pfefferspray gesprüht. Die Aussage sei durch ST gedeckt. Es bestünden keine Zweifel daran, dass dies so abgelaufen sei. Objektiv gesehen handele es sich um eine gefährliche Körperverletzung, verwirklicht sei diese durch die erhebliche Anzahl an Verletzten. Subjektiv stelle sich die Frage, ob es sich um bedingten Vorsatz oder bewusste Fahrlässigkeit handele. A habe angegeben, dass er nicht gewusst habe, wie Pfefferspray wirke. […] Es sei völlig unglaubwürdig, dass A nicht gewusst habe, dass Pfefferspray nicht nur stinke. Dies sei schließlich schon Thema im Zimmer gewesen. A selbst sage, er habe sich das Spray angeschafft zur Abwehr. Es sei völlig lebensfremd, davon auszugehen, dass das Versprühen keine gesundheitlichen Folgen nach sich ziehe. A müsse den Erfolg bedingt in Kauf genommen haben. […] Wer im Flur, von dem Zimmer angrenzen, Pfefferspray versprühe, nehme in Kauf, dass Personen geschädigt werden würden. Ob es sich dabei um einen Scherz gehandelt habe oder nicht, er habe es in Kauf genommen. Der bedingte Vorsatz sei damit deutlich nachgewiesen. Das Gesetz sehe einen Strafrahmen von 6 Monaten bis 10 Jahre vor. A sei von Anfang an geständig und unrechtseinsichtig gewesen, A habe sich auch entschuldigt. Strafschärfend wirke sich aber die Vielzahl der Verletzten aus. A sei dreifach strafrechtlich in Erscheinung getreten, stünde/habe zweifach unter Bewährung gestanden, es handele sich dabei aber um BTM- Taten und Diebstahl, er sei also nicht einschlägig vorbestraft. Die StA beantrage daher 1 Jahr und 6 Monate auf Bewährung wegen der Unrechtseinsicht des A, außerdem habe dieser seinen Job in der Folge verloren […] Außerdem solle A 1000€ an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.

Plädoyer Nebenklage

Die NKV erklärt, sie sei sich unsicher, was passiert sei. Sie kenne sich auch ein bisschen mit CS-Gas aus, sodass sie wisse, dass es sich nicht bei einmaligen Sprühen im ganzen Haus verteile. Die Hauptverhandlung habe gezeigt, dass es Ungereimtheiten gebe, natürlich auch durch die Aussage ihres Mandanten. Der NK habe das Geschehene von Anfang an so geschildert, weil ihn das mitgenommen habe. Der Vorfall habe ihn angetriggert. Der Tod seiner Familie stehe ebenfalls im Zusammenhang mit Gas und Rauch. Dadurch könne es passieren, dass da eine Flasche größer gesehen werde, als sie tatsächlich sei. Die NKV habe auch gehört, dass es so ein Auto gegeben habe, wie es von ihrem Mandanten beschrieben worden sei. Allerdings würden die Prozessbeteiligten jetzt nicht mehr dahinterkommen können, wie es tatsächlich gewesen sei. Wenn es jedoch so stattgefunden habe, wie ihr Mandant es beschrieben habe, dann sei es ganz anders gewesen als bisher hier angenommen. Zu der Frage, ob es sich um einen rassistischen Angriff gehandelt habe, habe auch die Zeugin P gesagt, dass es eine sehr sensible Zeit gewesen sei, dass da alle Alarmglocken angegangen seien. Sie, die NKV selbst, sei die Letzte die sage, dass alles, was gegen Asylbewerber sei, immer gleich rassistisch sei. Die NKV geht auf die Facebook-Posts des A ein und dass dieser sage, es sei alles lang her. Die NKV wundere sich, dass der A, als er darauf von der Polizei angesprochen worden sei, es nicht zum Anlass genommen hätte, diese Posts zu entfernen. Die NKV komme zum nächsten Punkt, dem Hitlergruß. Dies sei auch von anderen bestätigt worden. Man könne vielleicht sagen, dass der A so ein Typ sei, der sowas aus Spaß mache. Aber – die NKV richtet ihre Worte direkt an den A – A habe gewusst, wo er sich befinde, er habe den Hitlergruß nicht gegenüber der NKV gezeigt, sondern dort, wo solche Leute wohnen, die [in Nazideutschland] umgebracht worden wären. Die andere Seite sei die, dass der A mit den Bewohnern befreundet gewesen sei, er habe mit ihnen gearbeitet und sie dann mit einem Elektroschocker geärgert. Der NKV scheine es so, dass Rassismus mitgespielt habe. So wie er [der Rassismus] in uns allen sei, nur habe A das nicht reflektiert. Die NKV glaube nicht, dass der A ein Nazi sei. Die NKV glaube nicht, dass das Gericht auf strafschärfend komme wegen Rassismus. Als strafschärfend müsse berücksichtigt werden, dass der A dort schon länger gearbeitet habe und daher gewusst habe mit welchem Menschen er dort sei, nämlich jenen, die traumatisiert seien wie ihr Mandant.

Plädoyer Verteidigung

[…]

Der V erklärt, er wisse um die Wirkung von Pfefferspray, da er oft auch Polizeibeamte von der Polizeigewerkschaft vertrete. […] Der zugrundliegende Sachverhalt sei einer, den man nicht erklären könne. […] Der A habe ein krankes Kind, um das er sich sehr oft kümmern müsse. Er stecke unheimlich viel Geld in das Kind. Es habe den A getroffen, dass auch Kinder von dem Pfefferspray getroffen worden seien. Es solle von einer Geldstrafe abgesehen werden. Alles Weitere denke der V sei ein Denkzettel, den der A mitnehme.

A hat das letzte Wort: Ihm tue die ganze Sache wahnsinnig Leid.

Urteil

A wird zu 1 Jahr und 6 Monaten auf Bewährung verurteilt. Zur Begründung schildert R zunächst den Tathergang: Gegen Abend habe A wahrscheinlich nach 19 Uhr im Asylbewerberheim Pfefferspray in den geschlossenen Flur gesprüht. Die Intensität sei jetzt nicht mehr feststellbar. Leider sei eine Vielzahl an Menschen verletzt worden. Es sei zu einem Aufruhr, zu Augenreizungen, Erbrechen und in Einzelfällen zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung wie bei dem NK gekommen. Das alles habe zu einem Großeinsatz geführt. Es sei nicht festzustellen gewesen, dass eine rassistische und menschenverachtende Motivation tragender Ausgangspunkt gewesen sei. Daher gelte im Zweifel für A. R ordne es daher der Kategorie sehr dummer Jungenstreich zu. A habe Folgen wie Augenreizungen etc. billigend in Kauf genommen, habe sich das Ausmaß nicht vorgestellt. Dass A den Abend mit dem Zeugen T verbracht habe, zeige dass das rassistische Tatmotiv nicht gegeben sei. Für führende deutsche Kadernazis seien Albaner nicht der bevorzugte Umgang. Des Weiteren sei der Zeuge I völlig unstrukturiert gewesen. Diesem sei zu Ohren gekommen, dass es Streitereien gegeben habe, welche aber auch denkbar seien, wenn viele Menschen auf engem Raum zusammen seien. Zu der Aussage des ST sei festzuhalten, dass eine Absprache mit A nicht möglich gewesen sei. Es sei widerlegt worden, dass es ein direktes Besprühen gegeben habe. Welches jedoch durch die Aussage des NK eindrücklich geschildert worden sei. NK habe auch geschildert, dass bei ihm Flashbacks ausgelöst worden seien, der R glaube, dass das eine PTBS vorliege. Dennoch gebe es Zweifel, ob bei [hier konnte akustisch nicht verstanden werden, ob R von ST oder NK spricht] nicht auch eine Gemengelage zwischen dem, was er selbst erlebt habe und dem, was andere erzählt haben, bestehe, gerade im Hinblick darauf, dass es auch die Schilderung gegeben habe, das A mit zwei größeren Flaschen rein und raus gelaufen sei. Im Zweifel jedoch gelte auch hier für den A, deshalb werde das individuelle Sprühen als nicht nachweisbar gewertet. Leider gebe es keine Videoaufzeichnung mehr. R sehe die Tat demnach als „dummen Jungenstreich“ und nicht als gezieltes Verletzen von Personen. Möglich sei, dass es unterschwellige Motive gegeben habe, aber sie [R und die Schöffen] seien das Gericht und nicht der Seelenklempner.

Die Tat sei mit einer gesundheitsgefährdenden Substanz und einem gefährlichen Werkzeug verübt worden, dies sei für die Straftatbestimmung wichtig, die Feststellung der Intensität sei dabei aber nicht notwendig. R bejaht, dass ein Vorsatz vorgelegen habe. Als strafmildernd werte R das mehrfache Geständnis des A, außerdem die Entschuldigung des A, dazu gehöre „auch ein Arsch in der Hose“ dies vor versammelter Kulisse zu tun.  Weiterhin werde der Jobverlust als strafmildernder Umstand gewertet. Als strafschärfend gelte jedoch, dass 40 Menschen verletzt und die öffentliche Sicherheitsstruktur lahmgelegt worden sei.

R erklärt, dass Reizgas an jedem Ort daneben sei, dass es aber im Asylbewerberheim besonders daneben sei, weil dort Menschen leben würden, die andere Erfahrungen gemacht hätten als jemand, der immer in Deutschland gelebt habe.

Als Grund für das Aussetzen der Strafe auf Bewährung führt R die persönlichen Umstände des A an. Dabei gehe es um das behinderte Kind des A. Weiterhin zeige der Umstand, dass A nachdem er seine Arbeit verloren habe, gleich wieder eine neue gefunden habe und übernommen werde, die Integration in die bürgerliche Gesellschaft. R glaube dem A, dass dieser verstanden habe, dass er „so einen Mist“ nicht nochmal machen werde.

R erklärt weiterhin die Auflagen unter denen A für 3 Jahre unter Bewährung stehe: Sucht- und straffrei, sofortige Anzeige bei Umzug. Es werde von einer Geldstrafe abgesehen und davon ausgegangen, dass das Geld die Opfer auf anderem Wege erreiche. R zitiert eine Faustregel, wonach das Geld, welches man den Eltern nehme, zuerst den Kindern fehle.

R richtet seine Worte noch einmal abschließend an A und sagt, dass es schön wäre, wenn A in Zukunft nachdenken würde, bevor er Unfug erwäge.

Die Verhandlung wird geschlossen.