BTM-Handel am Kottbusser Tor

Prozessprotokoll vom 23.06.2017 – AG Tiergarten

Anwesende:

  • Richter (weiß)
  • Staatsanwalt (weiß)
  • Verteidiger (weiß)
  • Angeklagter (PoC)
  • Dolmetscher (PoC)
  • Zeuge „Käufer“ (PoC)
  • Zeuge P (weiß)
  • Zeuge Z (weiß)
  • Protokollantin (weiß)
  • eine Prozessbeobachterin (weiß)

Der Richter eröffnet die Verhandlung und stellt die Personalien des Angeklagten fest. Der Angeklagte ist tunesischer Staatsangehöriger und von Beruf Schneider. Weiterhin wird festgestellt, dass der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben sei.

Der Staatsanwaltschaft verliest die Anklageschrift. Dem Angeklagten wird vorgeworfen im September 2016 am Berliner Kottbusser Tor 2,77g Haschisch für 10€ an den Zeugen K übergeben zu haben.

Der Angeklagte äußert sich nicht zu dem Vorwurf.

Zeuge K (36 Jahre, PoC)

Der Zeuge K wird polizeilich vorgeführt. Das Verfahren gegen den Zeugen K ist nach § 31a BtMG [Absehen von der Verfolgung] eingestellt worden.

Der Richter beginnt die Vernehmung des Zeugen K. Er erklärt, dass am besagten Tag im vergangenen Jahr bei dem Zeugen K Haschisch sichergestellt worden sein solle. Der Zeuge K erklärt, dass er nichts von dem Angeklagten gekauft habe und der Angeklagte auch nicht von ihm. Der Richter fragt daraufhin, woher der Zeuge das Haschisch dann gehabt habe. Der Zeuge antwortet, dass er Koks, Haschisch usw. genommen habe. Der Richter wiederholt seine Frage: „Woher?“. Der Zeuge K sagt, er wisse es nicht mehr. Weiterhin erklärt der Richter, dass die Polizeibeamten gesehen hätten, wie der Zeuge K dem Angeklagten Geld gegeben habe, was K verneint. Er habe keine Erinnerung daran, er glaube aber, kein Geld übergeben zu haben. Der Richter möchte daraufhin wissen, wie sicher der Zeuge sei, dass er nicht vom Angeklagten etwas gekauft habe. Der Zeuge sagt, er sei sich sehr sicher. Der Richter reagiert etwas ungläubig und fragt, warum der Zeuge mit dem Angeklagten gesprochen habe, wenn er den doch gar nicht kenne. Die Antwort des Zeugen lautet „Szene“, da würde er eben fragen, wo er dieses und jenes herbekomme. Anschließend belehrt der Richter den Zeugen noch einmal und weist ihn auf seine Wahrheitspflicht hin.

Der Staatsanwalt fragt den Zeugen, ob er noch Erinnerungen an die Kontrolle habe, was dieser verneint. Weiterhin möchte der Staatsanwalt wissen, ob der Zeuge K schon häufiger am Kottbusser Tor kontrolliert worden sei. K meint, es seien vielleicht 2-3 Mal gewesen. Der Staatsanwalt fragt den Zeugen K, ob dieser den Angeklagten noch nie gesehen habe. Der Zeuge gibt an, dass der Angeklagte ihm bekannt vorkomme. Daran anschließend möchte der Staatsanwalt wissen, woher der Zeuge dann wisse, dass er nicht bei dem Angeklagten gekauft habe. Der Zeuge erklärt, dass er wisse, wo er kaufe und wo nicht. Weiterhin fragt der Staatsanwalt, ob der Zeuge den Angeklagten als Verkäufer kenne, was dieser verneint.

Der Verteidiger des Angeklagten fragt den Zeugen K, ob dieser schon wegen Drogendelikten verurteilt worden sei. Dies verneint der Zeuge, er sei nur wegen Beschaffungskriminalität verurteilt worden.

Zeuge F (38 Jahre, Polizeibeamter, weiß)

Der Richter erklärt, dass es um einen Vorfall bezüglich BTM gehe. Der Zeuge F erklärt, er sei an dem besagten Tag in Uniform gewesen. Sein Kollege habe beobachtet, wie der Angeklagte mit Drogen gehandelt habe. F sei dann über Funk informiert worden. Da der Angeklagte äußerlich sehr auffällig gewesen sei, habe F diesen wiedererkannt. F habe gesehen, wie der Angeklagte etwas aus seiner Tasche geholt habe. Der Richter möchte wissen, wie weit der Zeuge entfernt gewesen sei. Der Zeuge gibt an, dass es etwa 20-30 Meter gewesen seien. Der Richter möchte weiterhin wissen, ob die Person, an die die Übergabe erfolgt sei, bekannt gewesen sei, was der Zeuge verneint. Weiterhin fragt der Richter, wo die BTM-Substanz bei dem Angeklagten festgestellt worden sei. F antwortet, er könne dies nicht mehr genau sagen, es sei jedenfalls nicht im Mund gewesen.

Der Staatsanwalt fragt, ob der Zeuge seine Erinnerung an den Angeklagten beschreiben könne. Der Zeuge F verneint das, fügt aber hinzu, er habe den Angeklagten sofort erkannt, da dieser wegen der Haare sehr auffällig sei. [Der Angeklagte hat lange, zu einem Zopf zusammengebundene, graue Haare] Weiter möchte der Staatsanwalt wissen, wer den Angeklagten beschrieben habe. Der Zeuge gibt den Namen eines Polizeibeamten S an, die Beschreibung sei über Funk erfolgt. Der Staatsanwalt fragt weiter, ob der Zeuge an weiteren Maßnahmen beteiligt gewesen sei. Der Zeuge F gibt an, an der Wohnungsdurchsuchung des Angeklagten beteiligt gewesen zu sein. […]

Der Verteidiger fragt den Zeugen, ob dieser schon länger in Berlin sei, was er bejaht. Hintergrund der Frage sei, dass „Kottbusser Tor“ im Protokoll mit „C“ geschrieben worden sei. Der Zeuge erklärt daraufhin, dass er das Protokoll nicht geschrieben habe. Der Verteidiger weist dann darauf hin, dass es aber mit dem Namen des Zeugen unterschrieben sei, woraufhin der Richter auf die unterschiedlichen Schriften des Ausfüllenden und Unterschreibenden hinweist. Der Verteidiger hakt nach, ob der Zeuge die Durchsuchung gemacht habe, was dieser bejaht. Auf Nachfrage gibt der Zeuge an, dass er nach BTM durchsucht habe. Der Verteidiger möchte wissen, ob auch nach Geld gesucht worden sei. [Antwort des Zeugen nicht protokolliert]

Der Verteidiger fragt nach der Vorbereitung des Zeugen auf den heutigen Termin. Der Zeuge gibt an, das Protokoll gelesen zu haben. Der Verteidiger schlussfolgert, dass der Zeuge also nur wisse, was er gelesen habe. […] Weiter fragt der Verteidiger, ob dem Zeugen denn eine Erinnerung komme. Der Zeuge bejaht, wenn es etwas Auffälliges gewesen sei. Er könne aber nicht mehr sagen, ob bei dem Angeklagten irgendetwas in der Hosentasche gefunden worden sei. Der Verteidiger macht einen Vorhalt, worin es heißt, dass ein Geldschein sichergestellt worden sei. […] Der Verteidiger fragt, ob Handel bedeute, dass bei einem Ware und bei dem anderen Geld festgestellt werde, was F bejaht. Weiterhin möchte der Verteidiger wissen, ob es aufgeschrieben werde, wenn Geld gefunden worden sei. Der Zeuge erklärt, dass das aufgeschrieben werde, wenn es einem Handel zuzuordnen sei. Es werde also nicht aufgeschrieben, wenn 4€ gefunden würden, es aber laut Erkenntnissen bzgl. des erfolgten Handels 10€ sein müssten. Der Verteidiger vergewissert sich, dass also keine 10€ gefunden worden seien, wenn es nicht aufgeschrieben sei. Der Zeuge bejaht das. Der Verteidiger wiederholt, dass der Zeuge gesagt habe, er habe den Angeklagten aufgrund der Beschreibung durch den Kollegen wiedererkannt. Der Zeuge bejaht, es habe die Info gegeben, dass der Angeklagte da und da gehandelt habe, so aussehe und in diese Richtung gehe. Weiterhin fragt der Verteidiger nach einer Gruppenbeschreibung. Der Zeuge gibt an, dass es sich um das typische Personenklientel am Kotti gehandelt habe. Es seien 5-10 Personen gewesen, die nah beieinander in einer Traube gestanden hätten. Wo die Person festgenommen wurde und an welche Person sie übergeben worden sei, kann der Zeuge nicht mehr beantworten.

Der Verteidiger fragt weiterhin, ob in der Wohnung Drogen gefunden worden seien. Der Zeuge verneint, es sei nur ein Dolch gefunden worden. Der Verteidiger möchte außerdem wissen, ob der Zeuge vor der Festnahme den Hrn. R [Kollege des F] gesehen habe. Dies verneint der Zeuge, da er selbst in Uniform gewesen sei und der H. R in zivil. Der Kollege R habe eine Position zur Beobachtung gehabt, hätten sie sich getroffen, sei dies kontraproduktiv gewesen. Der Verteidiger möchte wissen, wo der Zeuge am Kotti gewesen sei. Der Zeuge gibt nur an, dass er irgendwo am Kotti gewesen sei, es könne auch sein, dass sie dort erst hingefahren seien. […] Der Zeuge schildert auf Nachfrage den Ablauf: Er sei mit Kollegen angekommen und habe gesehen, wie der Angeklagte etwas aus dem Mund genommen habe, zum Zeitpunkt des Handels sei er, der Zeuge nicht da gewesen. Er könne versichern, dass kein Handel stattfinde, wenn uniformierte Kräfte vor Ort seien. Der Angeklagte sei dann zweifelsfrei identifiziert worden. Der Verteidiger möchte weiter wissen, ob der Zeuge F gesehen habe, wie der Kollege R den Angeklagten identifiziert habe. Der Verteidiger fügt fragend hinzu, dass der F sich konkret daran erinnere, dass er mit seinem Kollegen darüber gesprochen habe. Der Zeuge F erklärt, dass sie das immer so machen würden, an den konkreten Wortlaut könne er sich nicht erinnern.

Der Angeklagte möchte gern etwas sagen. Der Richter hingegen erklärt, dass jetzt sein Verteidiger erst einmal dran sei. Der Verteidiger hingegen unterstützt den Angeklagten und möchte ebenfalls, dass dieser sich äußern kann. Der Richter möchte schließlich wissen, ob der Angeklagte etwas fragen oder eine Erklärung abgeben wolle. Der Angeklagte gibt an, dass es eine Erklärung sei.

Zunächst hat aber der Staatsanwalt Nachfragen. Er möchte wissen, ob der Zeuge F auch mit der Kontrolle des Erwerbers zu tun gehabt habe. Der Zeuge verneint, in der Regel werde der Erwerber nicht zum Fahrzeug gebracht, dieser werde nur kontrolliert und die Meldeadresse aufgenommen/überprüft [unklar]. […]

Der Angeklagte erklärt, dass es stimme, dass der Zeuge F ihn bereits kenne. Er habe immer alles zugegeben. Aber die Polizei habe ein solches Chaos gemacht bei der Wohnungsdurchsuchung und nicht einmal 0,1 Gramm gefunden. Die Polizei habe zu ihm gesagt, dass sie ihn wieder in den Knast stecken würden. Der Angeklagte wisse, dass ihm nicht geglaubt werde, es sei aber die Wahrheit.

Zeuge D (Polizeibeamter, weiß)

Der Zeuge D erklärt, dass er mit dem Kollegen R als zivile Streife an dem besagten Tag unterwegs am Kotti gewesen sei. Sein Kollege R habe in einem nahegelegenen Café gesessen, er selbst sei in einer Nebenstraße unterwegs gewesen. R habe dann beobachtet, wie ein Austausch stattgefunden habe, er habe dann dem Zeugen D den Weg des Käufers beschrieben. Der Zeuge D sei diesem dann nachgegangen und habe den Käufer in der Dresdener Str. überprüft. Der Käufer habe eine Beschreibung abgegeben, was auch der Kollegen R beobachtet habe. Der Käufer K sei sehr einsichtig gewesen. Er habe berichtet, dass er sehr abhängig sei und habe eingeräumt, dass er öfter etwas kaufe. Der Richter möchte wissen, ob der Käufer K Angaben zum Kaufpreis gemacht habe. Der Zeuge D meint, dass er das bestimmt gemacht habe, dass er sich aber nicht mehr daran erinnere, um wie viel es gegangen sei. Es sei aber eine kleine Menge, also auch ein geringer Betrag gewesen. Weiterhin fragt der Richter, ob der Käufer durchsucht worden sei oder das Betäubungsmittel freiwillig übergeben habe. Der Zeuge gibt an, dass der Käufer K auf jeden Fall durchsucht worden sei, dass dieser es aber gleich eingeräumt hätte. […] Der Richter macht einen Vorhalt aus den Protokoll zu Beschreibung des Verkäufers [A] „graue, lange Haare, Zopf, Ausländer“.

[…]

Der Staatsanwalt möchte wissen, ob der Betrag 10€ weiter kommuniziert worden sei. Der Zeuge erklärt, dass dies am Anfang nicht passiert sei, weil der Kollege R an die uniformierten Kräfte weiter kommuniziert habe. Im Nachgang seien aber vielleicht die Informationen zusammengetragen worden. Weiter fragt der Staatsanwalt, ob zuerst die Kontrolle des K oder des A stattgefunden habe. Der Zeuge gibt an, dass zuerst K kontrolliert worden sei. […] Der Staatsanwalt fasst zusammen, dass D den Handel nicht gesehen und sein Kollege R den Angeklagten später identifiziert habe. Er möchte wissen, ob D bei dieser Identifizierung dabei gewesen sei. Der Zeuge verneint. […]

Der Verteidiger fragt nach, ob der Zeuge also nicht wisse, ob der Kollege R den Angeklagten dann dort identifiziert habe. Der Zeuge erklärt, dass das normalerweise schon passiere, dass er aber nicht dabei gewesen sei. Weiterhin möchte der Verteidiger wissen, was der Zeuge bei der Durchsuchung des Käufers K gefunden habe. Der Zeuge erklärt, dass er das gefunden habe, was in der Anzeige stehe, also auf jeden Fall BTM (Haschisch und Arzneimittel). Was genau könne er nicht sagen. Der Verteidiger fragt weiter, ob der Zeuge die Verpackung von Diazepam kenne. Der Zeuge erklärt, dass es da keine übliche Verpackungsweise gebe. Der Verteidiger fragt weiter nach Geld. Der Zeuge antwortet, er wisse nicht, ob Geld gefunden worden sei. Zur Frage, wer das Durchsuchungsprotokoll geschrieben habe, gibt der Zeuge an, dass er es in Zusammenarbeit mit dem Kollegen R geschrieben habe. Das Durchsuchungsprotokoll befindet sich nicht in der Akte, welche dem Verteidiger vorliegt, daher bekommt dieser es vom Richter ausgehändigt. Der Verteidiger hält dem Zeugen vor, dass in dem Protokoll von einer BTM-suspekten Substanz gesprochen werde und in der Strafanzeige von zwei BTM-Rechtecken und fragt nach einer Erklärung. Der Zeuge sagt, er habe keine direkte Erklärung. Die beschlagnahmten Dinge würden zusammengepackt und dabei könne es passieren, dass etwas auseinander breche.

Weiterhin möchte der Verteidiger wissen, was der Zeuge mache, wenn Diazepam gefunden werde. Der Zeuge erklärt, dass dann [nicht verständlich wo] angerufen werde, da diese Stelle zuständig sei. Der Verteidiger hakt nach, wo dann das Diazepam sei, da es nicht im Beschlagnahmungsprotokoll aufgelistet sei. Der Zeuge erklärt, dass dies an die Kripo weitergegeben werde, da müsste es dann im Bericht auftauchen. Der Verteidiger erklärt, dass es da nicht drin stehe. […] Der Richter meint, dass es so klinge, als sei das Diazepam nicht beschlagnahmt worden. Der Zeuge erklärt, dass sie in so einem Fall die Kripo anrufen würden, da die entscheiden müssten, was damit passiere, er, der Zeuge, sei dafür nicht zuständig.

Der Verteidiger geht nochmal auf die Situation des Handels und die Personenbeschreibung ein. Der Zeuge erklärt, dass er den Austausch nicht beobachtet habe und nicht wisse, ob da noch andere Personen gewesen seien außer dem Mann mit den langen, grauen Haaren. Der Verteidiger hält fest, dass der Zeuge D also das Durchsuchungsprotokoll und die Anzeige gegen den Käufer K angeschaut habe, wo als Beweismittel Haschisch (ein kleines und ein großes Päckchen) aufgeführt sei. Der Zeuge bejaht, es seien zwei Päckchen (klein und groß) gewesen. Der Staatsanwalt hält fest, dass es noch einen anderen Vorgang gebe mit einer weiblichen Person mit türkischem Namen, wo der K auch drin vorkomme [unverständlich ob als Käufer oder Händler].

Der Zeuge D wird entlassen.

Zeugin M (37 Jahre, Polizeibeamtin)

Die Zeugin M gibt an, dass sie die Bearbeiterin gewesen sei bei dem Einsatz und sie den Schlussbericht gefertigt habe. Der Richter möchte wissen, ob die Zeugin also gewogen habe, dass es sich um 2,77 g Haschisch gehandelt habe. Die Zeugin bejaht. Weiter fragt der Richter, ob es sich um ein oder mehrere Stücke gehandelt habe. Die Zeugin kann diesbezüglich keine genauen Angaben machen. Eigentlich schreibe sie es auf, wenn es etwas besonderes gebe. Der Richter erklärt, dass ein Unterschied zwischen der Angabe im Beschlagnahmungsprotokoll von einem Stück und in der Anzeige von zwei auffalle. Die Zeugin sagt, sie habe keine Ahnung, wie es dazu gekommen sei.

Der Verteidiger fragt, ob bei dem Käufer K Diazepam gefunden worden sei. Die Zeugin erklärt, dass sie dazu nichts sagen könne, solche Tabletten hätten bei ihr nicht auf dem Tisch gelegen. Wenn dann sei dies sicherlich vom LKA weiter bearbeitet worden, weil es sich dabei dann um Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz handele. Sie wisse aber nicht, ob es eine solche Anzeige gegeben habe.

Zeuge R (31 Jahre, Polizeibeamter)

Der Zeuge R entschuldigt sich für sein Sportoutfit, in dem er erschienen ist.

Der Zeuge R erklärt, dass er am besagten Tag in zivil eingesetzt gewesen sei. Er habe in einem Imbiss an der Ecke der Reichenberger Str. gesessen und beobachtet, wie der Angeklagte jemanden angesprochen habe. Es habe kleine Gespräche gegeben. Der Zeuge R habe dann den Austausch gesehen, es sei auch ein Geldschein an den Angeklagten übergeben worden, das andere sei von dem Angeklagten an den K übergeben worden. Der Zeuge habe dann Bescheid gegeben, dass der K überprüft werden solle. Dieser habe Haschplättchen dabei gehabt. Der Zeuge habe eine Beschreibung des Angeklagten abgegeben. A sei noch am Kotti kontrolliert worden. Der Zeuge sei da nicht dabei gewesen, sondern nur vorbei gelaufen und habe den Kollegen gezeigt, dass es die richtige Person, also der hier Angeklagte, gewesen sei. Der Richter möchte wissen, ob der Zeuge dann bei der Durchsuchung des Angeklagten dabei gewesen sei, was R verneint. Der Richter geht auf die Differenz der BTM bezüglich der Durchsuchung des K ein. Der Zeuge R sagt, er habe dafür keine Erklärung, es könne aber passieren, dass etwas beim Transport zerbreche. Der Zeuge wisse nicht, ob er das Protokoll geschrieben habe, es sei aber nicht seine Schrift.

Der Staatsanwalt möchte wissen, ob der Zeuge später die Anzeige verfasst habe. Der Zeuge weiß es nicht. […] Weiterhin möchte der Staatsanwalt wissen, ob der Zeuge sich sicher sei, dass er bei der Maßnahme bzgl. des Verkäufers dabei gewesen sei. Der Zeuge erklärt, dass er bei der Durchsuchung nicht dabei gewesen sei. Er wisse aber, dass er vorbeigelaufen sei und ein Zeichen gegeben habe. Das laufe immer so. Die Beschreibung habe zu dem hier Angeklagten gepasst, es habe auch keinen anderen mit grauen Haaren gegeben. Der Staatsanwalt möchte wissen, woran der Zeuge dies festmache, da in der Anzeige nichts weiter drin stehe. Der Zeuge erklärt, dass er das immer so mache, er habe keine konkrete Erinnerung. Der Staatsanwalt fragt nach dem Kollegen F. Der Zeuge gibt an, dass dieser der Gruppenführer sei, er habe die Festnahme gemacht.

Der Verteidiger fragt, ob der Zeuge im Imbiss gesessen habe. Der Zeuge bejaht, an der Ecke habe er draußen gesessen. Der Verteidiger möchte wissen, ob der Kollege des R dabei gewesen sei. Der Zeuge antwortet, er wisse nicht mehr, ob der Kollege neben ihm oder vor ihm gewesen sei. Er habe mit seinem Kollegen telefoniert, das würden sie immer so machen. Der Verteidiger fragt weiterhin, woran der Zeuge den Geldschein erkannt habe. Der Zeuge R gibt an, dass er schon gesehen habe, dass es sich um ein Stück Papier handelte. Der Verteidiger hakt nach „Papier oder Geldschein?“. Der Zeuge sagt, er sei ein Geldschein gewesen, er könne aber nicht sagen, ob es sich um 10€ oder 50€ gehandelt habe, da er dies (die Farbe) aus der Ferne nicht unterscheiden könne. Er könne aber unterscheiden, ob es sich um Papier oder einen Geldschein handele. Der Verteidiger fragt, wie der Zeuge dann darauf komme, dass es ein Geldschein gewesen sei, wenn er keine Farbe habe sehen können. Der Zeuge erklärt, dass er das sagen könne, weil er fest davon überzeugt sei. Der Verteidiger fragt weiter, was übergeben worden sei, fragt nach Form und Farbe. Der Zeuge kann dazu keine Angaben machen. Der Verteidiger hält vor „dunkle Substanz“. Der Zeuge meint, dass das sein könne. Der Verteidiger gibt zu Bedenken, dass Substanz so ziemlich alles sein könne, also auch ein Geldschein? […]

Der Verteidiger fragt nach dem Weg, welcher dann von der Reichenberger Str. zur Dresdener Str. einmal über das Kottbusser Tor verlaufen sei. Der Zeuge verneint, die Reichenberger Str. verlaufe auf zwei Seiten des Kottbusser Tors. Der Zeuge zeigt den Weg auf einer Karte. Der Zeuge erklärt, dass sie erstmal hätten überprüfen müssen, ob K etwas gekauft habe. Deshalb sei der Zeuge hinterher gelaufen und habe die Beschreibung weiter gegeben. Der K habe Drogen dabei gehabt und habe eine Beschreibung des Verkäufers abgegeben. Der Verteidiger möchte wissen, ob der Zeuge R die Beschreibung vor oder nach dem Gespräch mit K über Funk durchgegeben habe. Der Zeuge erklärt, dass es sein könne, dass er zwei mal die Beschreibung durchgegeben habe, dass es in der Regel aber vorher passiere. […] Der Verteidiger möchte wissen, ob der Zeuge etwas zur Lokalisation des Angeklagten durchgegeben habe. Der Zeuge kann dazu keine Angaben machen. Weiter fragt der Verteidiger, ob der Zeuge R den K durchsucht habe. R sagt, er wisse nicht mehr, ob er oder der Kollege den K durchsucht habe. Der Verteidiger erklärt, dass in der Anzeige gegen den K stehe, dass der Zeuge R die Durchsuchung gemacht habe. Der Verteidiger möchte daher wissen, ob der K Geld dabei gehabt habe. R weiß es nicht. Der Verteidiger fragt weiter nach Medikamenten, was der R aber auch nicht weiß. Der Verteidiger fragt weiter, ob es irgendwo vermerkt worden wäre, wenn der K Diazepam dabei gehabt hätte. Der Zeuge gibt an, dass es drauf an komme, er glaube, dass erst Rücksprache mit der Fachdienststelle gehalten werden müsse. Der Verteidiger macht einen Vorhalt aus dem Protokoll der Aussage des K: Darin habe K angegeben, dass er Diazepam von einer weiblichen Person für 2,80 € erworben habe. R sagt, er habe daran keine Erinnerung. Der Verteidiger macht einen weiteren Vorhalt: Beschlagnahmt worden sei ein kleines und ein großes Stück BTM-suspekte Substanz. Der Zeuge kann dazu nicht so viel sagen, erklärt aber, dass es durchgebrochen sein könne. Der Verteidiger wirft ein, dass es eingepackt gewesen sei. […] Der Verteidiger fragt, ob der Zeuge den Bericht durchgelesen habe. Der Zeuge bejaht, er sei vor 3 oder 4 Wochen schon mal hier gewesen. Weiterhin möchte der Verteidiger wissen, ob der Zeuge vor dem Saal mit seinem Kollegen gesprochen habe. Der Zeuge erklärt, dass er ja zu spät gewesen sei [er scheint erst kurzfristig vorher am Verhandlungstag darüber informiert worden zu sein, dass er als Zeuge geladen ist] und daher seinen Kollegen gefragt habe, ob es sich um den Fall mit dem Mann mit den langen grauen Haaren vom Kotti handele.

Der Verteidiger geht auf die in der Strafanzeige angegebene Zeit 15:00-15:30 Uhr ein und möchte wissen, was jetzt mit der Tatzeit gemeint sei und ob so lang gesprochen worden sei. Der Zeuge erklärt, dass er nicht auf die Uhr geschaut habe, dass es sich daher um eine grobe Einschätzung handele, das Gespräch habe nicht so lang gedauert. Der Verteidiger hält fest, dass in der Strafanzeige gegen den Angeklagten als Tatzeit 14:50 Uhr stehe.

Der Angeklagte fragt den Zeugen, ob dieser ihn kenne. Der Zeuge antwortet „nicht persönlich“. Der Angeklagte präzisiert seine Frage, er meine, ob der Zeuge ihn als Dealer am Kotti kenne. Der Zeuge gibt an, dass er ihn, den Angeklagten, gesehen habe.

Der Richter verliest den Strafregisterauszug: Es beginnt mit einer Verurteilung wegen Diebstahls im Jahr 1997; 1998 Verstoß gegen Aufenthaltsbeschränkung [Residenzpflicht], Diebstahl, unrichtige Angaben zur Beschaffung eines Aufenthaltstitels, BTM (Besitz, Handel, gemeinschaftlich), bis 2015 Erschleichen von Leistungen (Freiheitsstrafe, mehrfach Tagessätze)

Der Verteidiger stellt einen Antrag. Beantragt wird, den Polizeibeamten D zu laden und vernehmen. D habe den Angeklagten durchsucht. D könne bezeugen, dass der Angeklagte kein Geld bei sich geführt habe. Dem Angeklagten werde hier zur Last gelegt, dass er Haschisch zu 10€ verkauft habe, allerdings habe er dann kurz danach bei der Durchsuchung kein Geld dabei gehabt.

Der Staatsanwalt sagt, er denke, dass dem Antrag Folge zu leisten sei.

Der Richter verkündet den Beschluss, dass der Antrag der Verteidigung abgelehnt werde. Zur Begründung gibt er an, dass das Wissen des D als Tatsache gelte und es somit so behandelt werde, als sei es wahr, weil das Geld nirgends aufgeführt sei.

[…]

Der Staatsanwalt hält sein Plädoyer: Der Tatvorwurf beruhe auf polizeilichen Beobachtungen. Ganz allgemein sei die Tätigkeit der Polizei eine unangenehme und schwierige. Er habe großes Verständnis dafür, dass es bei so einem Einsatz nicht möglich sei, die Strafanzeige sofort zu schreiben. Deshalb würden sie [der StA spricht hier von „wir“, gemeint ist wahrscheinlich das Gericht, die StA, Polizei] versuchen Unklarheiten aufklären, was hier geschehen sei.

Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Identifizierung des Angeklagten etwas schief gelaufen sei. Der Zeuge M habe sich nicht erinnern können, vieles spreche aber dafür, dass es sich so zugetragen habe, wie es im Sachverhalt geschildert werde. Der Zeuge M habe von seinem schlechten Erinnerungsvermögen gesprochen und gleichzeitig gesagt, dass er nicht bei dem Angeklagten kaufen würde.

Zu den polizeilichen Beobachtungen: Der Zeuge R habe den Kauf beobachtet. Es gebe keine Zweifel daran, dass der Zeuge R dies auch bei der Festnahme des Angeklagten bestätigt habe. Weitere Punkte seien, dass es fraglich geblieben sei, ob die Beschlagnahmung bei dem Zeugen M stimme, es sei plausibel, dass die Substanz zerbrochen sei. Die unterschiedlichen Zeitangaben bei den Anzeigen würden zeigen, dass nichts abgesprochen worden sei.

Es würden keine Zweifel an der Identifizierung des Angeklagten bestehen. Auch wenn in der Wohnung nichts gefunden worden sei, so sei doch an der Person des Angeklagten selbst noch BTM gefunden worden. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Verwechslung.

Der Tatvorwurf sei erwiesen. Bei dem Angeklagten seien noch 3,7 g Haschisch aufgefunden worden, was den Vorwurf des Handels bestätigen würde. Es handele sich um kein großes Verkaufsgeschäft, es sei eine vergleichsweise geringe Menge, keine gefährliche Droge, aber die Geschichte des Angeklagten weise schon eine Haftstrafe wegen BTM-Handels auf. Deshalb fordere er eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt bereits unter Bewährung gestanden habe.

Der Verteidiger hält sein Plädoyer: Der Staatsanwalt liege falsch. Der Angeklagte bestreite den Vorwurf des Handels. Der Zeuge R habe ausgesagt, von dem Café aus gesehen zu haben, wie ein Geldschein übergeben worden sei. Später habe er nicht mehr genau sagen können, ob es sich wirklich um einen Geldschein gehandelt habe. Bei der Durchsuchung sei kein Geldschein festgestellt worden, da stelle sich die Frage, wo dieser Geldschein hin verschwunden sein solle. Was allerdings gefunden worden sei, sei BTM. Sie würden nicht wissen, ob Geld bei dem Käufer K gefunden worden sei. Wer sage, dass das Geschäft nicht andersherum verlaufen sei. In der Anzeige heiße es, dass bei dem Zeugen K zwei Stücke gefunden worden seien, die Polizeibeamten hätten nicht reingeschrieben, dass es möglicherweise zerbrochen sei und wenn es zerbrochen sei, warum sei es dann rechteckig. […] Zur Identifizierung des Angeklagten habe der Zeuge R ausgesagt, dass er diese später, nach der Festnahme, bestätigt habe. Der Zeuge F habe sich daran aber nicht erinnern können. Der Zeuge R habe auch gesagt, dass auch der Zeuge D den mutmaßlichen Handel beobachtet habe. D hingegen sage, dass er nichts gesehen habe. Dies zeige, dass die Erinnerung des Zeugen R zweifelhaft sei. […]

Da der Besitz von BTM nicht angeklagt sei, beantrage der Verteidiger einen Freispruch bezüglich des Handels. Wenn das Gericht aber daran festhalte, dass der Angeklagte „etwas falsch“ gemacht habe, dann sollten einige Gedanken zur Schuldfähigkeit gemacht werden. Der Angeklagte habe selber ausgesagt, dass er langjährig von verschiedenen Drogen abhängig sei. Zur Strafzumessung kritisiert der Verteidiger den Antrag des Staatsanwalt von sechs Monaten für diese geringe Menge. Der Verteidiger erinnert daran, dass man jetzt schon soweit sei, dass Menschen Haschisch zur medizinischen Behandlung erwerben könnten. Auch habe es amerikanische Präsidenten gegeben, die Haschisch geraucht und dies zugegeben hätten. Aber so sei eben das Gesetz in Deutschland. […]

Das letzte Wort des Angeklagten: Er erklärt, dass er drogenabhängig und schon vorbestraft sei und daher wisse, dass wenn er Geld gehabt hätte, die Polizei ihm dieses abgenommen hätte. […] Er rauche seit 23 Jahren Haschisch. Er sei viel am Kottbusser Tor und kenne daher die Leute dort. Er wolle nicht sagen, dass die Polizei schlechte Arbeit mache, sie seien sehr nett zu ihm gewesen.

Der Richter verkündet das Urteil: Der Angeklagte werde zu 6 Monaten Freiheitsstrafe wegen Handels mit BTM verurteilt.

Der Angeklagte habe erst nicht von einer Verwechslung gesprochen, das habe er erst später gesagt. Er sei aber überführt worden durch glaubhafte Beobachtungen der Polizeibeamten. […] Die vorherige Verurteilung des Angeklagten zeige, dass der BTM-Handel dem Angeklagten nicht wesensfremd sei.