Aufruf zur Prozessbeobachtung: 21.09.18, 08.15 Uhr, Amtsgericht Nürnberg

Das Bündnis „Widerstand Mai 31 – Solidarität ist kein Verbrechen“ informiert:
Monat für Monat stehen derzeit neue Prozesse gegen AktivistInnen des 31. Mai an. Das Verbrechen: sie haben sich aktiv einer Abschiebung in ein von Krieg, Anschlägen, Not und Hunger geprägtes Land in den Weg gestellt. Der Berufsschüler Asif N. wurde aus der Schule heraus festgenommen und sollte nach Afghanistan abgeschoben werden. Trotz des andauernden Krieges in dem Land – Asifs Heimatstadt Ghazni wurde im August 2018 nach heftigen Gefechten von den Taliban besetzt – hält vor allem Bayern an den Abschiebungen dorthin fest.

Monat für Monat beweisen Staat und Justiz, dass es in den Prozessen zum 31. Mai vor allem um Eines geht: möglichst hohe Strafen zu verteilen, um das starke Zeichen der Solidarität, das vom 31. Mai in Nürnberg ausging zu zerstören, Widerstand gegen Abschiebungen zu kriminalisieren und die vom bayrischen Innenministerium vorgegebene Sichtweise auf die Ereignisse des Tages zu zementieren. Dazu schrecken Polizei, Staatsanwaltschaft und Staatsschutz nicht davor zurück, ZeugInnenaussagen zu manipulieren und offen zu lügen. So wie der Staat und seine VertreterInnen auch immer dann lügen, wenn Geflüchtete die in Lagern interniert sind, gegen die unhaltbaren Zustände protestieren. Der Umgang mit Geflüchteten ist geprägt von Rassismus und Gewalt, vor allem gegen diejenigen, die nicht jede Behördenentscheidung ohne Gegenwehr über sich ergehen lassen.

Die Justiz spielt bei dieser staatlich vorgegebenen Linie mit: Oft werden die von (rassistischer) Polizeigewalt Betroffenen vor Gericht gezerrt, sehen sich mit abgesprochenen Polizeiaussagen konfrontiert und werden kriminalisiert. Ähnlich geht das System gegen solidarische AktivistInnen vor: Alle bisherigen Prozesse zum 31. Mai endeten mit absurd hohen Strafen – trotzdem geht die Staatsanwaltschaft bei fast jedem Prozess in Berufung, um diese sogar noch zu erhöhen.

Krieg, Hunger, Flucht, Abschiebung – wer sind die GewalttäterInnen?
Die Sichtweise des Innenministeriums ist ebenso einfach wie falsch: die Blockade einer Abschiebung nach Afghanistan sei Gewalt – nicht die Abschiebung selbst. Die Geflüchteten, die hierher kommen wären nach dieser Logik potentielle GefährderInnen – nicht die Kriege und Geschäfte, die die Menschen zur Flucht zwingen, nicht diejenigen, die sie zu verantworten haben. Die, die Solidarität zeigen wären gewalttätig – nicht die PolizistInnen, die bei Abschiebungen Menschen zusammenschlagen. Staatsgewalt ist Alltag und notwendig, in einem Wirtschaftssystem, in dem zur Durchsetzung von Profitinteressen ganze Regionen ökologisch vernichtet werden. Ein Wirtschaftssystem in dem für geostrategischen Einfluss und den freien Fluss von Waren und Rohstoffen Kriege geführt und Diktaturen gestützt werden, ist zwangsläufig Gewalt. Wenn dann zig Millionen Menschen gezwungen sind vor den Auswirkungen dieser Gewalt zu fliehen, kennen die Verantwortlichen nur eine Antwort – mehr Gewalt!
Libysche Folterlager werden von der EU und der BRD finanziert, SeenotretterInnen werden kriminalisiert, in Zentralafrika wird ein Abschottungsgürtel quer über den Kontinent forciert und finanziert. Dieser Abschottungsgürtel wird von deutschen Rüstungskonzernen gebaut. Die Folge sind zehntausende Leichen, die in der Sahara verdorren oder im Mittelmeer verschwinden. In der BRD werden traumatisierte Menschen in Lagern konzentriert und isoliert, alltäglichem behördlichem Rassismus ausgesetzt, schikaniert, psychisch gebrochen und stigmatisiert. Auf ihrem Rücken wird die Faschisierung des Staates vorangetrieben, der dann mit immer neuer Gewalt gegen jeden Widerspruch vorgeht: PAG, Lagersystem, Militarisierung der Polizei – alles lässt sich durchsetzen, wenn die Hetze nur laut genug ist.

Unsere Antwort: Solidarität!
Wir werden nicht aufhören, uns all dem zu widersetzen, trotz all dieser Repression. Wer bringt die Schweinereien ans Tageslicht, wenn nicht wir? Wer geht auf die Straße um der kalten Abschiebemaschinerie zu widersprechen? Wer benennt die Verantwortlichen und kämpft für die Beseitigung von Fluchtursachen? Und für eine lebenswerte Welt? Wer, wenn nicht wir und wer, wenn nicht Du?

Gegen die politische Justiz, gegen die staatlich verordnete Kriminalisierung, gegen Krieg und Imperialismus, gegen die rassistische Politik gegenüber Schutzsuchenden, gegen die Faschisierung des Staates – gegen all das werden wir weiter Widerstand leisten und Solidarität aufbauen. Sie können uns wegsperren, uns verprügeln, uns kriminalisieren und stigmatisieren. Aber sie werden uns nicht brechen, solange wir unsere Solidarität haben. Wir werden nicht aufhören. Es ist unser gemeinsamer solidarischer und internationalistischer Widerstand, der die Hoffnung am Leben hält. Die Hoffnung auf eine Welt, in der niemand gezwungen ist zu fliehen und niemand ausgebeutet und unterdrückt wird. Eine Welt, die eine Zukunft hat. Eine Zukunft ohne systematische Gewalt.

Zeigen wir gemeinsam unsere Solidarität – auf der Straße und vor Gericht!

Den beiden Angeklagten wird Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlicher Angriff sowie Körperverletzung bzw. gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.
Wir treffen uns um 8.15 Uhr vor dem Amtsgericht und machen vor Ort mit allen UnterstützerInnen ein Solidaritätsfoto! Kommt vorbei und zeigt den Angeklagten, dass sie nicht alleine sind!

Solidarität ist kein Verbrechen!
Wir fordern den sofortigen Stopp aller Ermittlungen und das Fallenlassen aller Anklagen!
Gegen jede Abschiebung – egal von wem, egal wohin!
Gegen jede Polizeigewalt – Weg mit den Paragraphen 113, 114 StGB!