Corona-Polizei: Die ganze Stadt wird zum Gefahrengebiet

Um auf die Ausbreitung des Corona-Virus zu reagieren, wurden Mitte März bundesweit weitreichende Beschränkungen des öffentlichen Lebens eingeführt. Diese gesundheitspolitisch wahrscheinlich zumindest in Teilen sinnvollen Maßnahmen führten zu einem problematischen Machtzugewinn der Polizei, da diese mit der Kontrolle der neuen Regelungen im öffentlichen Raum beauftragt wurde. In der Folge kam es zu einem Anstieg von willkürlichen Kontrollen, Schikanen und Polizeigewalt, die u.a. auf Twitter unter dem #CoronaPolizei gesammelt wurden. Besonders betroffen waren diejenigen, die ohnehin regelmäßig ins Visier der Polizei geraten: Obdachlose, Schwarze Menschen und People of Color. Auch bei linken politischen Veranstaltungen – deren Teilnehmer*innen zum Beispiel für die Evakuierung der Lager an den Europäischen Außengrenzen demonstrierten – wurde besonders hart durchgegriffen. Dabei drängt sich die Vermutung auf, dass der Infektionsschutz lediglich als Vorwand diente: Denn die Beamt*innen, die vorgeblich die Einhaltung von Abstandsregelungen durchsetzten, nahmen es selbst mit den einfachsten Hygienemaßnahmen häufig nicht so genau. Immer wieder verzichteten sie auf einen Mundschutz und missachteten zudem den gebotenen Sicherheitsabstand. Weiterlesen

Aufruf zur Prozessbeobachtung: Solidarität gegen staatliche Legitimation von Gewalt gegen Geflüchtete – Schluss mit der Kriminalisierung und Verfolgung von K. und D.

In bayerischen Transitlagern kommt es immer wieder zu ungerechter Kriminalisierung von Geflüchteten. Am 27.03.2018 stehen Aarona K. und Ndiame D. fälschlich wegen gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Sie sollen Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma verletzt haben, die auf dem Gelände der AEO Bamberg angestellt waren.

In September 2017 wurden K. und D. Zeugen eines brutalen Angriffs durch eine Gruppe von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes Fair Guards auf einen senegalesischen Asylbewerber, Modou G. Als K. sich einem der Sicherheitsangestellten näherte, um deren Brutalität zu kritisieren und forderte, die Polizei hinzu zu ziehen, sprühte ein weiterer Sicherheitsangestellter plötzlich mit Pfefferspray auf ihn. Daraufhin wurde K. von den Sicherheitsangestellten mit Gewalt zu Boden gebracht und mit Handschellen gefesselt. Während er wegen des Pfeffersprays nichts sehen konnte, schleiften die Sicherheitsangestellten K. und den schwer verletzten G. in ein Hinterzimmer, wo sie die beiden weiter misshandelten, während sie auf die Polizei warteten.

Als die Polizei eintraf, nahm sie nur die Aussagen der Angreifer auf – also die des „Sicherheitspersonals“ – und ignorierte die Aussagen der Opfer. Die Angegriffenen wurden darüber hinaus später auf die Polizeistation mitgenommen, wo das übliche Prozedere der Kriminalisierung geflüchteter Menschen stattfand. Später erhielten die Geflüchteten Strafbefehle: Wegen gefährlicher Körperverletzung gegenüber dem Sicherheitspersonal sollen sie 1.200 Euro bezahlen – obwohl genau das Gegenteil passiert ist. K. und D. legten gegen die Strafbefehle Einspruch ein und wollen den Fall vor Gericht in Frage stellen. Die Geflüchteten wollen nun ihre persönlichen Erfahrungen für die Mobilisierung gegen den Missbrauch von Macht durch Sicherheitspersonal in unterschiedlichsten bayerischen Lagern nutzen. Weiterlesen

Aus welchem Grund treffen sich Menschen an Silvester?

Die Silvesternacht 2016/2017 hat erschreckende, absurde und erkenntnisreiche Reaktionen hervorgebracht. So wurden zum einen die rassistischen Polizeikontrollen und die Verwendung eines Begriffes zur rassistischen Konstruktion einer Gruppe angeklagt. Zum anderen wurde jedoch Kritik an diesen Rassismusvorwürfen, vor allem von politischer Seite, laut. „Racial Profiling“ wurde wieder einmal dementiert. Kritische Stimmen wie die der Grünen-Politikerin Simone Peter wurden schließlich sogar durch einen gewachsenen öffentlichen Druck dazu gebracht, die Praxis der Polizei gutzuheißen und damit zu rechtfertigen. Das eigentlich Erschreckende war jedoch nicht die „Arbeitsweise“ der Polizei. Dass die Polizei diese  rassistischen Praktiken in ihrem Repertoire hat, ist bereits durch zahlreiche Berichte von Betroffenen dokumentiert. Die Anzahl der kontrollierten Personen und die „fleißige“ Berichtserstattung der Polizei über Twitter machen dieses Ereignis allerdings zu einem Novum. Nach Angaben der Polizei wurden insgesamt 674 Personen „identifiziert“, bei 425 Personen konnte „die Nationalität vorläufig erhoben“, allerdings keine Zugehörigkeit aufgrund der Herkunft zur konstruierten Gruppe festgestellt werden. Doch damit nicht genug: Weiterlesen