Geflüchtete von Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes misshandelt – Neues Prozessprotokoll

Netterweise haben uns Leute vom AK zu Recht in Münster Protokolle von einer Prozessbeobachtung in Lingen zugeschickt. Der Fall, der im Februar an drei Verhandlungstagen vor dem AG Lingen verhandelt wurde, betraf die gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung von drei geflüchteten Menschen durch zwei Securities in einer Unterkunft in Niedersachsen.

Zu den ausführlichen Prozessprotokollen geht es hier. Und wer mehr über den AK zu Recht erfahren will, kann sich unter folgendem Link informieren.

Nach Symbolverboten der kurdischen Freiheitsbewegung: Drohende Verurteilung von Ali Hıdır Doğan

Am kommenden Freitag den 17.03. will sich das Kammergericht Moabit in Berlin mit tatkräftiger Unterstützung des LKA Berlin, ermächtigt durch das Bundesjustizministerium, erneut an der Verfolgung von kurdischen Aktivist*innen und Oppositionellen des AKP Regmies beteiligen. Geschehen kann dies auf Grundlage des Paragraphen 129b im Zusammenspiel mit der bestehenden Kriminalisierung durch das Verbot der PKK in der BRD. Trotz dilettantischer Ermittlungen und herbei fantasierter Bedrohungsszenarien wird dem seit Ende April 2016 in Untersuchungshaft (!) gefangenen Ali Hıdır Doğan vorgeworfen, Mitglied einer “terroristischen Vereinigung im Ausland” zu sein. […]

Zeigt euch solidarisch mit Ali und allen Anderen. Weg mit dem PKK-Verbot und Stopp der Kriminalisierung linker demokratischer Oppositionen durch die Bundesministerien. Schluss mit der Unterstützung von Erdoğan durch die BRD! Kommt zur Beobachtung des letzten Prozesstages gegen Ali am 17.03. um 9 Uhr in die Turmstraße 91 nach Berlin Moabit!

Eine Kundgebung in Solidarität mit den Gefangenen findet ab 10 Uhr statt. Nach der Urteilsverkündung ist eine Demonstration zum nahegelegenen Bundesinnenministerium geplant!

Der ganze Aufruf kann hier nachgelesen werden.

Hilfe – unsere Polizei tötet! Angehörige und Freunde erzählen

Wir von der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) rufen dazu auf, am 15. März, dem Internationalen Tag gegen Polizeigewalt gemeinsam den Menschen zu gedenken, die in Deutschland von der Polizei ermordet wurden und das Thema rassistische Polizeigewalt an die Öffentlichkeit zu bringen.

Am Internationalen Tag gegen Polizeigewalt gedenken wir:
* Hussan Fadl, der im Alter von 29 Jahren am 27.09.16 von der Polizei in der Kruppstraße in Moabit von hinten erschossen wurde.
* Slieman Hamade, der mit 32 Jahren am 28.02.2010 in Handschellen fixiert infolge eines Pfeffersprayeinsatzes in Schöneberg erstickte.
* Dennis Jockel, der mit 29 Jahren am 31.12.2008 in Neuruppin im Auto sitzend von der Polizei erschossen wurde.
* Oury Jalloh, der im Alter von 37 Jahren am 07.01.2005 in einer Dessauer Gefängniszelle an eine feuerfesten Matratze gekettet lebendig verbrannte.

Angehörige und Freunde werden davon berichten was passiert ist, wie sie Widerstand geleistet haben und wo sie heute stehen.

Wann: 15.3.2017 um 19 Uhr
Wo: Aquarium neben dem Südblock am Kottbusser Tor

Fight racism!
Stop police brutality!

[Weitere Informationen auf der Seite von KOP]

Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung

Wir unterstützen den folgenden Aufruf der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt:
Am Mittwoch, dem 01. März 2017 um 9:30 Uhr findet in Saal 704 des Landgerichts Berlin in der Turmstraße 91, 10559 Berlin die Berufungsverhandlung in einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Betäubungsmittelhandels (3, 7 g Cannabis) statt. Der Angeklagte, Herr Ibad Elsidi (Name geändert), bestreitet die Tat. Er war an dem betreffenden Tag im Görlitzer Park, um Freunde zu treffen, während im Rahmen der “Task Force Görlitzer Park” eine großangelegte Polizeirazzia stattfand, bei der er festgenommen wurde. Es liegen gegen Ibad keine Beweise vor außer zwei eher vagen Aussagen von Zivilpolizisten. Weitere Indizien sprechen für den Angeklagten. In der ersten Instanz wurde Ibad trotzdem für schuldig befunden. Würde dieses Urteil bestätigt, könnte dies für Ibad massive Auswirkungen haben. Nicht nur droht ihm eine Haftstrafe, sondern er muss auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Abschiebung befürchten.
Eine Verurteilung würde den rechtsstaatlichen Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ verletzen. Öffentliche Aufmerksamkeit ist erwünscht!!!

Pfeffersprayattacke: kein Rassismus, sondern ein dummer Jungenstreich? Ein Prozessbericht aus Königs Wusterhausen

Am 01. September 2015 versprüht ein Mann in einer Unterkunft für Geflüchtete im brandenburgischen Massow Pfefferspray und verletzt damit rund 35 Personen. In der Folge kommt es zu einem Großeinsatz von Rettungsdiensten und Polizei. Am 22.02.2017 steht der Angreifer in Königs Wusterhausen vor Gericht. Der Angeklagte: ein Mann, der zum Tatzeitpunkt als Bauleiter in der Unterkunft arbeitet, dort auch selbst wohnt und auf Facebook rassistische Posts von Pegida teilt.

Im Prozess gesteht der Angeklagte die als gefährliche Körperverletzung angeklagte Tat, bestreitet aber eine ebenfalls angeklagte Beleidigung. Die Pfeffersprayattacke stellt er als „Spaß“ dar: Er habe nicht gewusst, dass ein lediglich eine Sekunde anhaltendes Sprühen solchen Schaden anrichten könne. Trotz der großen Zahl an Verletzten kann nur ein Mann aus Syrien im Prozess als Nebenkläger auftreten, da der Großteil der anderen Betroffenen in der Zwischenzeit abgeschoben wurde. Die Folgen der Tat und die Perspektiven von geflüchteten Menschen nehmen daher in der Verhandlung sehr wenig Raum ein. Weiterlesen

Rechter Angreifer nach Pfeffersprayattacke auf Flüchtlingsunterkunft in Massow vor Gericht

Wir dokumentieren im Folgenden eine Pressemitteilung von Opferperspektive:
22. Februar 2017 9:30 Uhr Amtsgericht Königs Wusterhausen
Am kommenden Mittwoch beginnt am Amtsgericht Königs Wusterhausen der Prozess zu einem rechten Angriff auf Geflüchtete in der Asylunterkunft in Massow (Landkreis Dahme-Spreewald). Am 01. September 2015 attackierte ein durch die Betreiberfirma des Heims (Campanet GmbH) beauftragter Bauarbeiter in der Unterkunft lebende Geflüchtete mit Reizgas. Gezielt sprühte der Angreifer die gefährliche Chemikalie in Privat- und Gemeinschaftsräume. Es waren zahlreiche Verletzte zu beklagen, darunter auch Kinder. Der Angreifer war zuvor bereits mit rechten Sprüchen und Einschüchterungen gegenüber Heimbewohner_innen aufgefallen. Auch im Internet äußerte der Täter Sympathien für rechte Gruppierungen. „Der Reizgas-Angriff in Massow war aufgrund der hohen Betroffenenzahl einer der massivsten durch uns dokumentierten rechten Angriffe im Jahr 2015 im Land Brandenburg. Der Angreifer zielte damals bewusst darauf ab, so viele Geflüchtete wie möglich zu verletzen. Bei uns haben sich damals über 60 Betroffene gemeldet“, so Martin Vesely von der Opferperspektive. Die Betroffenen hatten unterschiedliche Nationalitäten, sie kamen vorwiegend aus Albanien, Serbien, Syrien, Afghanistan, Pakistan und Tschetschenien. Weiterlesen

Aus welchem Grund treffen sich Menschen an Silvester?

Die Silvesternacht 2016/2017 hat erschreckende, absurde und erkenntnisreiche Reaktionen hervorgebracht. So wurden zum einen die rassistischen Polizeikontrollen und die Verwendung eines Begriffes zur rassistischen Konstruktion einer Gruppe angeklagt. Zum anderen wurde jedoch Kritik an diesen Rassismusvorwürfen, vor allem von politischer Seite, laut. „Racial Profiling“ wurde wieder einmal dementiert. Kritische Stimmen wie die der Grünen-Politikerin Simone Peter wurden schließlich sogar durch einen gewachsenen öffentlichen Druck dazu gebracht, die Praxis der Polizei gutzuheißen und damit zu rechtfertigen. Das eigentlich Erschreckende war jedoch nicht die „Arbeitsweise“ der Polizei. Dass die Polizei diese  rassistischen Praktiken in ihrem Repertoire hat, ist bereits durch zahlreiche Berichte von Betroffenen dokumentiert. Die Anzahl der kontrollierten Personen und die „fleißige“ Berichtserstattung der Polizei über Twitter machen dieses Ereignis allerdings zu einem Novum. Nach Angaben der Polizei wurden insgesamt 674 Personen „identifiziert“, bei 425 Personen konnte „die Nationalität vorläufig erhoben“, allerdings keine Zugehörigkeit aufgrund der Herkunft zur konstruierten Gruppe festgestellt werden. Doch damit nicht genug: Weiterlesen

JUSTIZWATCH im Radio

Letzte Woche waren wir in der Sendung Radia Obskura zu Gast und haben über unsere Arbeit, Erfahrungen im Gericht und institutionellen Rassismus gesprochen. Den Beitrag könnt ihr unter diesem Link nachhören.

Veröffentlicht unter Aufruf

Rückblick und Fortsetzung des 129b-Verfahrens gegen den kurdischen Aktivisten Ali Hıdır Doğan

Seit Oktober beobachten wir zusammen mit einer Soligruppe das Verfahren gegen Ali Hıdır Doğan, dem von der Generalstaatsanwaltschaft vorgeworfen wird, 2014/2015 Berliner Gebietsleiter der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) gewesen zu sein. Die Verteidigung hat es geschafft, durch die Ladung zweier Präsenzzeugen – Jan van Aken (Die LINKE, MdB) und Faysal Sarıyıldız (HDP, Abgeordneter des türkischen Parlaments) – die Situation der in der Türkei lebenden Kurd*innen in den in Moabit stattfindenden Prozess einzubringen. Gerade die Vernehmung des Zeugen Sarıyıldız hat die massiven Menschenrechtsverletzungen durch die türkischen Sicherheitskräfte in Nordkurdistan deutlich gemacht. Sarıyıldız war zur Zeit der Ausgangssperren von Cizre in der Stadt und hatte Telefonkontakt mit den in Kellern eingeschlossenen Menschen, welche lebendig verbrannt wurden. Angesichts dieser Schilderungen müsste die Einordnung der PKK als Terrororganisation, also der Ausgangspunkt dieses Verfahrens, noch einmal mehr überdacht werden. Das Protokoll der Vernehmung von Faysal Sarıyıldız kann hier nachgelesen werden.

Der nächste Verhandlungstag ist der 07.02.2017, 9 Uhr, Turmstraße 91, Saal 701.

Abschluss des Berufungsverfahrens gegen Ayfer H. wegen falscher Verdächtigung

Schon seit Längerem begleiten wir das Verfahren gegen Ayfer H. Zur Vorgeschichte: Im Jahr 2012 wird Ayfer H. im Anschluss an einen Konflikt mit Lehrer*innen in der Schule ihres Sohnes durch Berliner Polizisten rassistisch beleidigt, bedrängt, zu Boden gerissen und unter Schlägen fixiert. Ayfer H. wendet sich mit diesen Erfahrungen von Polizeigewalt an die Öffentlichkeit, an die Beratungsstelle „ReachOut“ sowie an die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP), auch die türkischsprachige Zeitung „Hürriyet“ berichtet über den Fall. Ayfer H. erstattet Anzeige gegen die Polizeibeamten – allerdings ohne Ergebnis. Sie hingegen wird wegen Widerstands gegen Polizeivollzugsbeamte in zweiter Instanz im August 2013 verurteilt. In diesem Verfahren schildert sie offen, was ihr widerfahren ist und wird im Gegenzug als „hysterisch“ und „Furie“ diffamiert. Weiterhin wird ihr vorgeworfen, sie ziehe die „Ausländerkarte“ und manipuliere Bürgerrechtsorganisationen. Jedoch bleibt es nicht bei der einen Verurteilung. Die Staatsanwaltschaft eröffnet im September 2015 ein weiteres Verfahren gegen Ayfer H. wegen „falscher Verdächtigung“. Im November 2015 wird sie zu einer Geldstrafe verurteilt. Daraufhin legen sowohl Ayfer H. als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Letztere fordert ein noch höheres Strafmaß. Das Berufungsverfahren vor dem Berliner Landgericht wurde nun am 26.01.17 beendet, da beide Parteien auf Vorschlag des vorsitzenden Richters die Berufung zurückzogen. Weiterlesen