Abdu A. zeigte im Herbst 2015 einen Türsteher eines Berliner Clubs wegen Körperverletzung an. Dieser soll ihn wiederholt aus rassistischen Motiven nicht in den Club gelassen und – als es an einem Abend darüber zum Streit kam – ins Gesicht geschlagen haben. Das Verfahren gegen den Türsteher wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt, obwohl Abdu A.s Verletzungen polizeilich dokumentiert sind. Stattdessen muss sich Abdu A. am 06.12.2017 vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Genannter Türsteher hatte ebenfalls Anzeige erstattet und behauptet, von Abdu A. mit Steinen beworfen worden zu sein. Auch wenn die Polizei am vermeintlichen Tatort keinen einzigen Stein finden konnte, schien der Staatsanwaltschaft in diesem Fall die „Beweislast“ zu genügen, um einen Strafbefehl zu erlassen. Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Aufruf
„Geh dahin wo du herkommst!“ – rassistischer Vorfall in der BVG
Am 22.11.2017 steht Donna M. vor Gericht. Ihr wird der Versuch vorgeworfen, sich mit einem ungültigen Ticket Zutritt zu einem Bus der BVG verschafft und – als sie von der Busfahrerin darauf angesprochen wurde – diese beleidigt zu haben. Für Donna M. ist das eine Verdrehung der Tatsachen. Sie schildert das Geschehene so: Als einzig schwarze Person unter sehr vielen einsteigenden Fahrgästen sei nur ihr Ticket genauer kontrolliert worden. Ihrer Meinung nach war ihr Fahrschein noch gültig. Sie habe aber – nachdem die Busfahrerin ihr Ticket beanstandet hatte – angeboten ein neues zu kaufen. Daraufhin habe die Busfahrerin gesagt, sie solle mit ihrem Geld dahin gehen wo sie herkomme und sie des Busses verwiesen. Donna M., geschockt durch diese rassistische Äußerung, entschied sich vor Ort zu bleiben, um Anzeige gegen die Busfahrerin zu erstatten. Weiterlesen
Schuldig trotz Freispruch – Prozessbericht vom 27.11.2017
27.11.2017, Amtsgericht Tiergarten. Wir beobachten einen Prozess gegen Madu J., der wegen gewerbsmäßigen Handels mit Cannabis angeklagt ist. Er soll am 28.11.2016 im Görlitzer Park zunächst bei einer „Austauschhandlung“ beobachtet und später von Polizeibeamten festgenommen worden sein. Doch schon aus der Akte ergibt sich, dass eine Verwechslung vorliegen muss: Weder passt die Personenbeschreibung des Cannabis-Käufers auf Madu, noch liegen andere Indizien gegen ihn vor. Trotzdem wurde er nach seiner Festnahme stundenlang auf verschiedenen Polizeiwachen festgehalten, durchsucht und erkennungsdienstlich behandelt und muss sich nun vor Gericht verantworten.
Auch in der Hauptverhandlung ergeben sich keine neuen Informationen, die geeignet sind, die Anklage zu stützen: Einige der geladenen Polizeizeugen haben erhebliche Erinnerungslücken und können sich an die Geschehnisse vom 28.11.2016 nicht mehr erinnern; andere waren nur mit der Festnahme des mutmaßlichen Käufers befasst und hatten mit dem Angeklagten nichts zu tun. Nur ein Zeuge gibt an, den Angeklagten überhaupt beobachtet zu haben, allerdings nur aus der Ferne. Darüber hinaus wird klar, dass die Polizeibeamten äußerst nachlässig gearbeitet haben: Weiterlesen
Rassistischer Übergriff durch privaten Sicherheitsdienst – Prozessbericht vom 24.11.17
Bei einer Fahrkartenkontrolle in der S-Bahn zeigt James Samu (Name geändert) den MitarbeiterInnen eines privaten Sicherheitsdienstes seinen gültigen Fahrausweis und seinen Berlin-Pass. Ihm wird jedoch die Fälschung des Berlin-Passes unterstellt, weil das Gültigkeitsdatum verändert wurde. Die Kontrolleure verlangen seinen Ausweis zu sehen. Er schlägt vor, diesen bei der nahe gelegenen Polizeistation im Hauptbahnhof zu zeigen. Auf dem Weg dahin versperrt ihm eine Sicherheitsdienstmitarbeiterin den Weg. Sie unterstellt ihm die Absicht, zu flüchten. Als Herr Samu trotzdem zur Polizei weiterzugehen versucht, wird er von den Kontrolleuren überwältigt, auf den Boden gedrückt und verletzt. Die beiden 3- und 4 Jährigen Kinder von Herrn Samu stehen weinend daneben. Anschließend wird Herr Samu annähernd bewegungsunfähig ins Krankenhaus gebracht. Noch heute, zwei Jahre später, leidet er unter Schmerzen.
Diesen Tatsachen zum Trotz sitzen am 24.11. nicht die AngreiferInnen, sondern Herr Samu selbst auf der Anklagebank: Ihm wird u.a. Urkundenfälschung, Körperverletzung und falsche Verdächtigung vorgeworfen. Das Verfahren gegen den Sicherheitsdienst ist dagegen längst eingestellt worden – eine Täter-Opfer-Umkehr, wie sie bei rassistischen Gewalttaten leider häufig vorkommt. Weiterlesen
Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung
Am kommenden Freitag, 24. November 2017 findet um 12 Uhr eine Gerichtsverhandlung im Amtsgericht Tiergarten statt, bei welcher öffentliche Beobachtung dringend erwünscht ist! Der genaue Saal wird noch mitgeteilt.
James Samu (Name geändert) wird vorgeworfen, S-Bahn-Kontrolleure eines privaten Sicherheitsdienstes körperlich attackiert und verletzt zu haben. In Wirklichkeit war es umgekehrt. Herr Samu wurde vor den Augen seiner beiden 3 – und 4 jährigen Kinder von den MitarbeiterInnen der Sicherheitsfirma Wisag so massiv traktiert, dass er anschließend annähernd bewegungsunfähig in das Krankenhaus verbracht werden musste. Die MitarbeiterInnen des Sicherheitsdienstes verlangten zuvor von Herrn Samu, seinen Ausweis zu sehen, obwohl er einen gültigen Fahrausweis bei sich führte. Ihm wurde die Fälschung seines Berlin-Passes unterstellt, weil das Gültigkeitsdatum verändert wurde. Es ist jedoch deutlich zu sehen, dass die Änderung seitens des Bezirksamtes erfolgte, eine Fälschung also nicht in Frage kam.
James Samu schlug deshalb vor, die Sache bei dernahegelegenen Polizeistation im Hauptbahnhof zu klären. Dort würde er auch seinen Ausweis zeigen. Auf dem Weg zu dieser Polizeistation wurde ihm seitens einer Wisag-Mitarbeiterin der Weg versperrt. Sie unterstellte ihm die Absicht, zu flüchten. Als Herr Samu trotzdem weitergehen wollte, wurde er von mehreren der Kontrolleure überwältigt, auf den Boden gedrückt und verletzt. Die beiden Kinder von Herrn Samu standen weinend daneben. Hiervon sind teilweise Videoaufnahmen vorhanden.
Die herbeieilende Polizei ertstattete Strafanzeige nur gegen Herrn Samu, gegen den Sicherheitsdienst wurde nur aufgrund einer Strafanzeige von Herrn Samu ermittelt. Das Verfahren gegen den Sicherheitsdienst wurde eingestellt, Herr Samu dagegen soll 1.500 € Strafe zahlen.
Exempel statuiert – Kommentar zum Prozess gegen Sercem in Nürnberg
Am 31. Mai protestierten Berufsschüler_innen in Nürnberg gegen die Abschiebung eines Mitschülers nach Afghanistan. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen, weil die Polizei mit massiver Gewalt gegen die Protestierenden vorging. Während Bayerns Innenminister den Polizeieinsatz verteidigte, übten linke Gruppen, Gewerkschaften und Flüchtlingsräte Kritik an der polizeilichen Eskalation. Ausnahmsweise stellten sich auch bürgerliche Zeitungen auf die Seite der Demonstrant_innen, lobten deren „Zivilcourage“ und kritisierten die geplante Abschiebung als „Akt der Barbarei“.
Eine ganz andere Stimmung herrschte Ende Oktober im Amtsgericht Nürnberg im ersten Prozess gegen einen Aktivisten, der sich am Protest gegen die Abschiebung beteiligt hatte. Das Gericht verurteilte ihn zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und 450 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Zuvor befand er sich fünf Monate in Untersuchungshaft. Offenbar soll hier – ähnlich wie in den G20-Prozessen in Hamburg – ein Exempel statuiert werden, um Aktivist_innen einzuschüchtern und entschlossenen Protest künftig zu verhindern. Die völlig überzogene Strafe ist auch darauf zurückzuführen, dass im Prozess der neue § 114 StGB angewendet wurde. Der Ausgang des Verfahrens gibt Kritiker_innen des umstrittenen „Schubser-Paragraphen“ recht: Dieser erhöht die ohnehin schon kaum zu überschätzende Definitionsmacht der Polizei, erleichtert die Kriminalisierung von legitimem Protest und stellt damit eine Gefahr für das Demonstrationsrecht dar. Weiterlesen
Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung
Wieder wurde ein junger Schwarzer Mann in der Nähe des Görlitzer Parks von Polizisten gestoppt und durchsucht. Wieder brachte die Kontrolle kein Ergebnis. Trotzdem sitzt er nun auf der Anklagebank.
Wir dokumentieren eine Pressemiteilung von KOP und unterstützen den Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung:
Berlin, den 8.11.2017. Der junge Mann war auf dem Weg von einem Wettbüro zu einem Restaurant in der Wiener Straße, ohne den Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg überhaupt betreten zu haben. Plötzlich wird er von der Polizei gestoppt. Was er nicht weiß: Die Beamten führen gerade eine Razzia im Park durch. Den später angezeigten Vorwurf kann er nicht nachvollziehen. Er soll vor der Polizei geflohen sein und sich in der Nähe der Wiener Straße einer größeren Menge Cannabis entledigt haben. Das bestreitet der junge Mann vehement. Nun droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe wegen angeblichen BTM-Handels im Görlitzer Park.
Sein Verteidiger Benjamin Düsberg kritisiert: „Die Richtigkeit der Wiedererkennung ist in der Tat mehr als zweifelhaft, da damals viele Personen vor der Polizei weg gerannt sind. Die angebliche Wiedererkennung meines Mandanten beschränkt sich auf die sehr oberflächlichen Merkmale dunkle Hautfarbe, schwarze Parker -Jacke und blaue Jeans. Einen Abgleich der Fingerabdrücke meines Mandanten mit denen auf den gefundenen Cannabis-Tütchen hat es erst gar nicht gegeben.“
Die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt unterstützt seit Jahren junge Männer, die den Umgang der Polizei mit ihnen als rassistisch motiviert erleben. „Racial Profiling in Kreuzberg gehört mittlerweile für Viele zum Alltag. Gemeinsam mit nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen fordern wir seit langer Zeit, diese Praxis des Institutionellen Rassismus in der Polizei zu unterbinden“, so die Kampagne.
KOP ruft deshalb zur Solidarität und Prozessbeobachtung auf:
Zeit: Montag, 13. November 2017, 13:30 Uhr
Ort: Amtsgericht Tiergarten, Wilsnacker Straße 4, 10559 Berlin, C 106
Ansprechpartner:
Biplab Basu (KOP) | Tel. 0179 544 17 90 | info@kop-berlin.de
Aufruf zur Prozessbeobachtung gegen den Mörder von Yeter
Nächster Verhandlungstag Freitag, 17. November, Sitzungsbeginn 9.15 Uhr
Landgericht Berlin, Turmstr. 91, Saal 701
Im Dezember 2016 wurde in Berlin Yeter, Mutter von fünf Kindern von ihrem Ehemann mit Messerstichen ermordet. Sie ist ein Opfer in der langen Liste der Verbrechen gegen Frauen, Opfer von Feminizid. Oft wird ein solches Verbrechen gegen Frauen kaum von der Presse beachtet, meistens für nicht berichtenswert erachtet. In der Welt, in der wir leben, wird Gewalt gegen Frauen hingenommen und toleriert.
Frauenmorde als Resultat von männlicher Herrschaft und Unterdrückung von Frauen ist ein weltweiter Skandal. Überall werden Frauen Opfer von familiären Gewaltverbrechen. In ganz Europa sind es laut Schätzungen des Europarats jeden Tag zwölf Frauen, denen so ihr Leben genommen wird. Solange der Staat diese patriarchale Ordnung verteidigt, sorgt er für die Voraussetzungen von Feminizid. An dieser sexistischen Ordnung können nur wir Frauen etwas ändern, in dem wir jedes Mal aufschreien, rebellieren, in dem wir organisiert handeln und für eine Gesellschaft eintreten, in der Unterdrückung von Frauen keinen Platz hat.
Der kurdische Frauenrat Dest Dan ruft zur kontinuierlichen Beobachtung des Prozesses gegen den Mörder von Yeter auf. Zeigen wir allen Männern, die das Lebensrecht und den Willen von Frauen nicht respektieren und ihren Unterstützer_innen, dass wir Yeter nicht vergessen haben, dass wir stellvertretend für sie da sind und Gerechtigkeit fordern.
Schluss mit Feminizid!
Gerechtigkeit für alle ermordeten Frauen!
Weg mit dem Patriarchat – Für ein befreites und selbstbestimmtes Leben in wahrhaft demokratischen Verhältnissen
Wir verurteilen jegliche Art der patriarchalen Gewalt und rufen zum organisierten Widerstand dagegen auf. Jeder einzelne patriarchale Angriff auf eine Frau, ist ein Angriff gegen alle Frauen. Keine Frau ist alleine!
FrauenRat Dest Dan e.V.
Pressemitteilung der Berliner Kampagne Ban! Racial Profiling
Die Übergriffigkeit der Berliner Sicherheits- und Ordnungspolitik spitzt sich immer weiter zu. Die Intensität der Stimmungsmache durch Behörden und Senatspolitik gegen vermeintlich kriminelle Geflüchtete und Migrant_innen in der Stadt übertrifft sich aktuell in regelmäßigen Abständen selbst. Wir haben uns daher entschieden unsere Kampagne zu verlängern, um der rassistischen Kriminalisierung entgegen zu treten.
Berlin, den 1.11.2017. Im Zentrum der Hetze stehen sogenannte „kriminalitätsbelastete Orte” (kbO) in den Berliner Kiezen, an denen die Polizei anlass- und verdachtsunabhängig kontrollieren darf. Seit der Veröffentlichung von zehn sogenannten Gefahrengebieten im Juni 2017 werben Senatsverwaltung und Medien offen für die Notwendigkeit der polizeilichen Sonderrechtszonen. Argumentiert wird hier entlang rassistischer Stereotype und Bedrohungsszenarien, die jüngst durch rechte Parteien mobilisiert wurden und durch die gesamte politische Landschaft geistern. Dabei berichten in der ganzen Stadt Schwarze Menschen, People of Color, Rom*nija, Muslim*a und andere Angehörige sichtbarer Minderheiten, dass sie an diesen Orten ausschließlich aufgrund ihrer äußeren Erscheinung ins Visier der Polizei geraten. Weiterlesen
129b-Prozess gegen Hıdır Yildirim
Seit Anfang September läuft vor dem Berliner Kammergericht der § 129b-Prozess gegen Hıdır Yildirim. Ihm wird Mitgliedschaft in der PKK vorgeworfen.
Protokolle der letzten Verhandlungstage, u.a. eine Dokumentation des zweiten Teils von Hıdırs Erklärung, sind jetzt online. Weitere Infos zum Verfahren gibt es im Radiointerview mit Lukas Theune, der Hıdır Yildirim verteidigt.
Die nächsten Prozesstage sind am 7., 14. und 16. November 2017 im Kammergericht in Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33.
Kommt zu solidarischen Prozessbeobachtung!