Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung

Am 4. September findet der erste Verhandlungstag im Prozess gegen Hıdır Yildirim im Kammergericht Berlin, Elßholzstraße 30-33 statt. Der 49-jährige Hıdır Yildirim wurde in Hozat/Dersim, Nordkurdistan, geboren. Im März 2017 wurde er in Frankfurt festgenommen und in die JVA Moabit überstellt. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm vor, Gebietsleiter der PKK in Sachsen zwischen August 2013 und Mai 2014 gewesen zu sein. Zeigt Solidarität mit Hıdır Yildirim und der kurdischen Bewegung und kommt zum Prozess und zur Kundgebung vor dem Gericht:

8:00 Kundgebung vor dem Kammergericht Elßstraße 30-33

9:00 Prozessbeginn

(Achtung: Prozessbeobachter*innen müssen am Eingang ihre Ausweise zeigen und werden möglicherweise durchsucht)

Zum Hintergrund: Die sozialen, kulturellen und politischen Rechte der Kurd*innen werden seit der Republikgründung der Türkei nicht anerkannt. 1938 fand ein Massaker in Dersim statt, welches sich gegen die soziale, kulturelle und ethnische Existenz der Kurd*innen in der Region richtete. Das kurdische Volk begann sich daraufhin zu organisieren, um sich selbst verteidigen zu können. Dazu entwickelten sie auch Ideen und Praktiken als Alternativen zu Nationalstaat und Faschismus. Seit 40 Jahren führt die PKK nun den Kampf gegen diese Unterdrückung an. Zwischen der kurdischen Bewegung und dem türkischen Staat kam es in den Jahren 2013-2015 zu dem sogenannten Friedensprozess, zu dem auch ein Waffenstillstand gehörte. Weiterlesen

Rassistische Festnahme in Kreuzberg

21. Juni 2017. Wir beobachten die Berufungsverhandlung gegen Ibad Elsidi. Ihm wird vorgeworfen, Anfang 2016 in der Nähe des Görlitzer Parks eine geringe Menge Marihuana im Wert von ca. zehn Euro an Minderjährige verkauft zu haben. In der ersten Instanz wurde er dafür zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt; vor Beginn der Hauptverhandlung befand er sich mehrere Monate in U-Haft. Sowohl Elsidi, der die Tat bestreitet, als auch die Staatsanwaltschaft sind gegen das erstinstanzliche Urteil in Berufung gegangen.

In der Berufungsverhandlung stellt Elsidi seine Sicht des Geschehens dar: An besagtem Freitag habe er am Spreewaldplatz in Kreuzberg auf eine Verabredung gewartet. Er habe sich mit einer Frau treffen wollen, die er zuvor in einem Club kennengelernt habe. Plötzlich seien zwei aggressiv wirkende Männer – Zivilbeamte, wie sich später herausstellte – auf ihn zugekommen, hätten ihn niedergeschlagen, gefesselt, durchsucht und schließlich mit auf die Polizeiwache genommen. Keine*r der umstehenden Passant*innen habe eingegriffen oder sich mit ihm solidarisiert. Die Jugendlichen, an die er Drogen verkauft haben soll, habe er nie zuvor gesehen. Der Kontakt zu seiner Verabredung sei später abgerissen, weil er aufgrund der Festnahme nicht am verabredeten Treffpunkt gewesen sei. Weiterlesen

Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung

Am Mittwoch, 21. Juni 2017 UM 10:00 UHR findet vor dem Landgericht Berlin (Raum B219, Wilsnackerstraße 4) die Berufungsverhandlung gegen Ibad Elsidi statt. Ihm wird vorgeworfen, Ende 2014 im Görlitzer Park eine geringe Menge Cannabis (4 Gramm) verkauft zu haben, wofür die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von 6 Monaten beantragte. Ibad wurde vom Amtsgericht schließlich zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen à 15 EUR verurteilt. Ibad bestreitet den Vorwurf, seine Verteidigung plädierte auf Freispruch. Ibad wurde das Opfer einer Verwechslung. Während im Rahmen der „task force Görlizer Park“ zwei Hundertschaften uniformierter Beamter den Park stürmten und viele der Anwesenden wegrannten, wurde Ibad mitten in dem allgemeinen Trubel als angeblicher Händler festgenommen. Einziger „Beweis“ gegen Ibad: Die sehr oberflächliche Aussage eines Zivilbeamten…
Zahlreiche Beobachtung und Unterstützung ist erwünscht.

Prozessbericht aus Basel

Wir dokumentieren eine Medienmitteilung von augenauf Basel und der Allianz gegen Racial Profiling (23. Mai 2017)

Gerichtsprozess Mohamed A. vor dem Strafgericht Basel-Stadt

(Zeichnerin: Isabelle Hasler)

Zum verhandelten Gerichtsfall: Vor einem Jahr war Mohamed A. in der Dreirosenbuvette am Rhein und trank ein Bier, als er die Polizei bei gezielten Kontrollen von schwarzen Personen beobachtete und sich entschloss, dies auf Fotos zu dokumentieren. Ein Passant machte die Polizei auf das Fotografieren durch Mohamed A. aufmerksam. Die Polizeibeamten verlangten daraufhin von Mohamed A., ihnen sein Mobiltelefon auszuhändigen, was dieser aber verweigerte. Mohamed A. weigerte sich zuerst auch, sich einer Identitätskontrolle zu unterziehen, zeigte dann aber schliesslich doch seinen Ausweis. Dennoch beschloss die Polizei, Mohamed A. abzuführen und einem Alkoholtest zu unterziehen. Weil sich Mohamed A. weigerte, diesen Test durchzuführen, und die Polizisten seine Alkoholisierung als für ihn und die Öffentlichkeit gefährdend beurteilte, brachte ihn die Polizei zum Universitätsspital, um seine Hafterstehungsfähigkeit abklären zu lassen. Schliesslich wurde Mohamed A. auf den Polizeiposten gebracht und eine Nacht lang festgehalten, ohne dass er seine Angehörigen über seinen Verbleib informieren konnte. Drei Monate später erhielt Mohamed A. eine Busse über 4000 Franken aufgrund Vergehens in folgenden vier Punkten: üble Nachrede, falsche Anschuldigung, Hinderung einer Amtshandlung und Beschimpfung. Mohamed A. wehrte sich gegen diese Anschuldigungen mit einer Einsprache, die gestern am Strafgericht Basel-Stadt verhandelt wurde, nachdem am vergangenen Freitag bereits eine Konfrontation mit einem der beteiligten Polizist_innen stattgefunden hatte. Weiterlesen

Wie auf der Straße, so im Gerichtssaal… Prozessbericht aus Wien

3. Mai 2017, Landgericht Wien. Gemeinsam mit „Prozessreport“ beobachten wir einen Suchtmittelprozess. Wie die meisten Großstädte ist auch Wien betroffen von Gentrifizierung und Verdrängung. Teil dieser Verdrängungsprozesse ist eine drastische Zunahme von „Drogenkriminalitätsbekämpfungsmaßnahmen“ durch die Polizei. Diese Repressionen treffen dabei kaum die weiße Kundschaft aus der Mittelschicht, sondern in erster Linie Personen, die (zum Teil als direkte Folge rassistischer Gesetze) gezwungen sind, ihren Lebensunterhalt mit Dealen zu verdienen. Eine Folge dieser Stadtpolitik: massives Racial Profiling, das wie am Fließband Strafprozesse und Verurteilungen im Schnellverfahren produziert. Dies verdeutlichte auch der von uns beobachtete Prozess. Weiterlesen

Widersprüche um Widerstand – Prozess gegen kurdischen Aktivisten

7. und 28. Februar 2017, Amtsgericht Tiergarten: Ein Teilnehmer einer kurdischen Demo steht vor Gericht. Der in solchen Zusammenhängen schon klassische Vorwurf: Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Die Aussagen der Polizeizeugen waren – auch das ist klassisch für solche Verfahren – in vielen Punkten widersprüchlich. So gab es unterschiedliche Angaben dazu, ob und wie der Angeklagte den festnehmenden Polizeibeamten am Unterarm verletzt haben soll. Eindeutig belegt waren nur Verletzungen des Angeklagten, die ihm der festnehmende Beamte durch Schläge in Gesicht und Rücken zugefügt hatte. Eine Tatsache, die den Richter beim ersten Verhandlungstag in Erwägung ziehen ließ, das Verfahren einzustellen. Bedauerlicherweise blieb er nicht bei dieser Einschätzung und verurteile den Angeklagten zu 60 Tagessätzen. Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt. Wir bleiben am Fall dran.
Das Protokoll vom 7. Februar kann hier eingesehen werden. Das Protokoll des zweiten Verhandlungstags folgt bald.

Geflüchtete von Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes misshandelt – Neues Prozessprotokoll

Netterweise haben uns Leute vom AK zu Recht in Münster Protokolle von einer Prozessbeobachtung in Lingen zugeschickt. Der Fall, der im Februar an drei Verhandlungstagen vor dem AG Lingen verhandelt wurde, betraf die gefährliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung von drei geflüchteten Menschen durch zwei Securities in einer Unterkunft in Niedersachsen.

Zu den ausführlichen Prozessprotokollen geht es hier. Und wer mehr über den AK zu Recht erfahren will, kann sich unter folgendem Link informieren.

Nach Symbolverboten der kurdischen Freiheitsbewegung: Drohende Verurteilung von Ali Hıdır Doğan

Am kommenden Freitag den 17.03. will sich das Kammergericht Moabit in Berlin mit tatkräftiger Unterstützung des LKA Berlin, ermächtigt durch das Bundesjustizministerium, erneut an der Verfolgung von kurdischen Aktivist*innen und Oppositionellen des AKP Regmies beteiligen. Geschehen kann dies auf Grundlage des Paragraphen 129b im Zusammenspiel mit der bestehenden Kriminalisierung durch das Verbot der PKK in der BRD. Trotz dilettantischer Ermittlungen und herbei fantasierter Bedrohungsszenarien wird dem seit Ende April 2016 in Untersuchungshaft (!) gefangenen Ali Hıdır Doğan vorgeworfen, Mitglied einer “terroristischen Vereinigung im Ausland” zu sein. […]

Zeigt euch solidarisch mit Ali und allen Anderen. Weg mit dem PKK-Verbot und Stopp der Kriminalisierung linker demokratischer Oppositionen durch die Bundesministerien. Schluss mit der Unterstützung von Erdoğan durch die BRD! Kommt zur Beobachtung des letzten Prozesstages gegen Ali am 17.03. um 9 Uhr in die Turmstraße 91 nach Berlin Moabit!

Eine Kundgebung in Solidarität mit den Gefangenen findet ab 10 Uhr statt. Nach der Urteilsverkündung ist eine Demonstration zum nahegelegenen Bundesinnenministerium geplant!

Der ganze Aufruf kann hier nachgelesen werden.

Aufruf zur solidarischen Prozessbeobachtung

Wir unterstützen den folgenden Aufruf der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt:
Am Mittwoch, dem 01. März 2017 um 9:30 Uhr findet in Saal 704 des Landgerichts Berlin in der Turmstraße 91, 10559 Berlin die Berufungsverhandlung in einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Betäubungsmittelhandels (3, 7 g Cannabis) statt. Der Angeklagte, Herr Ibad Elsidi (Name geändert), bestreitet die Tat. Er war an dem betreffenden Tag im Görlitzer Park, um Freunde zu treffen, während im Rahmen der “Task Force Görlitzer Park” eine großangelegte Polizeirazzia stattfand, bei der er festgenommen wurde. Es liegen gegen Ibad keine Beweise vor außer zwei eher vagen Aussagen von Zivilpolizisten. Weitere Indizien sprechen für den Angeklagten. In der ersten Instanz wurde Ibad trotzdem für schuldig befunden. Würde dieses Urteil bestätigt, könnte dies für Ibad massive Auswirkungen haben. Nicht nur droht ihm eine Haftstrafe, sondern er muss auch aufenthaltsrechtliche Konsequenzen bis hin zu einer Abschiebung befürchten.
Eine Verurteilung würde den rechtsstaatlichen Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ verletzen. Öffentliche Aufmerksamkeit ist erwünscht!!!

Pfeffersprayattacke: kein Rassismus, sondern ein dummer Jungenstreich? Ein Prozessbericht aus Königs Wusterhausen

Am 01. September 2015 versprüht ein Mann in einer Unterkunft für Geflüchtete im brandenburgischen Massow Pfefferspray und verletzt damit rund 35 Personen. In der Folge kommt es zu einem Großeinsatz von Rettungsdiensten und Polizei. Am 22.02.2017 steht der Angreifer in Königs Wusterhausen vor Gericht. Der Angeklagte: ein Mann, der zum Tatzeitpunkt als Bauleiter in der Unterkunft arbeitet, dort auch selbst wohnt und auf Facebook rassistische Posts von Pegida teilt.

Im Prozess gesteht der Angeklagte die als gefährliche Körperverletzung angeklagte Tat, bestreitet aber eine ebenfalls angeklagte Beleidigung. Die Pfeffersprayattacke stellt er als „Spaß“ dar: Er habe nicht gewusst, dass ein lediglich eine Sekunde anhaltendes Sprühen solchen Schaden anrichten könne. Trotz der großen Zahl an Verletzten kann nur ein Mann aus Syrien im Prozess als Nebenkläger auftreten, da der Großteil der anderen Betroffenen in der Zwischenzeit abgeschoben wurde. Die Folgen der Tat und die Perspektiven von geflüchteten Menschen nehmen daher in der Verhandlung sehr wenig Raum ein. Weiterlesen