Am 22.11.2017 steht Donna M. vor Gericht. Ihr wird der Versuch vorgeworfen, sich mit einem ungültigen Ticket Zutritt zu einem Bus der BVG verschafft und – als sie von der Busfahrerin darauf angesprochen wurde – diese beleidigt zu haben. Für Donna M. ist das eine Verdrehung der Tatsachen. Sie schildert das Geschehene so: Als einzig schwarze Person unter sehr vielen einsteigenden Fahrgästen sei nur ihr Ticket genauer kontrolliert worden. Ihrer Meinung nach war ihr Fahrschein noch gültig. Sie habe aber – nachdem die Busfahrerin ihr Ticket beanstandet hatte – angeboten ein neues zu kaufen. Daraufhin habe die Busfahrerin gesagt, sie solle mit ihrem Geld dahin gehen wo sie herkomme und sie des Busses verwiesen. Donna M., geschockt durch diese rassistische Äußerung, entschied sich vor Ort zu bleiben, um Anzeige gegen die Busfahrerin zu erstatten.
Wie so oft, wenn sich Menschen gegen rassistische Kontrollen zur Wehr setzen, wird ihre Anzeige nicht weiter verfolgt. Stattdessen landet sie selbst auf der Anklagebank. Soweit so üblich. Anders jedoch als in den meisten Racial-Profiling-Prozessen werden die rassistischen Handlungen, die das Verfahren ausgelöst haben, diesmal nicht als strafprozessual „irrelevant“ abgewehrt. Deshalb ist dieser Verhandlungstag weit weniger bedrückend und entpolitisiert als gewöhnlich. Das liegt vor allem an Donna M.s Einlassung: Wiederholt benennt sie offen das Problem rassistischer Kontrollen. So konfrontiert, kommen selbst Richter und Staatsanwältin nicht darum herum, Fragen zu diesem Thema zu stellen. Die Deutungshoheit kehrt so (zumindest während ihrer Aussage) zu der von Rassismus betroffenen Person zurück.
Im Kontrast dazu wirken die Zeuginnen-Aussagen der Busfahrerin und der Polizistin schwach und in großen Teilen widersprüchlich. Auch wird offensichtlich, wie miserabel die Polizei gearbeitet hat: Die Beamt_innen hatten eigenmächtig entschieden, dass die Äußerung „geh dahin wo du her kommst“ keine Beleidigung darstellt und nur die Vorwürfe der Busfahrerin aufgenommen; eine Entscheidung, zu der sie weder befugt noch befähigt waren.
Deutlich wird auch, wie der Kontrollauftrag der BVG an ihre Mitarbeiter_innen rassistische Willkür geradezu provoziert: Für Busfahrer_innen ist es schlicht unmöglich, jede_n Fahrgast zu kontrollieren. Das führt in vielen Fällen dazu, dass stattdessen einzelne Personen nach rassistischen (oder anderen) Stereotypen herausgepickt werden.
Der Prozess wird fortgesetzt am 11.12.2017 um 13:30 Uhr (Turmstraße 91 Saal 371) Solidarische Prozessbeobachtung ist sehr erwünscht!