Schon seit Längerem begleiten wir das Verfahren gegen Ayfer H. Zur Vorgeschichte: Im Jahr 2012 wird Ayfer H. im Anschluss an einen Konflikt mit Lehrer*innen in der Schule ihres Sohnes durch Berliner Polizisten rassistisch beleidigt, bedrängt, zu Boden gerissen und unter Schlägen fixiert. Ayfer H. wendet sich mit diesen Erfahrungen von Polizeigewalt an die Öffentlichkeit, an die Beratungsstelle „ReachOut“ sowie an die Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP), auch die türkischsprachige Zeitung „Hürriyet“ berichtet über den Fall. Ayfer H. erstattet Anzeige gegen die Polizeibeamten – allerdings ohne Ergebnis. Sie hingegen wird wegen Widerstands gegen Polizeivollzugsbeamte in zweiter Instanz im August 2013 verurteilt. In diesem Verfahren schildert sie offen, was ihr widerfahren ist und wird im Gegenzug als „hysterisch“ und „Furie“ diffamiert. Weiterhin wird ihr vorgeworfen, sie ziehe die „Ausländerkarte“ und manipuliere Bürgerrechtsorganisationen. Jedoch bleibt es nicht bei der einen Verurteilung. Die Staatsanwaltschaft eröffnet im September 2015 ein weiteres Verfahren gegen Ayfer H. wegen „falscher Verdächtigung“. Im November 2015 wird sie zu einer Geldstrafe verurteilt. Daraufhin legen sowohl Ayfer H. als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Letztere fordert ein noch höheres Strafmaß. Das Berufungsverfahren vor dem Berliner Landgericht wurde nun am 26.01.17 beendet, da beide Parteien auf Vorschlag des vorsitzenden Richters die Berufung zurückzogen. Somit bleibt das Urteil der ersten Instanz bestehen. Dies stellt aus Sicht von Ayfer H. und ihrer Verteidigung eine Niederlage dar, da sie sich ein milderes Urteil bzw. sogar eine Einstellung des Verfahrens erhofft hatten. Der Vorsitzende Richter hatte während des Berufungsverfahrens angedeutet, dass er sich eine Einstellung vorstellen könne, was allerdings am Widerstand der Staatsanwaltschaft scheiterte. Abschließend ließ der Richter es sich jedoch nicht nehmen, noch einmal zu betonen, wie übel er es finde, dass ein Polizist, der ihm in der Verhandlung besonnen und reflektiert erschienen sei, Opfer solch gravierender Anschuldigungen durch Ayfer H. geworden sei.
Der Prozess, der sich über viele Monate hinzog, stellt für Ayfer H. eine erhebliche psychische Belastung dar. Möglicherweise werden der Verurteilung ausländerrechtliche Konsequenzen folgen. Die Verfahren gegen Ayfer H. werten wir als Versuch, ein Exempel zu statuieren, sodass Betroffene von rassistischer Polizeigewalt sich nicht mehr – wie Ayfer H. – zur Wehr setzen und ihre Erfahrungen öffentlich machen. Hier geht es zu den ausführlichen Protokollen: https://justizwatch.noblogs.org/prozessprotokolle/prozess-ayfer-h-falsche-verdaechtigung-und-verleumdung/