Seit Wochen protestieren Geflüchtete und Unterstützer*innen gegen die andauernde Lagerpflicht. Die Lebensbedingungen in Ankerzentren, Aufnahmeeinrichtungen und anderen großen Massenunterkünften waren schon immer menschenunwürdig; angesichts der Ausbreitung des Corona-Virus sind sie aktuell aber lebensgefährlich geworden. Aufgrund der beengten Wohnverhältnisse, geteilter Sanitäranlagen und Kantinen können die notwendigen Abstandsregeln nicht ansatzweise eingehalten werden. In vielen Lagern haben sich daher innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Asylsuchende mit dem Virus infiziert, vielerorts wurden daraufhin ganze Unterkünfte unter Quarantäne gestellt. Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert, dass eine „Durchseuchung“ der Bewohner*innen billigend in Kauf genommen werde. In Bayern sind bereits drei Geflüchtete an Covid-19 gestorben.
Die Verwaltungsgerichte in Leipzig, Dresden, Chemnitz und Münster haben seit Mitte April in mehreren Fällen angeordnet, dass Geflüchtete aus Sammelunterkünften entlassen werden mussten, weil es dort nicht möglich war, Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Noch weigern sich Bund und Länder, Konsequenzen aus den Entscheidungen der Gerichte zu ziehen und Geflüchtete endlich dezentral in Wohnungen, leerstehenden Hotels oder Ferienapartments unterzubringen. Im Gegenteil werden Proteste gegen die Lagerunterbringung immer wieder unter Einsatz von Polizeigewalt unterbunden. Zuletzt rückte im Ankerzentrum Geldersheim bei Schweinfurt ein Großaufgebot der Polizei mit Schutzanzügen, Schlagstöcken, Pfefferspray, Hunden und zwei Helikoptern an, um 60 Protestierende einzuschüchtern.
Geflüchteten, denen vorgeworfen wird, gegen behördlich angeordnete Quarantänemaßnahmen verstoßen zu haben, droht zudem Zwangsquarantäne im Abschiebeknast. Im April sollen mindestens sechs Personen in sogenannte „Absonderungshaft“ in der Abschiebehaftanstalt in Büren genommen worden sein, einen weiteren solchen Fall gab es im Abschiebegewahrsam in Berlin-Schönefeld. In den Abschiebeknästen fehlt es jedoch an ausreichend medizinisch geschultem Personal, um die potentiell infizierten Menschen zu betreuen. Außerdem gibt es für die „Absonderungshaft“ keine Vollzugsregeln, was Willkür gegenüber den Betroffenen Tür und Tor öffnet. Geflüchtete, die aus der „Absonderungshaft“ entlassen wurden und gegen die Maßnahme klagen möchten, können sich beim Verein „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren“ melden, der entsprechende rechtliche Schritte unterstützt.