Damals war ihm von einem weißen Mann in feindseliger Weise und mit fadenscheiniger Begründung („durch die Hitze entstehen giftige Gase und ein unangenehmer Geruch“) verboten worden, in der Sauna des Fitness-Studios ein Buch zu lesen. Den weiteren Geschehensablauf schilderten wir in unserem Beitrag wie folgt:
„Der weiße Mann beschwert sich bei dem Fitnesscenter-Management und wirft J Beleidigung vor: Dieser habe ihn u.a. als Rassisten, Nazi-Schwein und Idioten beleidigt. Zum angegebenen Zeitpunkt der Beleidigung hat sich J jedoch nachweislich nicht in Deutschland aufgehalten. Anstatt den Konflikt weiter zu prüfen und auf faire Weise aufzuarbeiten, z.B. indem die Perspektiven beider Mitglieder eingeholt werden, verweist das Management auf die Hausordnung und gibt an, J sei diesbezüglich belehrt worden. Auch diese Angabe ist fraglich, da J zum angegebenen Zeitpunkt nicht im Fitnessstudio war (nachweisbar durch die Einlog-Daten der Mitglieder). Das Management erteilt J Hausverbot. Gleichzeitig wird von ihm verlangt, den gesamten monatlichen Mitgliedbeitrag zu zahlen.
J sieht sich diskriminiert, zum einen durch das Mitglied, zum anderen durch das Management des Fitnesscenters, das ihm – in Kombination mit Kommentaren über seine nicht-deutsche Herkunft – mit unverhältnismäßiger Strenge begegnet.
J geht mit zivilrechtlichen Mitteln gegen das Hausverbot vor.“
Der rassistischen Dimension des Sachverhalts maß das Gericht damals praktisch keine Bedeutung bei und gab der Diskussion darüber entsprechend wenig Zeit und Raum. Der Prozess endete mit einem Vergleich, der J zur weiteren Benutzung des Studios berechtigte.
Nun hat J nach weiteren rassistischen Vorfällen und erneuter Kündigung durch das Studio nochmals Klage gegen dieses erhoben: Dieses Mal aber nicht mit dem Ziel, Mitglied zu bleiben, sondern um eine Entschädigung für rassistische Diskriminierungen durch das Studio nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu erhalten.
In einem Epilog zu unserem letzten Beitrag haben wir bereits ergänzt, dass J entgegen des vor Gericht geschlossenen Vergleichs der Zutritt zum Fitness-Studio durch die von den Mitarbeiter*innen herbeigerufene Polizei erneut verwehrt wurde,– und das, obwohl er ihnen eine Kopie des Vergleichs vorlegte. Erst als Js mittlerweile eingeschalteter Anwalt mit der Zwangsvollstreckung des Vergleichs drohte, durfte J das Studio wieder betreten.
Wenige Wochen später erteilte das Fitness-Studio J eine Abmahnung. Der Vorwurf: J habe einen Mitarbeiter des Studios als Rassisten bezeichnet. Daraufhin wandte sich J an zwei Anti-Diskriminierungs-Organisationen, die in seinem Auftrag eine Beschwerde an das Fitness-Studio richteten und darin seine Ansprüche u.a. auf Unterlassung und Entschädigung nach dem AGG geltend machten. Eine Woche später kündigte das Studio Js Mitgliedschaft abermals, woraufhin J Klage gegen das Studio auf eine angemessene Entschädigung erhob.
Da es sich nun im Gegensatz zum letzten Verfahren um eine Klage handelte, die sich explizit auf eine rassistische Diskriminierung als Rechtsgrund für den geltend gemachten Anspruch stützte, kam das Gericht dieses Mal nicht umhin, über die rassistischen Vorfälle zu sprechen. Dabei bewies es aber vor allem mangelnde Kenntnisse sowie fehlende Sensibilität für Erscheinungsformen und Wirkungsweisen von (strukturellem) Rassismus. Bemerkenswert finden wir, wie dieses Unwissen über Rassismus bzw. dessen Leugnen mit Verfahrensroutinen ineinandergreift, insbesondere mit dem (gesetzlichen) Gebot, zunächst auf einen Vergleich hinzuwirken. In diesem Fall bedeutete diese Routine den Versuch, die rassistische Dimension nicht aufzuklären und keine rechtskraftfähige Entscheidung darüber zu fällen, um eine „gütliche Einigung“ zu ermöglichen.
Protokoll vom 21.10.2020 – AG Schöneberg
Anwesende:
Kläger – J (Schwarz)
Richterin – R (weiß)
Protokollkraft des Gerichts (weiß)
Referendarin der Richterin (weiß)
Anwalt des Klägers – K (weiß)
Referendar des Klägeranwalts (weiß)
Anwalt der Beklagten – B (weiß)
Beobachter*innen:
Justizwatch (weiß)
Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (weiß)
Die Richterin eröffnet die Sitzung um 11:30 Uhr. Sie fasst den bisherigen Sachstand, der sich aus den vorbereitenden Schriftsätzen ergibt, zusammen, spricht dabei etwa von „keinen Freundlichkeiten, die die Parteien ausgetauscht haben“ und äußert auf dieser Grundlage ihre vorläufige Rechtsauffassung: Zunächst führt sie aus, dass J die Indizien für eine Diskriminierung substantiiert darlegen müsse. Erst dann trage die Beklagte die Beweislast dafür, nachzuweisen, dass keine Diskriminierung vorliege. Solche Indizien sehe sie aber nicht, die Streitigkeiten (sie meint wohl die Auseinandersetzungen Js mit Verantwortlichen des Studios insgesamt) müssten ja nichts mit der Hautfarbe des Klägers zu tun haben, zumal es ja vorher nie Probleme gegeben habe: „Alleine die Tatsache, dass ein Schwarzer und eine weißer Mann nicht klarkommen, muss nicht heißen, das die Kriterien des AGG erfüllt sind. Für mich klingt es nach einem klassischen Männerstreit“. Dann spielt sie einen solchen Streit mit verstellter Stimme kurz nach und meint: „So stelle ich mir das vor.“ Aus einer Lappalie schaukele sich so etwas zu einem Rechtsstreit hoch. Außerdem hätte das Fitness-Studio J gar nicht erst als Mitglied aufgenommen, wenn die Verantwortlichen des Studios tatsächlich rassistisch wären. Mit anderen nicht-weißen Mitgliedern habe es auch nie Probleme gegeben. Sie versucht dann, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Sie fände es gut, wenn man so auseinander gehen könne, die Beklagte solle über ihren Schatten springen und eine „Abfindung“ zahlen. Um J zu einem Vergleich zu bewegen, führt sie den ihrer Meinung nach günstigen Tarif des Fitness-Studios an, den er so ja woanders nicht bekäme.
K entgegnet, die Indizien seien sehr wohl substantiiert vorgetragen. Wie schon in den vorbereitenden Schriftsätzen zählt er die einzelnen Vorkommnisse auf, die nur auf eine rassistische Motivation schließen ließen: Die erstmalige Kündigung wegen des Buches in der Sauna, den Behauptungen des weißen Saunagastes folgend, ohne J überhaupt anzuhören, die darauf folgende Behauptung von Beleidigungen durch J als „Rassist“ und „Nazipetze“, die Drohung mit Anzeige wegen Hausfriedensbruchs, die erneute Kündigung nur eine Woche, nachdem J den AGG-Anspruch wegen rassistischer Diskriminierung geltend gemacht hatte. Dadurch, dass die Beklagte selbst J Beleidigungen in den Mund lege, die auf einen Rassismuszusammenhang hindeuten und dass sie in Folge einer Diskriminierungsbeschwerde erneut kündige, sei eine Benachteiligung aufgrund der Herkunft bzw. rassistischer Zuschreibungen ausreichend indiziert, sodass nun die Beklagte beweisen müsse, dass keine Diskriminierung vorliege. Mehr könne vom Kläger nicht verlangt werden, da er keinen Einblick darin habe, wie sich die Beklagte gegenüber anderen Kund*innen verhalte, wenn diese etwa ein Buch mit in die Sauna nähmen oder ihre Mitgliedskarte beim Einlass nicht funktioniere.
B trägt vor, die Diskriminierungen seien konstruiert. J habe die Mitglieder des Studios beleidigt. Er meint, nach dem AGG müsse zudem eine andere, nicht-Schwarze Person anders behandelt worden sein als J, damit überhaupt eine Benachteiligung im Sinne des Gesetzes vorliege. Die Kündigung sei nicht aus rassistischen Gründen erfolgt.
Daraufhin droht K damit, die Sache wegen Prozessbetrugs ans Strafgericht abzugeben, weil die Behauptungen, J habe Mitarbeiter*innen der Beklagten beleidigt, erwiesenermaßen falsch seien. Dies habe J bereits im ersten Verfahren bewiesen, da er zum Zeitpunkt der vermeintlichen Beleidigungen sich in den USA befunden habe.
Zum ersten Mal ergreift nun J das Wort. Er schildert nochmals die einzelnen Vorfälle und fragt, warum er die behaupteten Beleidigungen widerlegen und nicht die Gegenpartei diese beweisen müsse. Es sei falsch von der Richterin, davon auszugehen, vor den benannten Vorfällen habe es keine Probleme mit dem Fitness-Studio gegeben, nur weil er nicht direkt Klage erhoben oder sich an Anti-Diskriminierungs-Organisationen gewandt habe. Auf diese falsche Annahme könne sie nicht die Vermutung stützen, dass wahrscheinlich keine Diskriminierung vorläge. Zudem sei ihm, sobald er einen Konflikt mit einem weißen Mitglied gehabt habe, von Seiten des Studios sofort nicht mehr geglaubt und er sogar kriminalisiert worden: „Warum hatten seine Worte so viel Gewicht gegen meine? Warum waren meine Mitgliedschaft und die Beiträge, die ich für 18 Monate bezahlt hatte, auf einmal bedeutungslos?“ Im Internet gebe es Beschwerden von mehreren Mitgliedern darüber, dass deren Kündigungen nicht akzeptiert worden seien. Deshalb sei es doch sehr fragwürdig, dass ausgerechnet ihm angeblich ohne besondere Gründe gekündigt worden sei.
Nachdem K nochmals auf die Lächerlichkeit des Buchverbots in der Sauna hinweist und die Rechtmäßigkeit der hierauf folgenden Kündigung sowie der zweiten Kündigung im Anschluss an die Anti-Diskriminierungs-Beschwerde in Frage stellt, geht es kurz (wie schon im Vorprozess) darum, ob der Beklagten überhaupt ein ordentliches Kündigungsrecht zustand. K meint, darauf komme es ohnehin nicht an, da die vorliegenden Kündigungen aufgrund ihrer rassistischen Motivation jedenfalls sittenwidrig und damit unwirksam seien.
R meint nun, um den Sachverhalt des Vorverfahrens gehe es ja hier nicht. Auch B sagt nun, er wolle sich nicht mehr dazu äußern, da es hier nicht darum gehe, sondern es sich um ein anderes Verfahren handele.
B drängt auf ein Ende der Verhandlung, man komme hier nicht mehr weiter.
R sagt nun zu B, 2.000 € seien ja nicht so viel, man könne die Sache abkürzen. Ob B das Ganze noch weitertreiben wolle. Ein Vergleich sei immer besser.
B bleibt dabei, dass offensichtlich keine Diskriminierung vorliege.
R sagt, darum, ob eine Diskriminierung vorliege, gehe es doch hier. Indizien hingen aber immer mit den eigenen Erfahrungen und Einstellungen zusammen.
Anschließend werden die Anträge aus den Schriftsätzen aufgenommen, also der Klägerantrag auf angemessene Entschädigung und der Beklagtenantrag auf Klageabweisung. B erhält zudem eine 2-Wochen-Frist zur Erwiderung auf den letzten Klägerschriftsatz, der ihm erst zwei Tage vor der Verhandlung zugegangen sei. Als Entscheidungstermin wird der 25.11.2020 festgelegt.
Unsere Einschätzung
Unabhängig davon, ob der Klage am Ende stattgegeben oder ob sie abgewiesen wird, hat das Verfahren wieder einmal gezeigt, wie unzureichend sich Richter*innen mit Rassismus auseinandersetzen. Auch hier fehlte es offensichtlich an Kenntnissen über rassistische Strukturen und Wirkungsweisen, Sensibilität für diese Thematik und dem Willen zur Aufklärung rassistischen Verhaltens. Die Bemühungen der Richterin, nicht weiter über die Vorfälle, die bereits Gegenstand der ersten Klage waren, zu sprechen, waren nicht nachvollziehbar. Sämtliche Konflikte zwischen J und dem Studio bauen aufeinander auf. Ihre Behauptungen, es habe im Fitness-Studio zuvor keine Konflikte mit J oder anderen nicht-Weißen gegeben und J wäre nicht aufgenommen worden, wenn die Verantwortlichen des Studios rassistisch wären, entbehren jeglicher Grundlage. Sie zeugen vielmehr von ihrer falschen Voreingenommenheit, rassistisches Verhalten sei nur etwas Offensichtliches, über das sich Betroffene immer über offizielle Kanäle beschweren könnten. Eine solche Voreingenommenheit und das Ignorieren von strukturellem, auch subtilem Rassismus, machten es im vorliegenden Fall fast unmöglich, gegen Diskriminierung vorzugehen.
Dabei wollen wir keinesfalls die alleinige oder überwiegende Verantwortung auf die zuständige Richterin schieben und so nur einen weiteren Einzelfall konstruieren, sondern sehen die Verfehlungen in der Struktur des Justizapparats.
Dass die Richterin sichtlich bemüht war, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen, um keine Urteilsbegründung schreiben zu müssen, mag gängige Praxis unter Zivilrichter*innen sein, um ihre Arbeit möglichst zeitsparend zu erledigen.
Dies offenbart aber gleich mehrere strukturelle Probleme in der Justiz:
Da das 2006 eingeführte AGG auch nach fast 15 Jahren noch eher ein Schattendasein führt und gerade im Bezug auf rassistische Diskriminierungen selten angewandt wird, musste sich die Richterin im vorliegenden Fall mit einer ihr höchstwahrscheinlich eher weniger bekannten Rechtsmaterie beschäftigen, was zusätzlichen Zeitaufwand bedeutet, insbesondere dann, wenn sie eine rechtlich haltbare Urteilsbegründung über die – zugegebenermaßen schwierige – Frage, wann Indizien für eine Diskriminierung im Sinne des AGG ausreichend bewiesen sind, schreiben muss. Es ist aber nicht hinnehmbar, dass wegen Zeitdrucks und insgesamt mangelnder Erfahrung der Justiz im Umgang mit Rassismus versucht wird, fundierte Entscheidungen über rassistische Sachverhalte zu vermeiden. Wir stellen fest, dass dieses Verhalten durch die aus § 278 Abs. 2 ZPO folgende Pflicht zur Hinwirkung auf eine gütliche Beilegung von zivilrechtlichen Streitigkeiten gestützt wird.
Außerdem scheint das AGG in seinem Anwendungsbereich – also vereinfacht gesagt in zivilrechtlichen Streitigkeiten – keinen ausreichenden Schutz vor (rassistischen) Diskriminierungen zu bieten. Selbst die Beweislasterleichterung seines § 22 zugunsten der diskriminierten Person, wonach bereits der Beweis von Indizien für eine Benachteiligung die Beweislast der Gegenpartei für das Nichtvorliegen der Benachteiligung auslöst, stellt zumindest im vorliegenden Fall keine genügende Erleichterung für den Antidiskriminierungsschutz dar: Dem Schwarzen Kläger wurde wegen des Lesens eines Buches in der Sauna – ohne ihn, sondern nur den weißen Saunagast anzuhören – die Mitgliedschaft im Fitness-Studio gekündigt (wäre das bei einem weißen Saunabesucher auch geschehen?); daraufhin werden ihm Beleidigungen wie „Nazipetze“ und „Rassist“ in den Mund gelegt, also durch Angestellte der Beklagten die Kategorien Herkunft/rassifiziertes Aussehen aufgemacht; dem Kläger wird trotz Vorlegens eines vollstreckbaren Titels unter Androhung polizeilichen und strafrechtlichen Einschreitens der Zugang zum Fitness-Studio erneut verweigert (wäre auch das bei einem weißen Mitglied geschehen?); auf eine Antidiskriminierungsbeschwerde hin wird ihm die Mitgliedschaft angeblich ohne besonderen Grund abermals gekündigt, während es im Internet zahlreiche Beschwerden von anderen Mitgliedern darüber gibt, dass das Studio ihre Kündigungen nicht akzeptiert. Wenn die Richterin aufgrund dieser Sachlage immer noch zweifelt, ob auch nur Indizien für eine rassistische Diskriminierung vorliegen, wird der Nachweis von Indizien für eine Diskriminierung in seinen Voraussetzungen dermaßen an den endgültigen Beweis von Diskriminierungen angenähert, dass die Beweislasterleichterung praktisch ins Leere läuft.
Schließlich zeigte sich am Verlauf der Verhandlung, wie wenig Wissen und Sensibilität für rassistische Strukturen bei der Richterin (als Exempel für ihren Berufsstand) vorherrschte bzw. wie wenig Bedeutung sie dem bereits in den Schriftsätzen ausführlichen Klägervortrag über rassistische Vorkommnisse beimaß. War sie zu Beginn der Verhandlung im Rahmen ihrer Zusammenfassung des bisherigen Streitstands noch überzeugt, dass keine Indizien für eine rassistische Diskriminierung vorlägen, so brachte sie das engagierte und wiederholte Vorbringen des Klägers und seines Anwalts doch augenscheinlich ins Zweifeln und bewegte sie am Ende der Verhandlung zu der Auffassung, dass ja gerade diese Frage noch ungeklärt sei. Und das, obwohl der Vortrag von Kläger und Klägeranwalt bereits in den vorbereitenden Schriftsätzen inhaltlich identisch enthalten war. Die am Ende bei der Richterin vorherrschenden Zweifel hätte sie schon nach Lektüre der Schriftsätze hegen müssen und nicht erst aufgrund eines engagierten Auftretens der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung. Auch dass sie versuchte, J mit dem günstigen Tarif des Studios zu einem Vergleich zu bewegen, zeigt, wie sie Js Motivation, gegen eine rassistische Behandlung vorzugehen, zu einer wirtschaftlichen Frage umdeutet.
Dabei hat die Richterin einen wichtigen Satz gesagt, den sie leider nicht weitergedacht hat: „Indizien hängen aber immer mit den eigenen Erfahrungen und Einstellungen zusammen.“ Diese Erkenntnis hätte sie zur Reflexion darüber anregen können, dass sie selbst als weiße Deutsche gar keine Erfahrung mit rassistischer Diskriminierung haben kann. Auch hätte sie erkennen können, dass sie damit in der deutschen Justiz nicht alleine dasteht, sondern vielmehr die ganz große Mehrheit der dort Beschäftigten keine eigene Rassismuserfahrung hat und daher Erfahrungen Betroffener oft missachtet, herunterspielt und der eigenen Perspektive, die als objektive Norm gilt, unterordnet. Sie steht dabei beispielhaft für die staatliche Institution, die rechtskräftig darüber entscheiden kann und muss, ob eine rassistische Diskriminierung vorliegt oder nicht. Eine Institution, die für sich beansprucht, objektiv zu sein, aber verkennt oder bewusst missachtet, dass sie in diesem Bereich wenig bis gar kein Erfahrungswissen aus Betroffenenperspektive vorzuweisen hat.