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Zweieinhalb Jahre nach dem gewalttätigen Polizeiangriff auf die gambische Community in der Erstaufnahmeeinrichtung Donauwörth am 14. März 2018 werden gambische Geflüchtete immer noch mit jahrelangen Prozessen verfolgt, die von permanenten Übersetzungsproblemen und einer rassistischen Voreingenommenheit der Augsburger Justiz geprägt sind. Wir rufen Freund*innen und Aktivist*innen auf, die Verhandlung gegen Sam D. am Donnerstag, den 17. September um 11 Uhr vor dem Landgericht Augsburg zu beobachten.
In der ersten Instanz hatte D. bereits mehrere Gerichtstermine: Die erste Verhandlung am 6. Mai 2019 wurde unterbrochen, weil die Hauptzeugin der Anklage nicht kam. Ein zweiter Termin, Monate später, wurde am selben Tag abgesagt, weil erneut Zeugen nicht erschienen. Das Datum und die Uhrzeit des dritten Termins (3. Februar 2020) wurden von der Richterin festgelegt, obwohl diese wusste, dass der Anwalt von Sam D. an diesem Termin nicht nach Augsburg kommen konnte.
D. wurde am 3. Februar 2020 in Abwesenheit seines Verteidigers wegen „Landfriedensbruchs“ in der Nacht zum 14. März 2018 in der Erstaufnahmeeinrichtung Donauwörth zu 90 Tagessätzen verurteilt. Die Aussage eines Zeugen, der D. entlasten sollte, wurde dabei falsch übersetzt, da der Dolmetscher kein gambisches Mandinka sprach. Das Amtsgericht Augsburg setzte damit die Kriminalisierung der Opfer des Polizeiangriffs vom März 2018 fort und erhöhte sogar den ursprünglichen Strafbefehl von 80 Tagessätzen. Sam D. lehnte dies unter Hinweis auf die Willkürlichkeit seiner Verhaftung ab: Mehrere Zeugen bestätigen, dass er in der genannten Nacht sein Zimmer nicht verlassen hat. Einer wurde in der Verhandlung am 3. Februar gehört, die Richterin bewertete seine Aussagen jedoch als nicht glaubwürdig. Ein weiterer Entlastungszeuge wurde vom Gericht bisher nicht geladen.
Die Zeugen der Anklage hielt die Richterin hingegen für glaubwürdig und frei von Belastungstendenzen. Dabei ist bekannt, dass die gesamte “Sicherheits”firma, für die die Hauptzeug*innen arbeiteten, nur einige Monate nach der Polizeirazzia im Juli 2018 aus dem Lager entlassen wurde. Zuvor war bekannt geworden, dass die Mitarbeiter*innen ein privates “Gefängnis” für “lästige” Bewohner*innen des Lagers eingerichtet hatten. Offenbar sieht die Augsburger Justiz es als ihre Aufgabe an, die 30 willkürlichen Verhaftungen vom 14. März 2018 zu legitimieren und unter dem Vorwand des „Landfriedensbruchs“ abzusegnen.
Wir sind nicht bereit hinzunehmen, wie die Augsburger Justiz diesen Akt der Polizeigewalt gegen die gambische Community legitimiert und den gambischen Asylsuchenden jahrelange Prozesse aufzwingt. Kommt und zeigt Solidarität mit Sam D. und den anderen Mitgliedern der ehemaligen gambischen Community in Donauwörth!
Anschrift: Landgericht Augsburg, Gögginger Str. 101, 86199 Augsburg
ANMERKUNG: Aufgrund der Situation mit COVID 19 können wir nicht vorhersehen, wie viele Personen den Gerichtssaal betreten dürfen.
Weitere Informationen:
Aufruf für die Verhandlung am 3.2.2020
Aufruf für die Verhandlung am 16.9.2020
Prozessbericht 6.5.2019
Aufruf für die Verhandlung am 6.5.2019
Spenden für Anwaltskosten:
Bayerischer Flüchtlingsrat
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE89 7002 0500 0008 8326 02
BIC: BFSWDE33MUE (München)
Verwendungszweck “Donauwoerth”
ENGLISH:
Donauwörth police attack: Sam D.’s appeal court (Berufung) begins on 17th September 2020 in Augsburg
Two and a half years after the violent police attack of 14th March, 2018 on the Gambian community in the Donauwörth First Reception Centre, Gambian refugees are still persecuted with yearlong procedural ordeals marked by permanent translation problems and a racist bias by the Augsburg courts. We call on friends and activists to observe the hearing of Sam D. on Thursday 17th September at 11 a.m. in the Augsburg Regional Court (Landgericht). For the first instance, D. had several court dates: The first hearing was interrupted because a key prosecution witness did not appear. A second date, months later, was cancelled on the same day, again because witnesses did not appear. The date and time of the third appointment (3rd February 2020) were fixed by the judge, even if she knew, that Sam D.’s lawyer was unable to come to Augsburg then.
In the absence of his defence lawyer Sam D. was convicted to 90 daily rates (Tagessätze TS) for “breaching public peace” in the Donauwörth First Reception Centre in the night of 14th March 2018. The statement of a defence witness was mistranslated by a translator, who did not speak Gambian Mandinka. The Augsburg Local Court thus continued the criminalisation of the victims of the March 2018 police attack, augmenting on the original penalty order of 80 TS. Sam D. refused to accept this, insisting that his arrest was arbitrary: Several witnesses ascertain that he did not leave his room in the said night. One was heard in the proceedings on 3rd February, but the judge assessed his statement as implausible. Another one was until now not invited by the court.
The prosecution’s witnesses, on the other hand, were assessed by the judge as credible and as free of any tendency to incriminate. Yet it is known that the entire “security” company, for which the main witnesses worked, was sacked from the camp in July 2018, shortly after the police raid, after it was found out that the employees had set up a private “prison” for “troublesome” camp residents. Apparently, the Augsburg judiciary sees as its task to legitimise the 30 arbitrary arrests of 14 March 2018 and to rubberstamp them with the fiction of “breach of public peace”.
We still do not accept how the Augsburg courts legitimate this act of police violence against the Gambian community and how they continue to frustrate and criminalise Gambian asylum seekers through yearlong proceedings. Come and show solidarity with Sam D. and the other members of the former Gambian community of Donauwörth!
Address: Landgericht Augsburg, Gögginger Str. 101, 86199 Augsburg
NOTE: due to the COVID 19 situation, we cannot foresee, how many persons will be allowed to enter the courtroom.
More information:
Aufruf für die Verhandlung am 3.2.2020
Aufruf für die Verhandlung am 16.9.2020
Prozessbericht 6.5.2019
Aufruf für die Verhandlung am 6.5.2019
Donations for lawyer costs:
Bayerischer Flüchtlingsrat
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE89 7002 0500 0008 8326 02
BIC: BFSWDE33MUE (München)
Verwendungszweck “Donauwoerth”