Aufruf zur Prozessbeobachtung am 25.10.2019 und Kundgebung am 29.10.19 ab 08.00 Uhr Kammergericht Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin
Wir dokumentieren und unterstützen den Aufruf zur Prozessbeobachtung der Kampagnengruppe Freiheit für Yildiz:
Oktober 2019: In Rojava führt der NATO-Mitgliedsstaat Türkei einen völkerrechtswidrigen, faschistischen Angriff auf die demokratische Selbsverwaltung in Nordsyrien – dabei werden auch deutsche Panzer eingesetzt. In Deutschland geht die Repression gegen die kurdische Bewegung und die Frauenrevolution weiter.
Die kurdisch-feministische Politikerin Yildiz Aktaş (51) wird gemäß den Paragraphen 129a/b StGB, als Mitglied einer „terroristischen Vereinigung im Ausland“, angeklagt. Das Strafverfahren ist ein Angriff auf die internationale feministische Bewegung, denn die kurdische Frauenbewegung bietet Feminist*innen weltweit Perspektiven für ein selbstbestimmtes Leben in Würde und Freiheit. Die weitreichende Anklage kriminalisiert den jahrzehntelangen Kampf von Yildiz Aktaş für kurdische Frauen und Frauen weltweit. Ihr Leben steht sinnbildlich für das vieler kurdischer Frauen. Es ist geprägt vom Widerstand gegen die doppelte Unterdrückung: Der patriarchalen Strukturen in der Familie und der Vernichtungspolitik des türkischen Staates gegen Kurd*innen.
So wurde Yildiz Aktaş bereits 1981 in dem berüchtigten Foltergefängnis Nr. 5 von Diyarbakir (kurdisch: Amed) inhaftiert. Sie war damals 12 Jahre alt und damit das jüngste in Diyarbakir inhaftierte Mädchen; eine erneute Inhaftierung erfolgte mit 15 Jahren.
Im Jahr 2011 zeigte sie die damals für das Betreiben des Gefängnisses verantwortlichen Putschgeneräle zusammen mit anderen Überlebenden des Gefängnisses an. Ihr Leben ist geprägt vom Kampf gegen Gewalt an Frauen und dem Einsatz für deren Recht auf Bildung, finanzielle Unabhängigkeit und Gleichberechtigung.
Vor ihrer Flucht nach Deutschland im Jahr 2012 war sie in hoher Funktion für Frauenrechte in der prokurdischen „Partei des Friedens und der Demokratie“ (DBP) aktiv. Mit Erschrecken stellen wir heute fest, dass der deutsche Staat sie nun für die gleichen politischen Tätigkeiten verfolgt, für die ihr 2012 politisches Asyl gewährt wurde.
Vor dem Hintergrund der Entwicklungen im nahen und mittleren Osten wurde bereits 2018 eine breite öffentliche Debatte über die Sinnhaftigkeit des PKK-Verbots in Deutschland geführt: Für ihren Einsatz gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ erhielten Kämpfer*innen der PKK und YPG/YPJ auch hier viel Anerkennung. Aktivist*innen werden in Deutschland jedoch strafrechtlich weiterhin verfolgt und die Verfolgung wird sogar ausgeweitet. In den Jahren 2018 und 2019 kam es beispielsweise zu Verboten von kurdischen Versammlungen, sowie zu Razzien und Beschlagnahmungen in kurdischen Institutionen. Es ist im Interesse aller freiheitlichen und zivilgesellschaftlichen Kräfte die Rolle der PKK für Frieden im Mittleren Osten anzuerkennen und sich mit ihrem fortschrittlichen, basisdemokratischen und ökologischen Gesellschaftsentwurf zu beschäftigen. Insbesondere die Bestrebungen der Frauen*bewegung in Nord- und Ostsyrien sind hierbei von Bedeutung. Gerade jetzt, wo die Türkei einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Region führt, gilt es, die Zusammenarbeit Deutschlands mit der Dikatur Erdoĝans und die deutschen geopolitischen Interessen in Syrien kritisch in den Blick zu nehmen.
Welche Organisation auf die Terrorliste der EU gerät und gegen wen die Bundesanwaltschaft ermitteln darf, wird politisch verhandelt. Damit die deutsche Regierung und die Strafverfolgungsbehörden ihren Repressionskurs gegen die kurdische und gegen andere emanzipatorische Bewegungen einstellt, bedarf es öffentlichen Drucks, so zum Beispiel durch Solidarität mit Yildiz Aktaş. Unser Anliegen ist es, das Verfahren gegen Yildiz Aktaş, die derzeit haftverschont ist, zu begleiten und die Ziele, für die sie kämpft und nun verurteilt werden soll, auch außerhalb des Gerichtssaals bekannt zu machen: Selbstbestimmung, Ökologie und Feminismus im mittleren Osten und weltweit.