Prozessbericht vom 13.11. Ein junger Schwarzer Mann wird im April 2017 in der Nähe des Görlitzer Parks in Kreuzberg von der Polizei im Rahmen einer Drogenkriminalitätsbekämpfungsmaßnahme angehalten und durchsucht. Obwohl bei ihm keine Drogen gefunden werden, sitzt er nun auf der Anklagebank. Den Tatvorwurf kann er nicht nachvollziehen: Er soll vor der Polizei geflohen sein und sich in der Nähe der Wiener Straße einer größeren Menge Marihuana entledigt haben. Ihm droht eine mehrjährige Haftstrafe wegen angeblichen BTM-Handels im Görlitzer Park.
Die Indizien gegen den Angeklagten sind dünn: Eine Polizeibeamtin behauptet gesehen zu haben, wie er eine Tüte mit Marihuana unter ein parkendes Auto warf. Später soll er an seinem blauen Parka und anhand seiner Hautfarbe identifiziert worden sein. Doch niemand hat den Mann durchgehend beobachtet. In der Verhandlung stellt sich außerdem heraus, dass die Beamt_innen ursprünglich einen Schwarzen Mann mit roten Turnschuhen und roter Mütze als mutmaßlichen Drogenhändler verfolgten. Erst als sie ihn aus den Augen verloren, verlagerte sich der Verdacht auf den Mann, der jetzt vor Gericht steht.
Wie so oft können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass die Polizeibeamt_innen sich nur am Rande für die Kleidung der Verdächtigen interessierten und vor allem darauf aus waren, eine (beliebige) Schwarze Person festzunehmen, um ihren Drogenkriminalitätsbekämpfungseinsatz ‚erfolgreich‘ zu beenden. Viel wird in der Zeugenbefragung über den Blauton der Jacke des Festgenommenen diskutiert. Die eigentliche ‚Farbe‘ des Verdachts – die pauschale Gleichsetzung Schwarzer Männer mit Drogenhändlern – wird hingegen an keiner Stelle problematisiert. Die polizeiliche Praxis des Racial Profiling erfährt dadurch eine stillschweigende Legitimation.
Der Angeklagte befindet sich weiterhin in U-Haft. Die Verhandlung wird am 20.11. um 12:30 fortgesetzt. AG Tiergarten, Wilsnacker Straße 4, Raum C106.
Zahlreiche Prozessbeobachtung ist erwünscht!