In Gedenken an unseren Freund und Genossen Biplab Basu

Biplab hatte unendlich viele tolle Ideen, und viele wurden auch umgesetzt. Danach bekamen sie ein eigenes Leben und viele Nachleben. Justizwatch war eine Gruppe, die zwischen 2014 und 2021 Prozesse beobachtet und Rassismus in der Justiz dokumentiert hat. Ohne Biplab hätte es Justizwatch nicht gegeben, und viele von uns hätten sich nie kennengelernt.

2013 kam Biplab zusammen mit Angelina vom Migrationsrat in ein Seminar an der Alice Salomon Hochschule, wo viele von uns damals studierten. Er schlug vor, eine Arbeitsgruppe zu Rassismus in der Justiz zu gründen. Es kamen dann schnell weitere Leute hinzu, meistens auf Einladung von Biplab.

Wir gingen regelmäßig ins Gericht in Moabit in der Turmstraße, anfangs fast immer zu Prozessen von Menschen, die vorher bei ReachOut in der Beratung gewesen waren oder von KOP unterstützt wurden. Obwohl wir am Anfang nur wenig verstanden, war Biplab nie gelangweilt oder genervt von unseren Fragen. Im Gegenteil, er war interessiert an Erfahrungsaustausch und unseren Sichtweisen. Mit dieser Haltung begegnete er Menschen und Genoss*innen generell. Gleichzeitig vermittelte Biplab uns im Gericht und in späteren Diskussionen ein grundlegendes Verständnis vom „criminal justice system“. Weiterlesen

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In eigener Sache: Justizwatch ist nicht mehr aktiv

Lange wollten wir es nicht wahrhaben, aber seit einiger Zeit lässt es sich nicht mehr leugnen: Justizwatch ist nicht mehr aktiv. Informationen zu unserer Arbeit – insbesondere Prozessprotokole und Prozessberichte – bleiben weiterhin auf dem Blog abrufbar. Wir freuen uns sehr, wenn Menschen mit unserem Material weiterarbeiten oder sonst am Thema dranbleiben. Per E-Mail sind wir nach wie vor zu erreichen, allerdings kann es etwas dauern, bis wir antworten.

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Neue Website zu Todesfällen in Gewahrsam

Die Kampagne Death in Custody hat ihre Recherche zu Todesfällen in Gewahrsam anlässlich des internationalen Tages gegen Polizeigewalt am 15. März auf einer neuen Website veröffentlicht. Wir dokumentieren im Folgenden eine Pressemitteilung der Kampagne, in der wesentliche Rechercheergebnisse zusammengefasst werden.

Dokumentation zu Todesfällen in Gewahrsam geht online – institutioneller Rassismus tötet weiter

Pressemitteilung der Kampagne „Death in Custody“, 15. März 2021

Berichte über Tod in Gewahrsam reißen nicht ab. Am 6. März 2021 starb Qosay Sadam Khalaf in Delmenhorst nach einer gewaltsamen Festnahme durch die Polizei. Der 19-Jährige wurde am 5. März in einem Park von der Polizei verfolgt, die eine Drogenkontrolle durchführen wollte. Die Polizist:innen setzten Pfefferspray ein, schlugen und fesselten ihn. Anschließend brachten sie ihn zur Wache, wo er plötzlich kollabiert sein soll. Am Abend des nächsten Tages starb er im Krankenhaus. Die Polizei spricht von einem „tragischen Unglücksfall“. Doch unter Qosay Sadam Khalafs Freunden ist bekannt, dass Festgenommene häufig auf der Wache zusammengeschlagen werden. Sie vermuten, dass dies zu seinem Tod führte.

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VG Stuttgart legitimiert rassistische Polizeigewalt in Ellwangen und gibt Freibrief für Razzien in Erstaufnahmezentren ab 6 Uhr morgens

Prozessbericht vom 18.2.2021 / Justizwatch & Culture of Deportation

* English below *

Am 18. Februar 2021 wurde vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart über die Klage von Alassa Mfouapon gegen die massive Polizeirazzia in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Ellwangen am 3. Mai 2018 verhandelt. 500 bis 600 teils schwerbewaffnete Beamt*innen waren gegen 5 Uhr morgens  in die Schlafräume eingedrungen, hatten etwa 300 Personen aus dem Bett geworfen, sie mit Kabelbindern gefesselt und die Zimmer durchsucht. Etliche Bewohner*innen wurden verletzt und die ganze Community traumatisiert. Viele wurden außerdem festgenommen und später von der Justiz kriminalisiert. Für die Behauptung der Polizei, Schwarze Bewohner*innen der LEA hätten drei Tage zuvor eine Abschiebung “mit Gewalt” verhindert und “Waffen” gehabt, fanden sich später keine Belege. Alassa Mfouapon war ebenfalls von der Razzia betroffen.

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Kundgebung am 28. Februar: In Gedenken an die Opfer rassistischer Polizeigewalt – Die Polizei beendet keine Konflikte, sondern Leben

Wir dokumentieren einen Aufruf der Kampagne Death in Custody:

Stell dir vor du sitzt in deiner Wohnung und bekommst mit, dass es in der Wohnung nebenan Streit gibt. Das ganze lässt dir keine Ruhe und so gehst du sogar vor die Tür, um nachzuschauen was da vor sich geht. Du stellst fest, dass es in der Wohnung nebenan einen Streit gibt, traust dir aber nicht zu, einzugreifen. Dennoch möchtest du auch nicht einfach so tun, als ob nichts ist. Also rufst du die Polizei an und meldest den Konflikt. Wenige Minuten später erscheinen die Beamt:Innen und du denkst dir, dass nun endlich jemand da ist, um den Konflikt zu beenden.

Doch viel zu oft deeskaliert die Polizei keine brenzligen Situationen, sondern befeuert diese. Sie schreit auf die Leute ein, bedroht sie, nutzt Pfefferspray, Schlagstöcke oder ähnliches, fixiert Menschen, drückt sie zu Boden und in manchen Fällen kommt auch die Schusswaffe zum Einsatz. Es besteht also jederzeit die reale Gefahr, dass bei jedem Polizei Einsatz Menschen verletzt oder gar umgebracht werden. Die Polizei beendet also keine Konflikte, sondern Leben!

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Solidarität mit den Betroffenen der Polizeirazzia in Ellwangen: Verhandlung am 18.2.2021 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart

Am 18. Februar 2021 wird ab 10 Uhr vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart über die zweifelhafte Rechtmäßigkeit der massiven Polizeirazzia in der Landeserstaufnahmeeinrichtung Ellwangen vom 3. Mai 2018 verhandelt. Fast drei Jahre ist es her, dass 500 bis 600 teils schwer bewaffnete Beamt*innen um 5 Uhr morgens in die Schlafräume der Schwarzen Community einbrachen. Sie kontrollierten 294 Personen und nahmen etliche von ihnen fest. Viele Bewohner*innen wurden verletzt und die ganze Community traumatisiert. Später stellte sich heraus, dass die Polizei keinen Durchsuchungsbeschluss hatte, es für die Razzia also keine rechtliche Grundlage gab. Auch konnten Polizei und Staatsanwaltschaft im Nachhinein nicht nachweisen, dass wenige Tage vor der Razzia Bewohner*innen des Lagers eine Abschiebung mit Gewalt verhinderten. Diese Falschinformation hatte die Polizei verbreitet, um das brutale Vorgehen gegen die Geflüchteten zu rechtfertigen. Sie wurde bundesweit von Medien und Politiker*innen aufgegriffen.

Alassa M., der selbst von der Razzia betroffen war, erhob daher Klage gegen das Land Baden-Württemberg. Diese trägt die Kritik der ganzen Community weiter: Gleich nach dem Einsatz hatte sie diesen öffentlich als rassistische Polizeigewalt enttarnt und Protest organisiert.

Solidarität mit der Schwarzen Community, die damals in der LEA Ellwangen wohnte! Solidarität mit allen Opfern rassistischer Polizeigewalt!

Adresse: Verwaltungsgericht Stuttgart, Augustenstr. 5, 1. OG, Saal 5

Achtung: Es gibt voraussichtlich Corona-bedingte Einschränkungen der Besucher*innenzahl

Ein Jahr nach Hanau – Gemeinsam gedenken, gemeinsam kämpfen!

Wir teilen den Aufruf von Kein Generalverdacht, Migrantifa Berlin, Young Struggle, We’ll Come United Berlin/Brandenburg und ABA zum 19. und 20. Februar:

Am 19. Februar jährt sich zum ersten Mal der rassistische Anschlag in Hanau, bei dem Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu durch einen Rassisten ermordet wurden.

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Statement zur Zellenrazzia nach der „Ferhat Mayouf“-Kundgebung in Moabit

Wir teilen im Folgenden ein Statement der Kampagne „Death in Custody“ zur Zellenrazzia nach der Kundgebung in Gedenken an Ferhat Mayouf am 23. Januar 2021 in Moabit:

Am 23.01. hielten wir in Gedenken an Ferhat Mayouf eine Kundgebung vor dem Knast in Moabit ab, in dem Ferhat sechs Monate zuvor starb. Dass sein Tod überhaupt Publik wurde, ist nicht zuletzt zwei Mitgefangenen zu verdanken, welche unermüdlich dafür kämpfen, dass Informationen über  Geschehnisse hinter den Mauern, diese überwinden. Auf der Kundgebung wurde von genau einem dieser zwei Gefangenen auch ein Audiobeitrag abgespielt, in dem sie von den Vorgängen in der Nacht des Todes berichteten. Der Beitrag lässt die in dieser Nacht anwesenden Schließer:Innen, wie auch die Anstaltsleitung, in keinem guten Licht dastehen. Nur fünf Tage später kam es zu einer Durchsuchung, bei der nur die Zellen der zwei erwähnten Gefangenen durchsucht wurden. Zufall? Wohl kaum!

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Prozessbeobachtungsworkshop (Online) – Wiederholung für weitere Interessierte

+++ ANMELDUNG NICHT MEHR MÖGLICH – KONTINGENT ERSCHÖPFT +++

Leider sind für den Workshop keine Anmeldungen mehr möglich. Bei noch mehr Menschen im Online-Treffen fürchten wir, dass es technische Probleme geben könnte. Da wir einen reibungslosen Ablauf gewährleisten möchten, nehmen wir keine Anmeldungen mehr an. Gegebenenfalls werden wir in den nächsten Monaten einen weiteren Workshop anbieten.

 

Wie wirkt Rassismus in der Justiz? Was muss ich bei einer Prozessbeobachtung beachten? Wie kann Solidarität im Gericht und darüber hinaus gelebt werden? Über diese und weitere Fragen wollen wir mit euch im Rahmen eines Prozessbeobachtungsworkshops diskutieren.

Justizwatch beobachtet und dokumentiert seit 2014 Rassismus in der Justiz. Regelmäßig besuchen wir Gerichtsprozesse und erstellen Protokolle der Verhandlungen. Ziel ist es, Rassismus in der Justiz sichtbar zu machen und damit den Mythos des politisch neutralen Gerichtes zu widerlegen. Der Workshop richtet sich an alle, die Lust haben, zu dem Thema zu arbeiten und Prozesse zu beobachten. Juristische Vorkenntnisse sind nicht notwendig.

Wir möchten gerne unsere Erfahrungen und unser Wissen zu Prozessbeobachtung weitergeben und gemeinsam mit euch ausloten, wie wir kritische Öffentlichkeit auf das Thema lenken und gegen Rassismus in der Justiz vorgehen können.

Aufgrund der Lage mit Corona planen wir den Workshop online. Das Datum
ist der 14.02. um 13 Uhr bis circa 15.00 Uhr oder 15.30 Uhr, je nachdem
wie viel wir diskutieren. Wir bitten euch, euch bei
rassismus_justiz@mail36.net mit einer kurzen Mail anzumelden. Dann
verschicken wir kurz vor Beginn einen Link zu einer Onlinekonferenz. Wir
empfehlen eine gute Internetverbindung und (wenn ihr möchtet) Kamera und
Mikro.

Dieser Workshop wird inhaltsgleich mit unserem Workshop vom 08.11.2020 sein. Er ist sowohl an Menschen gerichtet, denen wir das letzte Mal kapazitätsbedingt absagen mussten als auch an neue Interessierte.

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In Gedenken an Ferhat Mayouf – Tod in Gewahrsam ist kein Einzelfall!

Am 23.07.2020 verbrannte Ferhat Mayouf in seiner Zelle. Die JVA Moabit, Polizei und Justiz erklärten den Fall zu einem Suizid und sprechen sich damit von jeder Verantwortung frei. Hintergrundinformationen und Augenzeugenberichte zeichnen allerdings ein anderes Bild: Ferhat Mayouf war psychisch instabil und sprach von Depressionen. Er bekam durch den Knast jedoch keine Unterstützung, im Gegenteil wurde er 23 Stunden täglich eingeschlossen und isoliert. Rippenbrüche weisen auf mögliche Misshandlungen durch Wärter*innen hin. Als die Zelle brannte, standen JVA-Mitarbeiter*innen vor der Tür und unternahmen nichts, auch auf Hilferufe von anderen Gefangenen reagierten sie nicht. Das macht deutlich: Ferhat Mayoufs Tod war kein tragischer Unfall, kein freier Entschluss zum Suizid. Die JVA Moabit und die deutsche Justiz sind verantwortlich für seinen Tod!

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